Magazine of Fantasy and Science Fiction 04 - Signale vom Pluto
sein Besitzer es ihn nur sein läßt. Es dämmerte bereits. Sogar der Körper einer Frau von, na, etwa vierzig, schätzte Burton, kann schön sein. Er rekelte sich faul und mußte darüber lächeln, daß er »sogar« gedacht hatte. Er sann darüber nach, daß ein Körper keineswegs automatisch mit zunehmendem Alter an Schönheit verliert, sondern daß viele ihren Körper vernachlässigen, mißbrauchen, ja, selbst hassen. Besonders Frauen neigen dazu, ihr eigenes Fleisch zu verachten und sich dessen zu schämen. Sie beginnen alte und häßliche Gedanken zu haben, und bald sehen sie dann auch selbst so aus. Wie ein Auto benötigt auch ein Körper sorgfältige und ständige Pflege, regelmäßige Überholung, gelegentlich kleine Reparaturen; aber vor allem braucht er die innige Liebe seines Besitzers und von Zeit zu Zeit die eines zweiten Bewunderers. Dann wird er nie seine Schönheit und Würde verlieren, auch wenn er am Ende verdirbt und stirbt.
Aber die Dämmerung ist eine schlechte Stunde zum Philosophieren, ermahnte sich Burton, und auf irgendeine Weise führt sie stets nur zu schalen Höhepunkten, so wie die Liebe und all das, was das Leben lebenswert macht – sie erinnern einen an den Tod und an noch schlimmere Dinge. Sein magerer Arm langte zum Nachttisch und kam mit einer Zigarette und einem leeren Streichholzschächtelchen zurück.
Sonya bemerkte es. Sie kramte in ihrer elfenbeinfarbenen Reisetasche aus mattiertem Leder und warf ihm ein schwarzes, birnenförmiges Feuerzeug zu. Burton fing es auf, zündete seine Zigarette an und betrachtete es genauer. Es schien aus schwarzem Elfenbein zu bestehen und war ähnlich wie ein Revolvergriff geformt; die Zündvorrichtung selbst war aus blau gefärbtem Stahl. Das Ganze wirkte etwas düster.
»Gefällt es dir?« fragte Sonya.
»Offengestanden: nein. Es paßt nicht zu dir.«
»Du hast ein gutes Stilempfinden – oder vielmehr einen sicheren Instinkt. Es ist ein Feriengeschenk meines Mannes.«
»Hat er einen schlechten Geschmack? Wieso hat er dich dann geheiratet?«
»An ihm ist alles schlecht, Baby. Aber jetzt hör auf davon.«
Burton hatte nichts dagegen. Wenn er nicht sprach, konnte er sich besser darauf konzentrieren, Sonya zu betrachten. Sie war schlank, hatte kurzgeschnittenes Haar und sah so wohlgeformt und schön aus wie ihr cremefarbener italienischer Sportwagen, mit dem sie zu diesem gemütlichen Unterschlupf gefahren waren, nachdem sie in einer Bar miteinander bekannt geworden waren. Ihre Bewegungen – wie sie sich bückte, um einen rauchblauen Strumpf aufzuheben und über eine Stuhllehne zu werfen, wie sie für einen Moment die Blende am Fenster auseinanderschob, um in die kalte graue Welt draußen zu blicken, und dabei wie eine Ballettänzerin wirkte, die in ihren Sprüngen innehielt, um in die Leere zu lächeln ... all diese Bewegungen fügten sich zu dem Rhythmus und der Symbolik eines Traums zusammen – und es war ein Traum, in dem der Schauspieler und der Beschauer für ewig dahingleiten konnten. Im Schein der Morgendämmerung sah sie einmal wie ein Schulmädchen aus, dann wieder wie eine Hexe oder wie eine das Alter überlistende Ballerina in ihrem fünfundzwanzigsten Berufsjahr, die aber eben doch noch la premiere danseuse ist. Dabei summte sie mit ihrer tiefen, heiseren Stimme eine Melodie, die Burton nicht kannte, und während dieses Summens schien die trübe Luft vor ihrem Gesicht bunt zu werden, schienen Farben zu spielen: ein tiefes Rot, Blau und Braun, gerade wie es zur Melodie paßte. Reine Illusion! Burton war ganz sicher – es waren Farben, wie sie manche Rauschgiftsüchtigen während ihrer Ekstase wahrnahmen.
Jetzt, da sein Körper befriedigt war und seine Augen eine angenehme Beschäftigung hatten, befaßte sich Burton mit dem Problem, warum eine erfahrene Geliebte in jeder Hinsicht einer unerfahrenen Zwanzigjährigen vorzuziehen war. Grund eins: Sie hilft beim Näherkommen tüchtig mit. Sonya war letzte Nacht in der Bar herzerquickend direkt und bemerkenswert intuitiv gewesen. Grund zwei: Normalerweise ist sie für ein Abenteuer relativ gut ausgerüstet. Sonya hatte beides, Sportwagen und Motelzimmer, zur Verfügung gestellt. Grund drei: Sie gibt sich nach dem Liebesakt nicht sentimentalen Erörterungen hin, selbst wenn sich ihre Gedanken mit dem Tode beschäftigen mögen – wie seine eigenen. Sonya schien beides zu sein, hübsch und vernünftig – eine Frau, bei der man gern ans Heiraten und Kinderkriegen denkt.
Sonya wandte
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