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Magazine of Fantasy and Science Fiction 19 - Welt der Illusionen

Magazine of Fantasy and Science Fiction 19 - Welt der Illusionen

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 19 - Welt der Illusionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.A.
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Raums.
    Nachdem Ben zu Ende gespielt hatte, schaltete er den Sender aus und ließ das Band ablaufen. Dabei stützte er den Kopf in die Hände und achtete sorgfältig auf kleinste Ausdrucksnuancen. Als die Aufnahme abgelaufen war, spielte er sie ein zweitesmal. Sie war sehr gut, besser als je zuvor, aber nicht gut genug.
    Ben war maßlos enttäuscht. Er ging an den Schrank und holte die Tonbandspule mit Maybelles Vorspiel heraus. Er ließ das Band ablaufen und hörte aufmerksam zu. Die Wahrheit war schmerzlich, aber er war unparteiisch, um offen zuzugeben, daß die Schimpansin besser spielte!
    Er rief Pennington an, der sich sofort ins Auto setzte und zu ihm kam, obwohl es inzwischen schon fast drei Uhr morgens war. Der Chirurg hörte sich die beiden Aufnahmen ebenfalls an. Dann seufzte er leise.
    »Was hat nicht geklappt?« fragte Ben.
    »Ich habe nie recht daran geglaubt, daß die einfache Stimulation der Fingerbewegungen bereits genügt. Das gewisse Etwas kann nur aus dem Künstler selbst kommen.«
    Als Ben Coulter wenig später spurlos verschwand, machte Adrian Pennington sich seinetwegen ernstlich Sorgen. Er setzte sich mit Abe Coulter in Verbindung und erfuhr von ihm, daß Ben irgendwo allein auf dem Land lebte und nicht gestört werden wollte. Pennington hatte nun keine Bedenken mehr, die mehr konventionellen Aspekte der Gewebestimulation auszuwerten und konzentrierte sich dabei besonders auf die Beseitigung angeborener oder erworbener Paraplexien, was ihm erneut den Ruf eines hervorragenden Chirurgen einbrachte.
    Etwa ein Jahr später begegnete Pennington seinem alten Freund unvermutet in New York City auf der Siebenundfünfzigsten Straße ganz in der Nähe der Carnegie Hall. Ben Coulter trug einen dunkelgrauen englischen Überzieher mit Samtkragen, einen weichen breitkrempigen Filzhut und ein silberfarbenes Plastron mit einer großen Perle. Seine stattliche Erscheinung, die kräftigen Gesichtsfarben und die vor Lebensfreude blitzenden Augen bewiesen deutlich, daß Coulter offenbar allen Grund hatte, mit seinem Schicksal zufrieden zu sein.
    »Ben!« rief Adrian überrascht und hielt seinen Freund am Arm fest.
    Nachdem die beiden sich herzlich begrüßt hatten, gingen sie in den Russischen Tea-room, um ihre Unterhaltung dort fortzusetzen. Ben bestand darauf, für beide zu bestellen.
    »Daran bin ich in letzter Zeit ziemlich gewöhnt«, meinte er großzügig.
    »Was treiben Sie jetzt? Was haben Sie die ganze Zeit über getan? Wo haben Sie letztes Jahr gesteckt?« fragte Adrian Pennington, der seine Neugier nicht länger zügeln konnte.
    Ben wischte einige Brotkrümel von dem blütenweißen Tischtuch, hob dann wieder den Kopf und sah Pennington lächelnd an.
    »Jetzt habe ich meinen inneren Frieden zurückgewonnen«, antwortete er langsam. »Zunächst war ich natürlich schrecklich enttäuscht. Ich hatte mir wirklich eingebildet, ich könnte ein neues Leben als Virtuose beginnen. Als ich endlich begriffen hatte, daß diese Hoffnung sich nie erfüllen würde, beschloß ich, auf einem anderen Gebiet der musikalischen Welt in einer anderen Kapazität tätig zu werden.«
    »In welcher?« erkundigte Adrian Pennington sich gespannt.
    »Als Impresario«, antwortete Ben. »Zum Glück war ich finanziell unabhängig und nicht auf die Unterstützung anderer angewiesen. Ich habe eine willige Künstlerin entdeckt, mit der ich eben eine erfolgreiche Konzertreise durch Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay und siebzehn europäische Länder beendet habe.«
    »Und die Künstlerin?« fragte Pennington.
    Ben lächelte.
    »Haben Sie es wirklich nicht erraten?« sagte er. »Mein Star ist natürlich Maybelle, unsere Schimpansin.«

Bob Leman
     
    Lockvogel
     
     
    Es war das letzte Haus am Ende der Straße, eine hübsche Villa im Kolonialstil inmitten eines weitläufigen Parks mit gepflegten Rasenflächen. In dem eisigen Februarregen, der mit nassen Schneeflocken vermischt war, schien das Gebäude Wärme und Behaglichkeit auszustrahlen. Der Lichtschein aus den hohen Fenstern erhellte die bleigraue Abenddämmerung, als ich langsam die Auffahrt entlangging. Bei jedem Schritt gluckste Wasser in meinen Schuhen.
    Der Türklopfer bestand aus einem großen Messingadler, der den eigentlichen Klopfer im Schnabel hielt. Ich ließ ihn zweimal leise aufschlagen. Ich mußte mich wirklich dazu zwingen, auch diesen letzten Besuch zu machen. Meine Kleidung war völlig durchnäßt, und ich war müde. Mir war sehr kalt. Aber ich hatte ein

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