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Magazine of Fantasy and Science Fiction 14 - Im Dschungel der Urzeit

Magazine of Fantasy and Science Fiction 14 - Im Dschungel der Urzeit

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 14 - Im Dschungel der Urzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.A.
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Ameisenhügel, dessen Zellen und Gänge bloßliegen und der uns Roms Wunden so zeigt, wie sie einst von den Barbaren geschlagen wurden. Ein Ameisenhügel, von der Sonne vertrocknet und ausgedörrt, in dessen nutzlosen Überbleibseln Käfer umherwandern. Sinnlos und unermüdlich. Die Sonnenstrahlen erwärmen Steine, die einst gelegt wurden, damit die leichten Füße der Vestalinnen über sie hinwegschreiten konnten. Vielleicht auch die schweren Füße der siegreichen Gladiatoren. Nun sind die Steine von den Sandalen der Mönche ausgehöhlt und glattgeschliffen. Und von den Schuhen der Touristen.
    Wie Käfer wandern die schwitzenden Deutschen durch die Ruinen. Ihre Gesichter und Beine sind von der Sonne rotgebrannt. Sie haben große Füße – es sind die Füße zivilisierter Barbaren, die nach Rom zurückkehrten, um ein wenig der Zivilisation wiederzubringen, die sie einst von hier in den Norden verschleppten.
    Es ist jetzt die »Pennichella«, die heilige Mittagsstunde. Die Römer schlafen, und sie schlafen länger und tiefer als in anderen Städten. Vielleicht deshalb, weil auf den Straßen und Plätzen Roms die Zeit stehengeblieben ist. Es ist, als wehe der Hauch der Ewigkeit über sie hinweg.
    Noch zwanzig Minuten bis zum Ende.
    Ich heiße Romolo und bin der Chauffeur seiner Exzellenz, des Außenministers. Ich stehe allein in der Welt, habe niemanden und bin schon alt. Selbst der Wein interessiert mich nicht mehr, schon gar nicht die Frauen. Meine Seele ist ruhig und friedlich wie das Wasser eines Waldsees. Ich sehe mich so, wie ich bin: einsam, ruhig und friedlich. Die Stadt Rom ist mein einziger und letzter Freund.
    Sie wissen natürlich heute, wie unerwartet das russische Ultimatum bei uns eintraf. In Genf diskutierte man noch über die Abrüstung. Das Ultimatum besagte, daß irgendwo unter Rom, in den Katakomben vielleicht, eine Hundertmegatonnen-Atombombe darauf wartete, ferngezündet zu werden.
    Es ist eine neuartige Idee, die Verteidigung der gesamten westlichen Welt lahmzulegen. Alle Abwehrraketen werden in ihren Bunkern bleiben müssen, weil die feindlichen Atombomben bereits unter den Städten liegen.
    Die Vernichtung von Rom soll ein warnendes Beispiel sein, so wie einst die Vernichtung Hiroshimas. Das östliche Ultimatum läßt keine Alternative. Entweder Nachgeben in jeder Hinsicht, oder totale Zerstörung.
    Es blieb nicht einmal Zeit, das Parlament einzuberufen. Der Außenminister hatte mir in aller Eile seine Instruktionen gegeben. Ich packte seine Familie ohne Erklärungen in den schwarzen Mercedes, und nun stehe ich hier mit laufendem Motor vor dem Ministerium und warte.
    In Rom weiß noch niemand, was geschehen ist. Warum sollte eine sinnlose Panik hervorgerufen werden? Wenn die Bombe wirklich explodiert, gibt es ohnehin keine Rettung vor ihr. Eine Evakuierung der Stadt ist völlig ausgeschlossen, denn bis zur Detonation verbleiben uns nur wenige Minuten.
    Der Minister steht in der Nähe des Telefons, das ihn direkt mit Washington verbindet. Er schwitzt. Er erinnert an einen zum Tode Verurteilen, der bereits im elektrischen Stuhl sitzt und verzweifelt darauf hofft, daß er noch im letzten Augenblick begnadigt wird.
    Wenn Washington jetzt nachgibt, ist Rom gerettet.
    Ich weiß das alles, weil ich an der Tür gelauscht habe. Ich habe keinen Stolz mehr, darum konnte ich es tun. Wenn die Katastrophe eintritt, tut es mir nur um Rom leid.
    Zehn Minuten sind seitdem vergangen.
    Die Frau des Ministers wird bereits nervös. Sie hat keine Ahnung, aber sie ist ärgerlich darüber, daß man sie so einfach aus dem Haus geholt hat. Ihre Tochter beschwert sich, weil sie beim Friseur angemeldet war. Ich ignoriere sie beide, denn ich will nichts anderes mehr, als einen letzten Blick auf meine Stadt werfen. Ganz nahe will ich sie sehen, ganz deutlich, damit ich die Erinnerung dorthin mitnehmen kann, wohin ich gehen werde – wo immer es auch sein wird.
    Erste Autos fahren auf der breiten Straße an mir vorbei. Nicht alle Römer lassen sich Zeit zu einer ausgedehnten Siesta.
    Wo mag man die Bombe versteckt haben? Unter einer Kirche? Unter dem Kolosseum vielleicht? Oder in einer Katakombe?
    Mit quietschenden Bremsen hält dicht hinter mir ein Wagen. Drei ältere Herren springen auf die Straße. Sie sind furchtbar aufgeregt und ich sehe ihren Gesichtern an, daß sie in das Geheimnis eingeweiht sind. Sie fragen mich, wo der Minister ist und ob ich sie zu ihm führen kann.
    Ich zeige ihnen den Weg.
    Der Außenminister

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