Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Magazine of Fantasy and Science Fiction 06 - Die Überlebenden

Magazine of Fantasy and Science Fiction 06 - Die Überlebenden

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 06 - Die Überlebenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.A.
Vom Netzwerk:
Flahmenknospe mit einem trüben, hellen Schimmer an der Spitze in der Hand.
    »Keine Failova? « Chell ergriff Davies Korb. »Keine Flahmen? Aber sonst blühen sie doch immer am Erntetag. Vielleicht sind die Knospen –«
    »Keine Knospen«, sagte Simon mit blassem Gesicht. Ich warf ihm einen schnellen Blick zu. Er regte sich selten über etwas auf. Weshalb war er so außer sich?
    »David!« Chell wandte sich ihm mit besorgter Miene zu. »Was ist los? Es hat doch immer Failova gegeben!«
    »Ich weiß«, sagte David und berührte die Knospe, die Eva ihm gereicht hatte, die jetzt aber zwischen seinen Fingern auseinanderfiel. »Vielleicht liegt das nur an den Wiesen. Vielleicht gibt es in den Bergen genug.«
    »Nein«, erwiderte ich. »Sieh hier.«
    Ganz weit oben in den Bergen konnten wir die vier jungen Leute sehen, die eng aneinandergedrückt gingen, als suchten sie Schutz.
    »Keine Failova! « sagte Lytha, als sie näher kamen. Sie hob ihren Korb hoch, ihr Gesicht zeigte einen besorgten Ausdruck. »Keine Failova und keine Flahmen . Nichts, auch nicht in den Bergen, wo sie voriges Jahr so dicht wuchsen. O Vater, was ist passiert? Es ist, als wäre die Sonne nicht aufgegangen! Irgend etwas stimmt nicht.«
    »Beruhige dich, Lytha. Es wird schon nicht so schlimm sein.« David versuchte, sie mit einem Lächeln zu beruhigen. »Wir werden die Angelegenheit bei unserem nächsten Treffen der Alten zur Sprache bringen. Irgend jemand wird schon eine Antwort darauf haben. Trotzdem, es ist ziemlich ungewöhnlich.« (Eigentlich hätte er sagen sollen: noch nie dagewesen.) »Wir werden es schon herausfinden.« Er hob Eva auf die Schultern. »Kommt, Kinder, schließlich ist die Welt noch nicht untergegangen. Trotz allem ist heute Erntetag! Ich bringe euch zum Haus. Wer zuerst da ist, erhält sechs Koomatka , ganz für sich allein! Eins, zwei, drei –«
    Und schon jagte die kreischende, wilde Kinderschar davon, Eva klopfte voller Aufregung mit den kleinen Füßen gegen Davids Brust. Die vier jungen Leute folgten ihnen ein Stück und sonderten sich dann ab, um ihren eigenen Beschäftigungen nachzugehen. Verabschiedend winkten sie Chell und mir zu. Wir Frauen schlenderten langsam zum Haus. Keiner von uns sagte etwas.
    Ich war nicht erstaunt, als Simon mich in meinem Zimmer erwartete. Er saß auf meinem Bett und verrenkte die Finger. Er zitterte. Sein Gesicht war kalkweiß, so daß es fast durchsichtig schien. Die goldenen Sommersprossen auf seiner Nase wirkten metallen.
    »Ja, Simon?« Ich berührte sein Haar, das dem von Thann so ähnelte.
    »Großmutter.« Er holte tief Luft. Dann räusperte er sich: »Großmutter«, flüsterte er. »Ich kann sehen!«
    »Sehen!« Ich ließ mich neben ihm nieder, denn meine Füße schienen mich plötzlich nicht mehr tragen zu wollen. »O Simon! Meinst du etwa –«
    »Ja, Großmutter.« Er fuhr sich mit den Händen über die Augen. »Wir hatten gerade die erste Failova gefunden und wunderten uns darüber, was wohl geschehen war, als plötzlich alles verschwommen war und ich auf irgendeine seltsame Art sah!« Erschrocken blickte er auf. »Das ist meine Gabe!«
    Ich nahm das plötzlich wild aufschluchzende Kind in die Arme und drückte es fest an mich, um es zu beruhigen. Als ich merkte, daß es sich leicht gegen mich stemmte, ließ ich es los.
    »O Großmutter«, sagte Simon, »ich möchte noch keine Gabe. Ich bin doch erst zehn. David hat auch noch keine, und er ist schon zwölf. Ich will keine Gabe – und erst recht nicht diese –« Er schloß die Augen und zitterte. »Großmutter, was ich schon alles gesehen habe! Und selbst das Schöne macht mir Angst, weil es in der Gegenwart ist!«
    »Nicht viele dürfen diese Gabe ihr eigen nennen«, versuchte ich ihn zu beruhigen. »Weißt du, Simon, daß man lange zurückdenken muß, um jemanden in unserer Familie zu finden, der sehen konnte. Es ist eine Ehre, den Vorhang der Zeit beiseite schieben zu können.«
    »Aber ich will nicht!« Wieder füllten sich seine Augen mit Tränen. »Ich finde gar nicht, daß es Spaß macht. Muß ich es denn tun?«
    »Nein, du mußt ja auch nicht atmen«, erwiderte ich. »Allerdings würde dein Körper sterben, wenn du es nicht mehr tun würdest. Du kannst deine Gabe verweigern. Aber ein Teil von dir würde dann sterben – der Teil, den die Macht ehrt – dein Platz ist in der Gegenwart –« All dies war ihm vom ersten Augenblick des Bewußtseins an klar, aber ich fühlte, daß meine Worte ihn beruhigten. »Du weißt

Weitere Kostenlose Bücher