Magazine of Fantasy and Science Fiction 18 - Die Kolonie auf dem 3. Planeten
ist?«
»Andererseits haben Sie kaum eine Alternative, Professor. Auf den weinerlichen Tonfall können Sie übrigens ruhig verzichten. Denken Sie lieber daran, daß Sie an der ganzen Misere selbst schuld sind. Sie wollten mich so lange wie irgend möglich hier festhalten. Sie haben meine Arbeit unter falschem Namen veröffentlicht. Jetzt bekommen Sie nur, was Sie verdienen.«
»Tut mir leid, Carl ... Wirklich ... ich ...« Ludgins Stimme versagte.
Sturm glaubte ihm. Ludgin war früher vielleicht ein wahres Ungeheuer gewesen, aber jetzt saß er in der Falle und erregte nur noch Mitleid. In diesem Augenblick dachte Sturm nicht mehr an den anderen Ludgin, den er früher kennengelernt hatte.
»Ich bin noch nicht ordentlicher Professor, Carl«, jammerte Ludgin. »Aber ich habe nicht mehr viel Zeit. Alle sieben Jahre muß ich ein Buch veröffentlichen. Alle drei Monate einen Artikel. Diesmal wollte ich ein besonders gutes Buch, das Aufsehen erregt, damit ich endlich ordentlicher Professor werde. Ich habe mir wirklich Mühe gegeben. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie angestrengt ich daran gearbeitet habe. Aber mir ist trotzdem nichts Vernünftiges eingefallen. Dann sind Sie gekommen, und ich habe sofort gewußt, daß ich mit Ihrer Hilfe das Buch schreiben konnte. Aber Sie waren zu gut und wären zu schnell fertig geworden. Ich wollte nur verhindern, daß Sie die Universität so rasch verlassen.«
»Mir blutet wirklich schon das Herz, Professor«, antwortete Schiecke ungerührt. »Wie sind Sie nur ohne mich ausgekommen? Haben Sie abgeschrieben und andere gezwungen, das zu tun, wozu Sie selbst nicht imstande gewesen wären?«
Ludgin nickte zögernd.
»Ein miserables System«, stellte Schiecke fest. »Männer wie Sie bringen es zu Amt und Würden, während bessere Lehrer gehen müssen, weil sie nicht genügend Unsinn veröffentlichen, um die Verwaltung der Universität zufriedenzustellen.« Er schüttelte den Kopf. »Aber ich habe nicht die Absicht, das System zu ändern. Im Gegenteil, ich werde es sogar zu meinem Vorteil ausnützen.«
»Mein Buch ...«
»Machen Sie sich nur keine Sorgen um Ihr kostbares Buch. Ich habe Sie ebenso hingehalten wie Sie mich. Es ist praktisch fertig – zumindest in großen Zügen. Ich habe Ihnen absichtlich immer nur kleine Portionen gegeben, weil ich Sie über längere Zeit hinweg in guter Laune halten wollte.«
»Wo ist es?«
»Der größte Teil steckt hier in meiner Aktentasche. Aber Sie bekommen es jetzt noch nicht. Ich behalte es als Versicherung für den Fall, daß Sie mich hereinlegen wollen.«
Ludgin lachte gekünstelt. »Ich habe gar nicht gewußt, daß Sie so schlau sind.«
»Ich bin sogar so schlau, Professor, daß ich von jetzt an jährlich sechstausend Dollar und fünfzig Prozent der Tantiemen für das Buch von Ihnen kassieren werde. Für die nächsten zwei oder drei Jahre möchte ich außerdem ein Stipendium, das Sie mir irgendwie verschaffen müssen. Dann kann ich endlich in aller Ruhe arbeiten, ohne mir Sorgen um das liebe Geld machen zu müssen. Und wenn ich das faule Leben satt habe, können wir beide gemeinsam eine neue Doktorarbeit schreiben, mit der ich dank Ihrer geneigten Unterstützung anstandslos promovieren werde.«
»Mir bleibt wohl keine andere Wahl, nicht wahr?« Ludgin zog die Schreibtischschublade einen Spalt weit auf. »Aber trotz aller Gerissenheit haben Sie eine Kleinigkeit übersehen. Ich habe hier ein Dokument, das Sie vielleicht eines Besseren belehrt, wenn Sie es einmal durchlesen.« Er wies auf ein engbedrucktes Blatt Papier auf seinem Schreibtisch, sah zu Schiecke auf und winkte ihn mit der linken Hand heran. Gleichzeitig behielt er die rechte Hand in der Schublade.
»Was ist das?« fragte Schiecke und kam neugierig näher.
Ludgin grinste, richtete sich blitzschnell auf und holte mit dem Brieföffner aus. »Eine Überraschung für Sie«, sagte er, während er Schiecke die Klinge in die Brust stieß.
Schiecke riß erschrocken die Augen auf und schien zunächst wie erstarrt zu sein. Offenbar hatte er noch gar nicht erfaßt, was geschehen war. Dann taumelte er.
»Mein Gott, Ludgin, was ...«, murmelte er heiser. Dabei starrte er weiter den Brieföffner an, als stecke er nicht in seiner Brust, sondern in der eines anderen Menschen.
Ludgin griff nach dem Brieföffner, riß ihn heraus und stach nochmals zu. Schieckes Augen wurden glasig. Er stolperte und brach über dem Schreibtisch zusammen. Dabei bohrte sich der Brieföffner so weit
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