Magazine of Fantasy and Science Fiction 04 - Signale vom Pluto
an die Wange und schwieg.
»Phytos sind seltsam und wundervoll, und ich liebe sie«, antwortete sie sanft. »Sie sind beides, Pflanzen und Tiere. Auf diesem Planeten hat sich das Leben nie gespalten.«
Die fliegenden Phytozoen, so erklärte sie ihm, dienten den vegetativen Stämmen als Blätter. Im ununterbrochenen Netz der Wurzeln konnten sich Flüssigkeiten an alle Stellen und in alle Richtungen des Systems bewegen. Jeder Stamm bildete zusammen mit den Phytos einen vollwertigen Organismus.
»Aber jeder Phytos kann mit jedem beliebigen Stamm leben, Roy, und sie wechseln ihren Platz ständig. Alles ist Teil des Ganzen«, erklärte sie. »Unsere Aufgabe hier auf Burton Island ist es, die Phytos zu klassifizieren, aber es gelingt uns nicht. Sie verändern sich ständig, wechseln von einer Art zur anderen, physisch wie chemisch, und das Wort ›Art‹ hat im Zusammenhang mit ihnen einfach keine Bedeutung.« Sie seufzte. »Das ist für mich das Wunderbarste an ihnen. Hilft dir das weiter?«
»Ich verstehe das alles nicht ganz. Das ist es ja, was ich vorhin meinte. Ich bin nicht intelligent genug«, antwortete er. »Sag mir irgend etwas Einfaches, das ich dazu benutzen kann, den anderen zu imponieren.«
»Also gut, sag ihnen folgendes: Die Farbmuster der Phytos sind plastide Systeme, die verschiedene Moleküle aufbauen. Die Art, wie sie Teile wieder miteinander kombinieren können, um, ohne auf eine Evolution zu warten, neue Organismen zu bilden, verleiht ihnen ein biochemisches Entwicklungsvermögen, das den Menschen unglaublich erscheint. Was immer für neue Gifte oder freie Systeme wir mit Hilfe der Thanasis zur Wirkung bringen – irgendwie und irgendwo bilden sie doch wieder Gegengifte. Und jedesmal verbreitet sich dieses Vermögen schneller. Deshalb ist die Thanasis besiegt.«
»Nein! Das darfst du nicht sagen, Midori!« protestierte Craig. »Diese Translokation –«
»Nicht einmal sie!« Ihre Stimme klang schrill. »Die Phytos haben eine multipolare Geschlechtlichkeit und verfügen somit über unbeschränkte Abwehrmöglichkeiten. Als Einheit, daran zweifle ich persönlich überhaupt nicht, sind sie die mächtigsten biochemischen Organismen in der Galaxis. Sie bilden eine Art biochemische Intelligenz, fast ein Gehirn, und das lernt viel, viel schneller als wir.« Sie rüttelte mit beiden Händen seinen Arm. »Ja, sag ihnen das. Hilf ihnen verstehen. Die menschliche Intelligenz ist besiegt – und jetzt wollt ihr menschliche Gewalt anwenden ... oh, Roy ...«
»Wie kann ich das sagen!?« antwortete er verbittert. »Ihr Belcontis glaubt, alle Mordinmänner seien dumm. Fast hört es sich so an, als wäre es euch recht, wenn wir verlieren.«
Sie wandte sich ab und begann ihre Pinsel zu säubern. Inzwischen war es fast völlig dunkel geworden, und die Phytos hatten sich schon auf den Stämmen niedergelassen, auf denen sie während der Nacht ausruhten. Craig blieb bedrückt sitzen, er spürte noch immer die Berührung ihrer Hände auf seinem Arm. Dann sprach sie weiter. Ihre Stimme hatte wieder den sanften Klang.
»Ich weiß es nicht. Wenn ihr Häuser und Bauernhöfe hier wolltet ... aber ihr wollt ja nichts anderes als den rituellen Tod von Mensch und Bestien ...«
»Vielleicht sind die Seelen der Menschen auf den verschiedenen Planeten anders«, sagte Craig. »Ich weiß, daß in meiner noch etwas fehlt. Und ich weiß auch, was das ist.« Er legte den Arm leicht um ihre Schulter. »An irgendeinem freien Tag werde ich einmal hinüber nach Russel Island fliegen, um mir den Great Russel anzusehen, und dann werde ich es wissen. Ich wünschte, du könntest mitkommen, um ihn zu sehen. Er würde dich verstehen lehren.«
»Ich verstehe gut. Ich stimme dem nur nicht zu.«
Sie spritzte und spülte die Pinsel aus, aber sie entzog ihre Schulter seinem Griff nicht. Craig dachte darüber nach, was sie gesagt hatte.
»Wieso sieht man eigentlich nie einen toten Phyto? Wieso gibt es auf einem ganzen Kontinent nicht genug totes Holz, um ein einziges Lagerfeuer anzuzünden?« fragte er. »Wer räumt ihre Reste fort? Was hält sie am Leben?«
Sie lachte und wandte sich wieder ihm zu, so daß sein Arm jetzt ihren Rücken ganz umfaßte.
»Sie essen sich selbst innerlich. Wir nennen das Aufsaugung – Resorption«, erklärte sie. »Sie können sich selbst an einem anderen Ort wieder neu erstehen lassen, zum Beispiel, um einen Ringwall zu formen. Roy, dieser Planet hat nie den Tod einer Verwesung gekannt. Alles wird aufgesaugt
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