Magazine of Fantasy and Science Fiction 21 - Flucht in die Vergangenheit
kaum zu und aß so schnell wie möglich. Eine neue Mieterin sollte in das Zimmer einziehen, in dem Mr. Pelham gewohnt hatte. Sie hieß Martha Bettony und arbeitete im Einkaufsbüro der Sternenvögel. Hübsch, aber so jung und wahrscheinlich leichtsinnig. Hatte er schon gelesen, daß ein Agent in Des Moines einen Mord begangen haben sollte ...?
Lane stellte seinen Teller in den Ausguß, nahm ein Stück Brot aus dem Korb und verließ die Küche. Er nickte Mrs. Green entschuldigend zu, die lauter sprach, je mehr er sich der Tür näherte. Draußen rannte er über unbebaute Grundstücke und Felder, bis er den Schuttabladeplatz hinter dem Gußwerk Fowell erreichte.
Lane stand neben einem schulterhohen Felsbrocken und beobachtete den Sonnenaufgang. In den Büschen um ihn herum zwitscherten Vögel; im Gras zu seinen Füßen raschelte es leise. In der weiten Senke unterhalb der großen Schlackenhalde lagen ölige Tümpel und sumpfige Stellen, zwischen denen Schilf wuchs. Die Halde war in den letzten Jahren kaum noch gewandert, seitdem Fowell nicht mehr Kohle verbrannte, sondern die billigere elektrische Energie der Sternenvögel verwendete. Autowracks, die verrostet im Wasser lagen, erinnerten an Insektenpanzer. Lane blieb lange unbeweglich stehen.
Bevor er dann ging, legte er die Scheibe Brot auf den Felsen und fuhr mit der Hand über den grauen Stein. Dieser uralte Granitbrocken, der auf Fowells Schuttabladeplatz ebenso wenig Daseinsberechtigung hatte wie Lane, war ihm sympathisch; er hatte das Gefühl, in seiner Nähe freier atmen zu können.
Irgendein Tier fraß später das Brot. Vogel, Maus oder Ratte – Lane wußte es nicht.
An diesem Tag schrieb er auf ein Zedernbrett Die Stille am Morgen. Nur ein Vogel singt.
Reilly hätte ihn dabei erwischen können, aber er achtete nicht darauf.
»Chris«, sagte die Froschstimme, »hilfst du mir, meine Doppelgarage neu zu decken? Kannst du heute abend anfangen?«
»Klar«, antwortete Lane. »Ich habe nichts zu tun und wollte eigentlich nur lesen.«
»Bücher!« schnaubte Reilly. »Paß auf, meine Alte kocht uns ein anständiges Essen, und im Kühlschrank steht immer Bier. Die Kinder freuen sich schon, wenn du kommst. Das gefällt dir bestimmt, Chris.«
Lane kam ziemlich spät und sehr müde zu Mrs. Calthorp zurück. Die neue Mieterin ging eben in den ersten Stock hinauf; er sah kurzes blondes Haar, ein weißes Kleid und eine schlanke Figur, aber nicht das Gesicht. Martin Buckley saß mürrisch im Fernsehraum.
»Ich habe eine Spazierfahrt mit ihr gemacht«, erzählte er Lane. »Laß bloß die Finger von ihr, Chris. Sie trinkt keinen Schluck und ist überhaupt irgendwie unnahbar. Sie ist nichts für unsereinen, mein Junge.«
»Ich finde es gar nicht schlecht, daß sie nichts trinkt«, meinte Lane.
»Hör zu, Chris, die Sache ist aussichtslos!« versicherte Buckley ihm erregt. »Das kann ich besser beurteilen – ich habe schließlich mehr Erfahrung.«
Lane ging in sein Zimmer. Er hörte leise Musik aus Martha Bettonys Zimmer, das auf der anderen Seite des Korridors lag. Dann klopfte jemand an die Wand, und Miß Weber kreischte: »Hört der Lärm nicht endlich auf? Andere Leute möchten schlafen!«
Die Musik verstummte, und Lane schlief.
Es dauerte eine Woche, Almas Donnerstag nicht eingerechnet, bis Lane mit der Arbeit an Reillys Garagendach fertig war und wieder bei Mrs. Calthorp aß. Martha Bettony saß rechts neben ihm. Lane stellte sich vor und wechselte einige Worte mit ihr. Die junge Frau war keineswegs schüchtern, sondern antwortete bereitwillig und mit klarer Stimme, aber sie wirkte trotzdem so zurückhaltend, daß er ihre Gegenwart kaum wahrnahm, wenn er nicht zu ihr hinübersah.
Er betrachtete sie unauffällig. Sie hatte große blaue Augen und dichte Augenbrauen, und ihr ovales Gesicht strahlte geradezu vor Gesundheit. Sie trug weder Make-up noch Schmuck und wirkte so sauber wie das frischgewaschene Baumwollkleid, das sie trug. Sie reinigt die Luft in ihrer Umgebung, dachte Lane unwillkürlich.
Miß Weber beobachtete Lane und fragte plötzlich über den Tisch hinweg: »Miß Bettony, sind Sie nur in diesem Büro angestellt oder sind Sie ein Agent?«
Die junge Frau lächelte. »Ich bin ein Agent«, sagte sie.
»Aha! Das hätte ich mir gleich denken können!« behauptete Miß Weber.
»Kein Wunder, daß Sie nie von zu Hause und von Ihrer Familie gesprochen haben«, meinte Mrs. Green. »Sie haben weder Heim noch Familie, nicht wahr, meine Liebe?«
»Ich
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