Magazine of Fantasy and Science Fiction 22 - Im Angesicht der Sonne
worden. Die Fensterhöhlen der meisten Häuser gähnten ihm leer entgegen. Hier und da waren die Fenster mit Säcken zugehängt oder mit Brettern verschalt. Überall roch es nach Moder und Fäulnis.
Und er hatte deutlich das Gefühl, von unzähligen Augen beobachtet zu werden.
Ein grünes Auto erschien von irgendwoher, bog auf zwei Rädern um eine Ecke, raste heran und hielt knapp einen Meter vor ihm.
Er drehte sich um und floh.
Hinter ihm heulte der Motor auf, dann quietschten Reifen. Philip rannte weiter, bog in die erste Seitenstraße ein und schlug mehrmals Haken um größere Trümmerhaufen. Seine Lungen schmerzten, und sein Herz klopfte wie rasend, als er die nächste Querstraße erreichte, auf der er vorläufig in Sicherheit sein würde ...
Aber der grüne Wagen stand bereits dort. Oder war es ein anderer? Es hatte keinen Zweck, darüber nachzudenken. Und es wäre zwecklos gewesen, hier umzukehren. Philip sah einen schmalen Durchgang auf der anderen Straßenseite. Vielleicht konnte er dort seinen Verfolgern entkommen? Er setzte sich wieder in Bewegung und wollte über die Straße laufen.
Aber er wußte instinktiv, daß er es nicht schaffen würde.
Er blieb stehen. Der Wagen schoß auf ihn zu. Philip schloß die Augen.
Dann kreischten Bremsen, und das Auto kam eine Handbreit vor ihm zum Stehen. Alle Muskeln in Philips Körper waren angespannt. Er starrte die Banditen an, die jetzt ausstiegen. Der Fahrer schaltete die Abschirmung des Wagens ab, so daß Philip ihren Druck nicht mehr auf seinem Körper spürte.
Die drei Banditen standen auf der Straße. Der Fahrer hielt eine Maschinenpistole unter dem Arm, mit der er jetzt nach hinten sicherte. Die beiden anderen Männer waren mit Pistolen bewaffnet.
Einer von ihnen trat an Philip heran und gab ihm einen Wink. Die Aufforderung war auch ohne Worte verständlich. Philip machte eine Bewegung, als wolle er tatsächlich sein Trikot abstreifen – und schlug überraschend nach dem Banditen, der jedoch reaktionsschnell auswich.
»Pfui, tut man das?« fragte der Mann grinsend und rieb Daumen und Zeigefinger der linken Hand aneinander.
Philip blieb nichts anderes übrig, als sein Trikot auszuziehen.
Der Bandit griff danach, durchsuchte sämtliche Taschen und machte ein enttäuschtes Gesicht. Sein Begleiter, der auffällig klein und breit war, hatte bereits mit einer Leibesvisitation bei Philip begonnen und fand dabei die Scheine in der Hüfttasche. Er hob sie triumphierend hoch.
»Der Tag fängt gut an«, meinte der erste Bandit und betrachtete dabei prüfend Philips Trikot.
Der Kleine riß es ihm aus der Hand und warf es Philip zu, der in der Morgenkälte zitterte.
»Zweihundertvierzig«, knurrte er dann – und gab Philip, der ihn verblüfft anstarrte, hundertzwanzig zurück!
»Was willst du denn – mehr als fünfzig Prozent? Wo kommst du überhaupt her? Na, das lernst du bald genug!«
Der Bandit griff in seine Tasche, holte einen Gummistempel heraus und drückte ihn Philip auf die Stirn. »Du stehst jetzt unter dem Schutz der Bären. Zieh den Ärmel hoch!« Auf Philips Unterarm erschien ein grüner Bärenkopf.
»Du hast den gleichen Abdruck auf der Stirn. Dieses Zeichen wird hier allgemein respektiert. Solltest du trotzdem Schwierigkeiten bekommen, brauchst du uns nur zu rufen. Zum Beispiel wenn Wölfe oder Affen frech werden.«
»Wie ... wie kann ich euch rufen?«
Der Bandit grinste. »Du brauchst nur laut zu schreien. Wir sind immer irgendwo in der Nähe.«
Die drei Männer stiegen in ihren Wagen, der einen engen Bogen beschrieb und davonfuhr. Philip schüttelte verblüfft den Kopf. Die Überraschungen folgten zu dicht aufeinander – und die größte Überraschung war, daß er noch lebte.
Er raffte sich schließlich auf und ging weiter.
Die Straßen waren jetzt nicht mehr so menschenleer wie zuvor. Überall öffneten sich Türen, und Philip erinnerte sich an eine Szene aus einem alten Film, als er sah, daß hier Waren im Freien auf langen Tischen zum Kauf angeboten wurden. Die Frauen der wohlhabenden Pfauen veranstalteten zweimal jährlich einen Basar zugunsten der unteren Ränge, aber diese Veranstaltung war kaum mehr als eine Formalität und kein echter Markt.
Hier wurde jedoch frisches Obst aufgebaut; am Stand daneben lagen große Tuchballen; am übernächsten wurde Fleisch verkauft; ein anderer gehörte einem Altwarenhändler. Und die Menschen kamen aus ihren Häusern, um auf der Straße einzukaufen. Sie schienen keine Angst zu haben –
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