Magazine of Fantasy and Science Fiction 15 - Die Mauzlwürfe von Manhattan
völlig der Fürsorge seiner beiden Pfleger. Rachel Lee, die ihm so gut wie möglich aus dem Wege ging, schien er gar nicht zu beachten.
In diesen Tagen dachte Matt oft an Emma zurück und machte sich ihretwegen Sorgen. Emma war fast so alt wie der Texaner. Wie lebte sie ohne ihn in dem Altenheim? War er denn besser als jeder andere Ehemann, der seine Frau sitzenließ? Er hatte ein Abenteuer erleben wollen; nun hatte er es und war nicht davon begeistert. Hätte er sich doch nie freiwillig gemeldet! Nach seiner Rückkehr würde er Emma nie wieder allein lassen.
Das alles war vor einer Woche geschehen. In der Zwischenzeit war das Schiff mit Hilfe des Istramuri-Umsetzers sicher auf dem Mars gelandet. Die verschiedenen Sonden waren automatisch desinfiziert und nach allen Seiten ausgeschickt worden. Kurz vor dem Start würden sie ebenso automatisch zurückkehren und ihre Plätze im Bauch des Schiffes einnehmen, bevor die Luken geschlossen wurden.
Und die vier Passagiere konnten nur durch die Bullaugen hinausstarren oder die Bildschirme beobachten. Aber eigentlich hätten sie auch auf Kap Kennedy bleiben können, denn sie würden doch nie selbst erleben, wie es draußen war.
Matt Fessenden und Mary McAdam sahen stundenlang hinaus und beobachteten, wie die fahrbaren Sonden Proben aufnahmen. »Ich bin gespannt, was Emma dazu sagen wird«, dachte Matt.
»Die Kinder werden kein Wort davon glauben«, überlegte Mary.
Sie konnten nicht feststellen, ob Roger Horley begriffen hatte, daß sie glücklich gelandet waren. Aber vielleicht war ihm das nur gleichgültig; Mary und Matt hatten ihn einmal zu dem Bullauge hinübergetragen, aber er hatte nur die Augen geschlossen, um sie gegen das grelle Mittagslicht zu schützen. Die beiden Pfleger hatten ihn schweigend wieder in seine Koje gebracht.
Rachel Lee lag im Sterben.
Es war eine Art langsamer psychologischer Selbstmord; und weder Matt noch Mary konnten etwas dagegen unternehmen. Nach dem Auftritt mit Horley schien eine Veränderung in ihr vorgegangen zu sein. Vielleicht hatte sie endlich eingesehen, daß ihr lebenslanger Traum nie in Erfüllung gehen würde. Sie aß nichts, ließ sich auch nicht dazu überreden oder gar zwingen und schlief nie, soweit Matt und Mary sie beobachten konnten.
Rachel saß Tag und Nacht vor einem Bullauge und bewegte sich nur, wenn sie einen Blick auf den Bildschirm werfen wollte. Dort draußen lag etwas, das sie sich Jahrzehnte lang gewünscht hatte – und jetzt durfte sie es nicht haben. Matt fragte sich, ob sie die drei Monate bis zum Start überleben würde; ansonsten bezweifelte er nicht, daß sie sterben würde, bevor sie die Erde erreichten. Mary und er sprachen nicht mehr mit ihr, weil sie nie eine Antwort gab.
Zwei der Überflüssigen waren also bereits ausgeschieden. Und die beiden anderen wußten nicht mehr, worüber sie sich unterhalten sollten. Falls sie jemals wieder heil zurückkehrten, gab es nichts zu berichten, was die Instrumente nicht genauer aufgezeichnet hätten. Matt stellte allerdings zu seiner eigenen Überraschung fest, daß keine Artzeichen für das Vorhandensein einer Vegetation zu sehen waren – nicht einmal die Flechten, die er hier erwartet hatte. Unmittelbar vor der Landung hatte er blaugrüne Streifen beobachtet, die sich durch die Wüste zogen. Aber von ihrem Landeplatz aus war keiner dieser Streifen zu sehen; allerdings würden die Sonden feststellen, was sich dahinter verbarg.
Wenn jemand ihm vor einigen Jahren erzählt hätte, daß er zu den ersten Menschen gehören würde, die den Mars erreichten, und daß er sich dort tödlich langweilen würde, hätte er dem Propheten ins Gesicht gelacht.
Alles verlief genau nach Plan. Irgendwie schlugen sie die Zeit tot und fanden die Wüste vor den Bullaugen schließlich ebenso langweilig wie die Gesichter der übrigen Bewohner des Altenheims oder das Geschwätz der Nachbarn in dem kleinen Städtchen in New England, wo Mary McAdams Kinder ihr ein Haus gemietet hatten, in dem sie ihren Lebensabend verbringen sollte. Die Sonden kehrten rechtzeitig zurück, Horley und Rachel Lee blieben unansprechbar, das Raumschiff startete so leicht, wie es vor einem Vierteljahr gelandet war, und Projekt Überflüssig befand sich auf dem Rückflug nach Kap Kennedy.
Der Flug verlief ebenso ruhig wie der größte Teil des Hinflugs – aber mit einer Ausnahme. Als Mary McAdam sich nochmals um die sterbende Rachel Lee bemühen wollte, sah sie, daß sie zu spät gekommen war. Puls und
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