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Magazine of Fantasy and Science Fiction 12 - Die letzte Stadt der Erde

Magazine of Fantasy and Science Fiction 12 - Die letzte Stadt der Erde

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 12 - Die letzte Stadt der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.A.
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ihn gerichteten Briefe zurückkamen, würde es das Problem Doreen nicht mehr geben.
    Und dann, eines Tages, fand sich Mervin Alspaugh im New York des Jahres zweitausendzweiundneunzig wieder. Zu dieser Zeit war New York noch eine eigene Stadt und nicht mit Philadelphia und Boston vereinigt.
    Er kannte den Weg, den Doreen ihm oft genug in ihren langweiligen Erinnerungen erklärt hatte. Jetzt machte sich ihre Genauigkeit bezahlt. Ohne Schwierigkeiten fand Mervin das geschilderte Apartmenthaus.
    Es war ein ganz gewöhnliches Gebäude mit vierzig Stockwerken und sah genauso aus, wie er es sich vorgestellt hatte. Beim Eingang spielten einige Kinder auf und neben der Straße. Es waren fünf oder sechs Stück, und Mervin betrachtete sie mit einem gewissen Unmut. Zu seiner Zeit gab es das nicht. Das Robotkindermädchen hätte sie schon längst ins Bett gesteckt.
    Als er ins Haus ging, streckte ihm eins der Mädchen – es mochte vier Jahre alt sein und war besonders häßlich – die Zunge heraus und rannte dann zu den anderen Kindern zurück. Mervin kümmerte sich nicht darum, sondern machte, daß er zum Lift kam. Bald würde er dem Schicksal gegenüberstehen – dem Schicksal, das er zu ändern gedachte.
    Dank Doreens Erzählungen wußte er, daß Roger Tatum vor seiner Heirat als Junggeselle in diesem Haus gelebt hatte. Er hatte seine junge Frau in dieselbe Wohnung geholt, und auch Doreen hatte hier gewohnt, bis ihr Vater plötzlich starb. Sein Leben, so hatte Doreen immer wieder stolz erwähnt, war wie ein Uhrwerk abgelaufen. Um neun Uhr begab er sich ins Büro und kehrte pünktlich um halb sieben Uhr abends zurück, nachdem er in einem nahen Restaurant gegessen hatte. Zu Hause nahm er dann an den Fernsehunterrichten teil, um sich weiterzubilden. Um halb elf begab sich Roger Tatum regelmäßig zu Bett.
    »So hielt er es auch«, hatte Doreen berichtet, »als er mit meiner Mutter verkehrte. Nur an den Wochenenden gingen sie aus. Er war ein strebsamer und ernstzunehmender Mann, nicht so ein Träumer wie du.«
    Die Regelmäßigkeit im Leben von Roger Tatum war Mervin nur zu recht. Als er in den Lift stieg, war es genau neunzehn Uhr und dreiundfünfzig Minuten.
    In der Tasche fühlte er die Waffe. Bei seinen Vorbereitungen hatte sie eine besondere Rolle gespielt, weil er sich nicht entscheiden konnte. Das Problem schien ihm genauso unlösbar wie vorher das, Doreen zu ermorden. Eine Strahlpistole? Er hatte noch nie in seinem Leben eine in der Hand gehalten und würde nicht mit ihr umgehen können. Ein Messer? Bei dem Gedanken war es Mervin kalt über den Rücken gelaufen. Doreen hatte ihm erzählt, daß ihr Vater ein großer und kräftiger Mann gewesen war. Also kam auch ein Faustschlag oder Erwürgen niemals in Frage.
    Es gab nur eine Waffe, die unbedingt zuverlässig war und mit der man einen Menschen schmerzlos und unauffällig töten konnte, aber die war im Jahr zweitausendzweiundneunzig noch nicht erfunden worden. Es schien zuerst sogar unwahrscheinlich, daß er sie im Jahr zweitausendeinhundertsechsundvierzig auftrieb. Aber dann war ihm ein Rauschgiftsüchtiger begegnet, der sie besorgen wollte. Sie hatten sich am späten Abend im Central-Park getroffen. Mervin entsann sich noch der zitternden Hände, die ihm die gefüllte Injektionsspritze gaben. Der Inhalt der Spritze genügte, einen Mann im Verlauf weniger Sekunden durch blitzschnelles Erfrieren zu töten. Der Süchtige erhielt sein Geld und verschwand im Dunkel der Nacht.
    Die Regeln der Zeitreise-Gesellschaft schrieben vor, daß eine Mitnahme von Waffen in die Vergangenheit verboten war. Mervin hatte es verstanden, die Injektionsspritze in einer Schachtel mit Beruhigungspillen zu verstecken. Niemand konnte ahnen, daß das winzige Instrument unter den Pillen lag. Ein Hautritzer schon würde genügen, das Opfer einzufrieren. Die Temperatur würde sofort sinken und das Blut in Eis verwandeln. Wenn Roger Tatum tot war, taute er wieder auf. Niemand würde jemals die Ursache seines Todes feststellen können, wenigstens niemand, der in diesem Jahrhundert lebte.
    Mervin nahm die Nadel aus dem Versteck und hielt sie in der Hand. Er ging sehr vorsichtig damit um, denn er hatte keine Lust, durch einen Unfall jetzt und hier zu sterben. Das Leben lag ja noch vor ihm. In neun Jahren erst wurde er geboren.
    Apartment Nr. vierzehnhundertzehn.
    Das Namensschild: Roger Tatum.
    Mervin drückte auf die Klingel.
    Als geöffnet wurde, wußte Mervin sofort, daß ihm Doreens Vater

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