Magazine of Fantasy and Science Fiction 07 - Musik aus dem All
gutaussehende, schmuck gekleidete junge Mann am Steuer fuhr mit geübter Lässigkeit, die eine Hand hielt er am Lenkrad, mit der anderen feuerte er sicher auf den großen, schwarzen, geschlossenen Wagen, der ihm folgte. Während er dies tat, war er immer noch in der Lage, sich eine Zigarette anzuzünden, auf die Uhr zu blicken und ironisch zu grinsen.
Er legte den Bleistift nieder, hob den Kopf und musterte das Bild, das er soeben gezeichnet hatte, mit kritischen Augen. Dann zog er mit dem Stift einen großen Ballon über Petes Kopf und überlegte, was er hineinschreiben sollte. Es mußte etwas Geschicktes sein, etwas, was die Phantasie des Lesers über das Wochenende beschäftigen würde.
Er schloß die Augen und dachte einen Augenblick lang nach, indem er sich in die Situation des Helden seines Bildes zu versetzen suchte. Er saß in dem Auto, die Landluft wehte ihm um die Nase, und der Fahrtwind pfiff ihm um die Ohren. Das wilde Blut Pete Kellys brauste in seinen Adern, und er spürte die Erregung der Jagd. Dann zerstörte eine harte Stimme das Bild und ließ ihn mit einem Ruck herumfahren. Es war die Stimme von Pete Kelly, und sie war ungeduldig und überheblich wie immer.
»Na, mach schon. Mach weiter. Die Schranken werden geschlossen sein. Na los, schreib schon und mach, daß du fertig wirst.«
Er blieb wie erstarrt stehen. Es war immer das gleiche.
Immer, wenn er nahe daran war, Pete Kellys Abenteuer zu teilen, dann erschien dieser und verdarb ihm den Spaß. Einen Augenblick lang wollte er rebellieren. Dann schrieb er gehorsam den Text: »Die Schranken – sie sind geschlossen!«
Er ging zu dem Rauchtisch und goß sich einen weiteren Whisky ein. »Jetzt sieh zu, wie du da wieder herauskommst, mein lieber Pete«, murmelte er. Aber er achtete darauf, leise zu sprechen und dem Zeichenbrett den Rücken zuzukehren.
Bevor er sich zu Bett legte, betrachtete er die Zeichnung noch einmal. Dann bedeckte er sie mit dem schweren Löscher, den er stets für diesen Zweck bereithielt. Er diente dazu, die Stimmen fernzuhalten.
Es war vor drei Jahren gewesen, daran erinnerte er sich noch gut, daß die Stimmen zum erstenmal erschienen waren. Er war mitten in der Nacht aufgewacht, geweckt durch ein wildes Summen, das durch das offene Fenster hereinzukommen schien. Er war aufgestanden und hatte das Fenster geschlossen, aber das Geräusch war geblieben. Er hatte das Licht eingeschaltet und voller Entsetzen festgestellt, daß das Geräusch vom Zeichenbrett herkam. Es war, als hätte ein Stummfilm plötzlich einen Ton. Vor Schreck erstarrt, blieb er einen Augenblick stehen, dann bedeckte er das Bild mit dem ersten besten Gegenstand, der ihm in die Hand kam, dem Löscher, und das Geräusch verschwand, so wie ein Geräusch verschwindet, wenn man eine schwere Tür zuschlägt. Dieses Erlebnis hatte ihm Angst eingejagt. Er fühlte, wie sein Leben in eine neue Dimension reichte, und dieses Gefühl hatte ihn zwar erregt, ihm aber auch Sorgen gemacht.
Danach hatte er mehrere Nächte lang immer sorgfältig dar auf geachtet, seine Zeichnung zu bedecken, bevor er schlafen ging. Aber eines Nachts, als die Neugier seine Furcht über wand, ließ er die Zeichnung unbedeckt. Und in dieser Nacht hatte er zum erstenmal die Stimme seiner Schöpfung gehört.
»Hilf mir, hilf mir«, schrie sie.
Er sprang aus dem Bett, schaltete das Licht ein und blickte auf die zuckende Gestalt, die in den Tentakeln des Ludenstein'schen Ungeheuers hing. Die Augen hatten die ruhige Überlegenheit verloren, die er noch am Abend vorher hineingezeichnet hatte. Statt dessen waren sie vor Entsetzen weit aufgerissen, und das Gesicht war vor wahnsinniger Furcht verzerrt. Wieder schrie er. »Hilf mir, Jon, hilf mir!«
Er hatte seinen Namen ausgesprochen! Er benötigte seine Hilfe. Seine Finger griffen nach dem Bleistift und rasten hastig über das Papier. Ein scharfer Degen erschien in der Hand des Detektivs, den dieser mit einer heftigen Bewegung nach oben in das Herz des Ungeheuers stieß. Leblos kippte es um, und Pete Kelly brachte sich in Sicherheit. Dann herrschte Schweigen. Kein Wort des Dankes, nichts. Nur Schweigen.
Aber so undankbar war Pete Kelly nicht immer gewesen. Er erinnerte sich an den Tag, an dem eine Flasche Whisky bei ihm abgegeben worden war. Dabei lag ein Zettel mit der Nachricht: »Für Jon von Pete, in Dankbarkeit.« Er hatte seine ganze Selbstbeherrschung aufbieten müssen, um diese Neuigkeit nicht seinen Kollegen im Büro zu erzählen. Aber
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