Magazine of Fantasy and Science Fiction 19 - Welt der Illusionen
warnen, daß er mit dieser Arbeitsweise seine Entlassung riskiere.
Dieser deutliche Wink kam Ben Coulter wie gerufen, denn er verschaffte ihm die Möglichkeit, endlich einen klaren Trennungsstrich zu ziehen. Er kündigte also erleichtert und nahm eine Stellung in einem kleinen Forschungsinstitut an, wo er das kümmerlich ausgestattete Elektroniklabor leitete und Instrumente für neurophysiologische Zwecke entwickelte. Gelegentlich litt er unter Depressionen, die seine Arbeit behinderten, aber dann dachte er wieder daran, daß er schließlich einen wertvollen Beitrag zur Verbesserung medizinischer Heilverfahren leistete, und sah die Welt wieder etwas weniger grau.
Sein wertvollster Beitrag entwickelte sich aus der Notwendigkeit, einen winzigen Sender zu konstruieren, mit dessen Hilfe Gewebe elektrisch durch die Haut hindurch stimuliert werden konnten. Da Ben die gewünschte Anwendungsweise des Geräts genau verstehen wollte, studierte er intensiv mehrere dicke Werke über Neurophysiologie und befaßte sich ganz besonders mit den elektrischen Eigenschaften von Nerven- und Muskelzellen. Als er davon überzeugt war, einen gewissen Einblick in die Erfordernisse der Materie bekommen zu haben, machte Ben sich an die Arbeit und konstruierte einen winzigen Funksender, der nach entsprechender Programmierung Hochfrequenzimpulse durch die Haut eines Versuchstieres schickte. Eine abgestimmte Spule unter der Haut nahm die Impulse auf, leitete sie durch eine Gleichrichterdiode und verwandelte sie so in Gleichstrom, der gebraucht wurde, um die Gewebe zu stimulieren.
Innerhalb weniger Monate gelang es Ben, ein zuverlässiges Gerät zu entwickeln, das die Herzen chirurgisch vorbereiteter Tiere stimulierte. Man brauchte nur die Empfängerspule unter die Haut zu verpflanzen und die hauchdünnen Elektroden in Plastikröhrchen zum Herzmuskel zu führen. Alles andere besorgte der externe Sender.
Nachdem die Tierversuche erfolgreich abgeschlossen waren, wurde der Schrittmacher auch an herzkranken Menschen erprobt und arbeitete dort ebenfalls hervorragend. Ben Coulter durfte die Glückwünsche seiner Kollegen entgegennehmen und wurde sogar von einer New Yorker Zeitung interviewt, die das von ihm entwickelte Verfahren begeistert, aber bis zur Unkenntlichkeit entstellt ihren Lesern schilderte. Das alles reichte zwar nicht aus, um seine Depressionen dauernd zu beseitigen, aber er freute sich doch sehr darüber.
Er war sogar noch mehr erfreut, als sein älterer Bruder Abe, ein unverbesserlicher Pferdewetter, den er nur selten zu Gesicht bekam, ihn in seinem Appartement aufsuchte und Bens Herzstimulator in höchsten Tönen zu loben begann. Dann fiel ihm allerdings auf, daß Abe vermutlich andere Gründe für seinen unerwarteten Besuch hatte. Als er seinen Bruder darauf ansprach, wurde Abe rot.
»Du hast wieder einmal recht«, sagte er ausweichend. »Aber was ist gegen eine Idee einzuwenden, die uns beide zu reichen Männern machen kann?«
»Wie?« fragte Ben skeptisch.
»Warum baust du mir nicht einen Schrittmacher, der Pferde über Funk stimuliert?«
Ben war zunächst verblüfft, dann ziemlich beleidigt und schließlich belustigt.
»Natürlich könnte ich das«, gab er zu.
Aber er fragte sich auch, was seine Kollegen dazu sagen würden, wenn er seine Konstruktion auf diese Weise mißbrauchte. Andererseits würde ihn das Geld unabhängiger machen, so daß er endlich die Dinge tun konnte, die er bisher nie hatte tun können.
»Soweit ich die Sache überblicke, sind dabei mehrere Hindernisse zu überwinden«, sagte Ben zu seinem Bruder. »Wir müßten einen Pferdebesitzer finden, der bereit ist, seinem Pferd eine Spule unter der Haut einpflanzen zu lassen. Dann müßten wir einen guten Tierarzt auftreiben, der die Operation durchführt. Und schließlich müßte man sich überlegen, wie man es am besten vermeidet, von der Rennleitung erwischt zu werden, die bestimmt mißtrauisch ist.«
»Ich habe einen Pferdebesitzer an der Hand, der nur darauf wartet, sein Pferd operieren zu lassen, und einen Tierarzt, der die Operation übernehmen will«, sagte Abe. »Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, wie man die Rennleitung am besten hinters Licht führt. Aber das gehört zu deinem Job.«
Abe überzeugte Ben davon, daß er dieses Angebot wirklich ernst meinte, so daß Ben schließlich zustimmen mußte, sein Wort ebenfalls zu halten. Die Konstruktion des Geräts war nicht weiter schwierig. Wesentlich problematischer war es, die Sendeimpulse
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