Magazine of Fantasy and Science Fiction 19 - Welt der Illusionen
Leute, die mit Büchern hausieren gehen.
»Milch oder Zitrone?« fragte sie.
»M-Milch, bitte«, sagte ich. Meine Zähne klapperten leicht, während das Kaminfeuer die Kälte aus meinen Knochen sog. Sie warf mir einen prüfenden Blick zu.
»O nein«, sagte sie dann, »Sie sind völlig ausgefroren. In Ihrem Zustand brauchen Sie etwas anderes.« Sie stand auf, holte eine Karaffe aus dem Wandschrank hinter sich und goß einen reichlichen Schuß Rum in meinen Tee. Diese Mischung aus heißem Tee und Rum half sofort, denn ich spürte deutlich, daß sogar meine Füße wieder etwas wärmer wurden.
Sie saß aufrecht in ihrem Sessel und hielt ihre Tasse in der Hand. »Nun, Mister Smeed«, forderte sie mich auf, »erzählen Sie mir endlich, was Sie zu verkaufen haben.«
»Mrs. Moswell«, begann ich und beugte mich dabei vor, »kein Mensch muß altern. Es gibt absolut keinen zwingenden Grund dafür, daß jemand die Beschwerden und Unzulänglichkeiten hohen Alters ertragen muß. Verkalkte Arterien, schwache Nieren, müde Herzen – das alles muß nicht sein. Arthritis befällt die Gelenke, Dyspepsie den Magen, Funktionsstörungen die Leber – ebenfalls überflüssigerweise. Die Jugend hat noch das schwarze Haar, den klaren Blick und die reine Haut, während das Alter grau, runzlig und klapprig ist. Aber das muß nicht sein. Das Alter ist besiegt!«
Sie betrachtete mich lächelnd, aber skeptisch. »Sie sind etwas zu spät gekommen, fürchte ich, Mister Smeed. Leider habe ich bereits fast alle Beschwerden, die Sie eben aufgezählt haben«, sagte sie dann.
»Selbstverständlich, aber mit dieser Methode lassen sie sich heilen – beschädigte Organe werden wieder geheilt, erschöpfte wieder jugendfrisch.«
»Mister Smeed, das ist lächerlich.«
»Nein, Ma'am, durchaus nicht. Der Altersprozeß spielt sich in den einzelnen Zellen unserer Körper ab, müssen Sie wissen, nicht aber in dem gesamten Organismus. Sobald die Zellen altern – wenn die bei der Zellteilung paarweise entstehenden neuen Zellen weniger lebensfähig als die ursprüngliche Zelle sind –, funktionieren auch die Glieder und Organe des Körpers weniger gut. So entsteht der eigentliche Altersprozeß.
Aber es gibt eine Methode, mit deren Hilfe sich die Körperzellen auffrischen und verjüngen lassen. Diese Methode ist erstaunlich leicht und bequem anzuwenden und bietet keinerlei Schwierigkeiten. Wenn die einzelnen Zellen kräftig und lebensfähig bleiben, kann der Körper nicht altern. Und ich bin heute hier, Mrs. Moswell, um Ihnen dieses Verfahren zugänglich zu machen.«
Ich war jetzt richtig in Gang, rasselte meine Argumente wie geölt herunter und legte wahres Gefühl in mein auswendig gelerntes Verkaufsgespräch. Der Rum machte meine ohnehin flinke Zunge noch beweglicher. Als Mrs. Moswell sah, daß meine Tasse leer war, schenkte sie ohne zu fragen nach und goß mir wieder reichlich Rum ein. »Und woraus besteht Ihre Methode, Mister Smeed?« fragte sie.
»Aus einer Diät, Mrs. Moswell«, antwortete ich etwas geheimnisvoll. »Oder vielmehr aus einem Zusatz zur gewöhnlichen Nahrung.« Ich trank einen Schluck Tee. »Es ist festgestellt worden, daß bestimmte, ganz gewöhnliche Substanzen, die zur Ergänzung der sonstigen Nahrung verwendet werden, den sogenannten Alterungsprozeß nicht nur aufhalten, sondern sogar rückgängig machen können. Ich möchte allerdings nochmals betonen, daß ich nicht von sogenannter ›Gesundheitsnahrung‹ spreche – getrocknete Leber, Knochenmehl und so weiter –, sondern von gewöhnlichen Substanzen, die in jedem Haushalt zu finden sind. Werden diese Stoffe in richtigen Mengen eingenommen, verbinden sie sich mit den Proteinmolekülen normaler Lebensmittel zu einer neuartigen Substanz, die Provin heißt. Provin verjüngt die Körperzellen und macht Menschen tatsächlich wieder jung.
Dieses Buch hier, Mrs. Moswell, ist tatsächlich ein Kochbuch, ein Rezeptbuch.« Ich reichte es ihr über den Tisch. »Ich zeige Ihnen gleich, wie einfach alles ist. Auf Seite zweiundzwanzig finden Sie das Rezept für ein Omelett. Wollen Sie es nicht bitte lesen?« Das Buch ist wirklich nicht sehr ansehnlich. Es ist miserabel gebunden, besteht aus billigstem Papier und ist dazu noch schlecht gedruckt. Trotzdem hatte ich meine gesamten Ersparnisse dafür opfern müssen, um dreitausend Exemplare drucken und binden zu lassen.
Mrs. Moswell hob wieder den Kopf und starrte mich fragend an. »Jod? Weinstein?« murmelte sie mit gerunzelter Stirn.
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