Magazine of Fantasy and Science Fiction 07 - Musik aus dem All
Pracht.
Trotz seiner dürftigen Kleidung und trotz der Anzeichen von Trunksucht wirkte er sehr stattlich. Er hatte einen großen Kopf und eine hervorstehende Nase; seine Augen strahlten Autorität aus, obgleich sie rot angelaufen waren; und die Hand, die er ihnen zum Gruße reichte, hätte mit ihren langen, knochigen Fingern einem van Dyck gefallen. Höflich bat er die Besucher, näherzutreten. In dem kahlen Raum stand nicht viel mehr als ein Tisch und zwei geflochtene Stühle, an der Decke hingen Spinnengewebe, der Boden war schmutzig. Aber der alte Mann tat so, als wäre dies selbst verständlich. Er bot Jimsy den einen der Stühle an, setzte sich selbst auf den anderen und ließ den Bürgermeister stehen, als käme ihm nichts Besseres zu. Es schien ihm keineswegs peinlich zu sein, daß er weder etwas zu essen noch zu trinken anzubieten hatte, denn er hielt etwas viel Besseres bereit: die Geschichte seiner Vorfahren. Er zählte sie alle nacheinander auf, bis zu Perseus, und Jimsy sprach ihm, nachdem der Dolmetscher alles übersetzt hatte, dafür seine ungeheuchelte Anerkennung aus. Hätte sich Jimsy daran erinnert, was er aber nicht tat, daß Perseus ein leiblicher Sohn des Zeus gewesen war, so hätte er noch ein oder zwei Komplimente über die Bescheidenheit des Burgherrn hinzugefügt. (Er hätte nicht wissen können, daß es keine Bescheidenheit war, sondern die Schläue des Eingeborenen, festzustellen, wieviel der Engländer schlucken würde, und anscheinend war er zu der Überzeugung gekommen, Zeus lieber aus dem Spiel zu lassen.)
Als die Geschichte endlich zu Ende war, stand Jimsy auf, als wolle er gehen, wandte sich dann aber an den Dolmetscher und sagte: »Übrigens – fragen Sie doch Seine Lordschaft, ob er mir wohl die Erlaubnis bestätigen würde, die der Bürgermeister mir schon gegeben hat, so daß ich auf seinem Grund nach Funden graben kann? Denn obgleich das Erdbeben alles ziemlich zerstört hat, könnte es doch sein, daß ich etwas finde. Ich werde ganz bestimmt zurückkehren, und wenn vielleicht auch nur, um meine Bekanntschaft mit einem Edelmann wie ihm zu festigen, ganz zu schweigen von der mit dem Herrn Bürgermeister. Aber wenn tatsächlich Touristen angezogen werden sollten ...«
Bei dem Wort ›Touristen‹ richtete sich der Edelmann auf. Es war eines der wenigen englischen Worte, die er verstand. Jimsy bemerkte sein Interesse und nutzte den Vorteil.
»Wenn Touristen angelockt werden sollten«, fuhr Jimsy fort, »dann muß ich Altertumsschätze ausgraben. Dafür aber muß ich Arbeiter anheuern und große Mengen von Lebensmittelvorräten und Werkzeugen beschaffen. Diese Unkosten würden sich nur rechtfertigen, wenn ich die alleinige und exklusive Garantie habe, hier zu suchen und zu graben.«
Der alte Mann blickte den Bürgermeister an, der ihm hastig etwas zuflüsterte. »Sag dem Gentleman«, sagte er zu dem Dolmetscher, »daß ich ihm das garantieren kann. Allerdings stelle ich eine Bedingung. Wenn er etwas findet, dann will ich selbst, als der Eigentümer dieser vergrabenen Schätze, und nicht er, der sie ausgräbt, sie dem Museum in Athen über reichen.«
Da alle Funde dieser Art dem Gesetz nach den Museen übergeben werden mußten, kostete Jimsy diese Bedingung nichts; aber jetzt beging er einen schweren Fehler.
»Fragen Sie ihn«, sagte er zu dem Dolmetscher, »ob er mir, damit die Dinge ihre Ordnung haben, seine Erlaubnis schriftlich bestätigen will.«
Der Dolmetscher übersetzte seine Worte. Diese Frage machte Jimsys Hoffnungen fast zunichte. Denn der alte Burgbesitzer sprang vom Stuhl auf, sein Gesicht wurde rot vor Wut.
»Niemals hat man von einem Perseiden verlangt, sein Versprechen schriftlich zu geben!« rief er.
Jimsy gab auf der Stelle nach.
»Sagen Sie Seiner Lordschaft, daß ich um Entschuldigung bitte. Sein mündliches Versprechen genügt mir. Bitten Sie ihn, mir zu verzeihen, denn in meinem Land ist es Sitte, alles schriftlich niederzulegen. Selbst mein König hat einmal die Magna Charta unterzeichnet.«
Der alte Mann setzte sich wieder. Er murmelte unverständliche Worte vor sich hin und wollte wissen, welcher König von England von einem Zeitgenossen Perseus' abstamme, aber schließlich beruhigte ihn der Bürgermeister wieder. Die Unterredung endete mit vielen Komplimenten von beiden Seiten.
»Auf alle Fälle müssen Sie dafür sorgen, daß der alte Herr am Leben bleibt«, sagte Jimsy zu dem Bürgermeister, als sie den schmalen Pfad wieder
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