Magazine of Fantasy and Science Fiction 20 - Mord in der Raumstation
mich bestimmt nicht einmischen, aber ... Sie sind doch Wissenschaftler, nicht wahr? Sie ziehen keine voreiligen Schlüsse?«
»Hoffentlich nicht«, erwiderte ich. »Jedenfalls gebe ich mir Mühe.«
Er seufzte erleichtert. »Ausgezeichnet«, murmelte er und verschwand wortlos im nächsten Quergang.
Die beiden Techniker schwiegen. Ich hätte sie am liebsten gefragt, wer dieser Bob Wilde war (sie kannten ihn offenbar), beherrschte mich aber noch rechtzeitig. Wir marschierten weiter.
Plötzlich machten wir vor einer Tür halt, die sich durch nichts von den vielen anderen Türen unterschied, an denen wir bereits vorbeigegangen waren. Ich wurde über die Schwelle geschoben, einer der beiden murmelte verlegen: »Doktor Spring ... Commander Hogg«, und damit war der Fall erledigt. Die Tür fiel wieder ins Schloß, und ich war mit dem Kommandanten der Station allein.
»Tut mir leid, daß Sie so empfangen wurden, Doktor Spring«, sagte der Commander freundlich. »Ich werde mich bemühen, Ihre ersten Eindrücke zu korrigieren.«
»Sind sie denn notwendigerweise falsch?« erkundigte ich mich.
Die Kabine war weder Büro noch Arbeitszimmer noch Empfangsraum, sondern eher eine Art Kontrollraum mit zahlreichen Bildschirmen, aber nur wenigen Meßgeräten und Schaltern. Er enthielt keinen Tisch, keine Stühle und keine anderen Sitzgelegenheiten. Wir mußten stehen.
Der Kommandant war ein hagerer Mann von etwa fünfunddreißig Jahren, der aber ebensogut zehn Jahre älter sein konnte (schließlich war kaum anzunehmen, daß man mich hierher geschickt hatte, um die Ermordung eines Fünfzehnjährigen aufzuklären). In seinen schwarzen Haaren war keine Spur von Grau zu sehen.
Eigenartigerweise hörte ich zunächst gar nicht richtig zu, sondern beschränkte mich darauf, den Sinn des Gesagten ungefähr zu erfassen. Der Commander gab sich alle Mühe, mich davon zu überzeugen, daß seine Raumstation eine gute Station war, daß die gelassene Art, mit der die Frigs alles aufgenommen hatten, mich nicht täuschen durfte, daß die bloße Tatsache, daß ein Besatzungsmitglied kaltblütig gemordet hatte, das allgemeine Bild kaum beeinflußte ...
Du lieber Gott, dachte ich, der Sohn dieses Mannes ist ermordet worden, und sein Vater bemüht sich, seine Station gegen den Fachmann zu verteidigen, der den Fall lösen soll.
»Frigs?« sagte ich dann nur.
Er schwieg verblüfft. Das hätte ich nicht tun dürfen – ich hätte ihn nicht unterbrechen, sondern später feststellen sollen, was ›Frigs‹ waren.
»Nur ein Ausdruck für ... uns«, antwortete er. »Für die Besatzung der Station.«
»Männer, Frauen und Kinder?«
»Ja.«
Ich wartete darauf, daß er weitersprechen würde, aber er sprach nicht weiter. Ich nahm mir vor, in Zukunft weniger redselig zu sein. Trotzdem mußte ich ihn wieder auf die richtige Bahn bringen.
»Sie irren sich gewaltig, Commander«, sagte ich deshalb, »wenn Sie annehmen, mir sei nicht vom ersten Augenblick an klar gewesen, daß die Atmosphäre gegenseitigen Vertrauens, die hier überall zu spüren ist, auch in dieser Zeit des gemeinsamen Entsetzens ...«
Das war die richtige Masche. Das letzte Wort hätte gefährlich werden können, erwies sich aber als genau richtig.
»Ganz recht«, bestätigte der Kommandant eifrig. »Wir verstehen das alles einfach nicht. Wir haben um Hilfe gebeten – ich habe darum gebeten –, weil keiner von uns begreift, wie das überhaupt möglich war. Der gewaltsame Tod eines Menschen allein ist noch erfaßbar. Vor einigen Monaten hat einer unserer Männer seine Frau umgebracht. Jetzt sitzt der arme Teufel auf der Erde in einem Irrenhaus. Natürlich hätte er sich bemühen müssen, die für ihn unhaltbar gewordene Situation auf andere Weise zu bereinigen, aber er war nicht dazu imstande. Der Totschlag war selbstverständlich ebenfalls keine Lösung, aber ...«
Er schwieg wieder, und ich wußte, daß ich nie mehr über den armen Teufel im Irrenhaus auf der Erde erfahren würde.
»John«, sagte der Commander plötzlich, »war etwas schwierig, das gebe ich offen zu. Er war dreiundzwanzig – also kein Kind mehr. Seine Arbeitsleistungen waren immer hervorragend. Tut mir leid, aber mehr darf ich Ihnen darüber nicht erzählen. Sie müssen mit dieser Auskunft zufrieden sein; seine Arbeit hatte nichts mit seinem tragischen Ende zu tun – weder durch Auswirkungen auf ihn noch durch den Effekt seiner Arbeit auf andere ...«
Ich hatte beschlossen, ihm so lange zuzuhören, als es
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