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Magazine of Fantasy and Science Fiction 05 - Die Esper greifen ein

Magazine of Fantasy and Science Fiction 05 - Die Esper greifen ein

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 05 - Die Esper greifen ein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.A.
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dem Fremden auf. »Du spielst mit dem Leben dieses Jungen?«
    »Ja. Und er weiß das. Er sagte – er sagte, er wolle Chords Erbteil mit seinem eigenen verbunden haben.«
    Everett schlug die Hände vors Gesicht und wandte sich ab.
    »O Gott, was muß ich erleben! Warum ist das Schiff nicht mit uns allen bei der Landung zerschellt?«
    »Frag deinen Gott, John.«
    Betäubt fuhr der Captain herum.
    »Wenn du die Allmacht deiner Gottheit akzeptierst, John, mußt du dich dann nicht auch damit abfinden, daß er diese Entwicklung zugelassen hat?«
    »Wenn der Junge stirbt, Fanu – wenn du –«
    Der Fremde blickte ihn ernst an. »Seine Hysterie ist vielleicht natürlich«, sagte er. »Obgleich er auf alles wohlvorbereitet worden ist, bleibt doch ein gewisser emotioneller Schock zurück. Man darf nicht vergessen, daß doch eine chemische Störung übrigbleibt. Tsen wird es leichter haben.«
    Der Captain setzte sich wieder hin. Der Alptraum wurde immer gewaltiger, stürzte ihn in dunkle, trübe Gewässer. Er hörte den Fremden nicht hinausgehen.
     
    Die Witze hatten völlig aufgehört. Sie betrafen jetzt zu viele Männer. Die Gefühle untereinander vertieften sich, die Freundschaften wurden herzlicher, die neue Lebensart setzte sich immer mehr durch. Everett kam sich manchmal wie ein reaktionärer Prediger vor, der nur noch vor sich hinmurmelte und auf den niemand mehr hörte. Sie waren jetzt alle gegen ihn. Sie wußten, wie er fühlte, und hatten aufgehört, diese Themen in seiner Gegenwart zu besprechen. Sie erstatteten Bericht, wenn es erforderlich war, aber das war auch alles, es war mehr eine alte Gewohnheit, die noch andauerte.
    Er führte auch weiterhin sein Logbuch. Eines Tages würde ihm das Papier ausgehen und er würde sich ein Behelfsmittel oder einen Ersatz ausdenken müssen. Darüber lohnte sich nachzusinnen. Es war ihnen gelungen, Reis anzupflanzen. Er würde sich in der Filmbibliothek danach umsehen müssen, wie man Reispapier herstellte. Vielleicht könnte Tsen es ihm sagen! Zur Hölle mit Tsen! Warum sich Sorgen machen? Er würde lange tot sein, noch bevor ihm das Papier ausging. Sie alle würden tot sein! Wozu wäre das Logbuch dann noch gut?
    Die Regenzeit zwischen den beiden Ernten war im vollen Gange, als eines Nachts jemand an seine Tür klopfte. Ohne sich umzudrehen, rief er den Draußenstehenden herein.
    »Sir!«
    »Was ist los, Chord?« Der wuchtige Mann blickte wild um sich, die Haare hingen ihm zerrauft ins Gesicht. »Was ist los, Menschenskind?«
    »Es ist wegen Tip, Sir. Ihm ist furchtbar übel!«
    »Ging es ihm nicht schon die ganze Zeit so?«
    »Aber das jetzt – ist ganz anders als sonst. Er hat furchtbare Schmerzen, Sir! Er kann es kaum noch aushalten.«
    Everett keuchte und mußte ein hysterisches Lachen unterdrücken, das ihn zu überkommen drohte. »Hast du denn nicht schon die ganze Zeit darauf gewartet? Das hätte er bedenken müssen, bevor er Fanus Angebot annahm.« Am liebsten hätte er seine Gratulation angeboten.
    Der große Mann bohrte ihm die Daumen mit aller Gewalt in die Schulter, sein Gesicht war vor Wut und Angst verzerrt. »Hören Sie, jetzt habe ich aber genug von Ihrem –« Er hielt inne und schluckte ein paarmal kräftig, dann fuhr er fast demütig fort: »Schaun Sie, Sir, ich habe Angst. Es – es ist eigentlich noch nicht an der Zeit. Nicht vor sechs Wochen. Und ich habe furchtbare Angst um ihn!«
    Die beiden Männer liefen durch den stürmischen Regen zu Chords Hütte. Everett kam das Ganze wie ein fürchterliches Melodram vor: Zwei Männer kämpften gegen den Sturm in stockfinstrer Nacht an, um bei der mitternächtlichen Geburt eines Kindes zu helfen – eines Kindes, dessen Eltern zwei Männer waren.
    Aber als er die Hütte betrat, waren alle diese Gedanken durch die Schmerzen des Jungen auf dem Bett wie weggefegt. Er war unglaublich blaß und bemühte sich vergebens seine Schreie zu unterdrücken. Seine Lippen waren weiße Striche mit Blutflecken darauf. Everett fühlte sich mitbetroffen, was immer auch der Grund war – die qualvollen Schmerzen auf dem Gesicht des Jungen konnte er doch nicht ignorieren. Tip wandte sich ab, als er den Captain erblickte, und schloß die Augen. »Konntest du nicht Garrett holen?« stöhnte er schwach.
    »Wann hat das angefangen?« fragte Everett und überlegte in blinder Hast, was hier wohl helfen könnte. Zum erstenmal bedauerte er, Fanus Erklärungen nicht mit mehr Aufmerksamkeit gelauscht zu haben.
    »Vor einer Weile.« Tip

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