Magazine of Fantasy and Science Fiction 14 - Im Dschungel der Urzeit
steht noch immer neben dem Telefon. Seine Hände zittern, und sein Gesicht ist müde und abgespannt, fast ohne Hoffnung.
Die drei Herren warten keine Sekunde. Sie beginnen ohne Aufforderung zu reden und erklären, daß sie Wissenschaftler sind. Die Bombe, so sagen sie, gleiche einem Todesurteil für alle. Nicht einmal der Staub von Rom werde übrigbleiben, behaupten sie. Ich höre mir fremde Worte wie »Raum-Zeit-Kontinuum« und »Dimensionsverzerrung« an. Dazwischen fallen unverständliche Formeln. Ich verstehe überhaupt nichts davon, aber mir ist es auch egal.
Das Telefon schrillt. Die Wissenschaftler verstummen jäh. Alle starren auf den schwarzen Apparat. Zögernd nimmt der Minister den Hörer, hebt ihn ab. Seine Stimme schwankt.
»Ja, bitte ...«
Er lauscht. Seine Augen werden starr und füllen sich mit Tränen.
Er nickt mehrmals, ehe er den Hörer auf die Gabel zurücklegt. Er sieht uns der Reihe nach an, dann murmelt er:
»Das ist das Ende. Die Bombe wird explodieren.«
Die Gesichter der Wissenschaftler gleichen plötzlich erstarrten Masken. Sie stehen unbeweglich, als könnten sie das Unfaßbare nicht glauben, dann drehen sie sich plötzlich um und rennen aus dem Zimmer.
»Wo wollen sie hin?« frage ich, aber der Außenminister nimmt meinen Arm und sieht auf seine Uhr.
»Wir haben noch zehn Minuten. Zehn Minuten, um uns in Sicherheit zu bringen.« Er zieht mich mit, durch die langen Korridore des Ministeriums, die Treppen hinab. Einige Angestellte begegnen uns. Sie sehen hinter uns her. Wir klettern in den Wagen. Der Minister beantwortet die Fragen von Frau und Tochter nicht, sondern nickt mir zu. Seine Stimme ist brüchig. »Fahren Sie los!«
»Wohin?« will ich wissen.
»Das ist egal, nur 'raus aus Rom!«
Ich werfe den Gang hinein und fahre los. Mit fast einhundert Stundenkilometern rase ich durch die unbelebten Straßen. Die Frau des Ministers stößt gellende Schreie aus, und die Tochter fragt immer und immer wieder:
»Warum? Was ist denn passiert ...?«
Mit Blaulicht und Sirene schaffe ich es auf hundertachtzig Stundenkilometer. Die Peterskirche haben wir schon hinter uns gelassen. Die Polizei stoppt den allmählich zunehmenden Verkehr, um mir die Straße freizumachen. Grün, gelb, rot. Weiter! Dabei ist alles so sinnlos. Die Menschen draußen auf den Straßen sind schon jetzt nur noch Geister – die Geister der Toten. Wir selbst sind auch nur Geister.
Alles wird bald zu Ende sein. In genau sieben Minuten.
Die Augen der Tochter treten plötzlich hervor. Sie hat begriffen, was geschehen ist – was geschehen wird. Der Minister redet mit sich selbst. Er stößt Flüche aus, auch gegen Washington.
Ich sehe auf die Uhr. Alle Uhren werden in derselben Sekunde stehenbleiben. In genau fünf Minuten.
Eine alte Frau überquert die Straße. Ich kann nicht mehr bremsen. Sie wird fast dreißig Meter weit geschleudert und bleibt dann liegen.
»Nicht anhalten! Weiterfahren! Sie haben niemand getötet, denn sie hatte nur noch vier Minuten zu leben.«
Ich bin unheimlich ruhig. Es ist so, als erlebe das alles ein anderer und nicht ich selbst. Ich bin es nicht, der das wahnsinnige Wettrennen mit dem Tod aufgenommen hat. Die Druckwelle und der Hitzeball werden uns einholen. Fünf Millionen Grad. Wir werden nichts davon spüren.
Was hatten die Wissenschaftler gesagt? Eine Verzerrung von Raum und Zeit? Nein, im Raum-Zeit-Kontinuum? Was ist das überhaupt? Ach was, kann es mir nicht egal sein? Mein Kopf ist wie leergebrannt.
Alles, was ich jetzt noch sehe, wird in drei Minuten nicht mehr existieren.
Nein, in zwei Minuten.
Das Ende Roms ist auch das Ende der Welt. Die uralte Legende wird sich erfüllen. Rom wird ein Krater sein, fünfzehn Kilometer breit und viele tief. Die ganze Stadt wird sich in Energie umwandeln. Und was ist mit der Zeit ...?
Noch eine Minute!
Auf einem Straßenschild lese ich, daß wir schon sieben Kilometer von Rom entfernt sind. Die Tochter des Außenministers weint jetzt. Wenigstens hat sie nun ihren Friseur vergessen. Wir sind die einzigen, die eine Flucht versuchen. Der Minister wußte, daß eine allgemeine Evakuierung unmöglich war. So versuchte er wenigstens etwas zu retten: sich selbst.
Noch eine halbe Minute.
Der Minister zittert am ganzen Körper. Seine Frau und seine Tochter klammern sich an ihm fest. Der Sekundenzeiger wandert weiter, bis er die Zwölf erreicht.
Wir rasen an Bauern vorbei, die auf ihren Felder arbeiten. Ich möchte ihnen zurufen, daß sie damit
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