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Magazine of Fantasy and Science Fiction 22 - Im Angesicht der Sonne

Magazine of Fantasy and Science Fiction 22 - Im Angesicht der Sonne

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 22 - Im Angesicht der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.A.
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einem Sofa gesessen hatten, wo sie vor neugierigen Blicken sicher waren, und daß einige Zeit später – daran erinnerte er sich ganz deutlich – Freda vor ihnen aufgetaucht war und ihn entsetzt angestarrt hatte.
    »Hallo, Liebling«, sagte Philip nichtsahnend. »Kennst du eigentlich Gloria ...«
    Aber Freda drehte sich ruckartig um und ging davon.
    »Entschuldigung«, sagte er zu der Blondine und sprang auf. Er holte Freda an der Tür ein, nachdem er zuvor über die Füße eines anderen Gastes gestolpert und damit eine Kettenreaktion verursacht hatte.
    Er hielt sie am Arm fest.
    »Was soll eigentlich diese gerechte Empörung? Ich habe ihr nur etwas Gesellschaft geleistet.«
    »Nur! Warum hat sie sich wohl an dich herangemacht? Weil wir uns darauf geeinigt hatten, sie wegen dieses Kleids zu boykottieren. Alls Künstler müßtest du das zuerst einsehen.«
    »Was hat der Boykott mit der Tatsache zu tun, daß ich Künstler bin?«
    »Du müßtest mehr Geschmack als der Durchschnitt haben.« Sie machte sich frei. »Aber ich will mich nicht hier mit dir streiten. Ich gehe jetzt.«
    Philip verstand plötzlich alles – obwohl er seine Umgebung nur undeutlich wahrnahm. Er richtete sich auf und antwortete laut: »Meinetwegen kannst du tun, was dir Spaß macht.« Er wandte sich ab und ging an die Bar zurück.
    Als er an R. G. vorbeikam, zischte dieser wütend: »Wir sprechen uns morgen im Büro.«
    Aber Philip achtete nicht darauf. Er nahm einen Drink mit auf den Balkon hinaus. Gloria Paston war dort. Sie lächelte, als er ins Freie trat, und trat dicht an ihn heran.
    Aber er war in diesem Augenblick nicht an ihr interessiert, sondern betrachtete die anderen Klanhäuser, deren Abschirmungen nachts schwach leuchteten, das Geschäftsviertel, die Fabriken und das Land jenseits der Stadtgrenzen. Dort war es fast dunkel; nur hier und da spiegelte sich ein Licht im Fluß, und die benachbarten Stadtviertel waren so hell beleuchtet, daß dieses Gebiet nicht ganz finster war. Während er es beobachtete, flammte dort ein rötlicher Lichtschein auf und erlosch wieder. Eine Bombe? Er wartete auf ein Echo, aber die Entfernung war zu groß.
    In diesem Augenblick wurde Philip Tawn zum Amokläufer. Er lief Amok, wie es die Menschen schon früher getan hatten, als es keine Schilde gab. Alle Ressentiment, die er bisher nur unbewußt wahrgenommen hatte – gegen seinen Job, gegen seine Umwelt, in der jeder Künstler gleichzeitig Ingenieur sein mußte, gegen seine Verlobte, die sinnlose Auseinandersetzungen provozierte, gegen alles – brachen sich plötzlich Bahn.
    Aber Philip war intelligent genug, um sich nichts davon anmerken zu lassen. Er drückte sein Glas Gloria Paston in die Hand und verließ stillschweigend das Appartement, ohne diesmal über fremde Füße zu stolpern.
     
    Er saß in einer schäbigen Bar am Rande des Fabrikviertels. Im Osten zeigte sich bereits ein heller Streifen am Horizont. Er trug seinen gewöhnlichen Tagesanzug, von dessen Brusttasche er das Wappen entfernt hatte. Sein Klanumhang und der Körperschild lagen in einem Schließfach am Eingang der Bar; sein Wagen war einige Straßen weit von hier entfernt geparkt.
    Er fühlte sich so frei wie noch nie. Dieser Zustand konnte nicht andauern – bestimmt nicht länger als einige Stunden –, aber Philip genoß ihn deshalb um so mehr. Er hatte auf der Party zu viel getrunken, aber die Tablette, die er in seinem Appartement genommen hatte, hob die Wirkung des Alkohols auf und ließ ihn wieder klar denken. Nun schien die Welt der Klanparties und Tabletten und Computerfreunde weit hinter ihm zu liegen. Er war bereit, den letzten Schritt zu tun.
    Er bezahlte und ging hinaus. Als die Tür zur Seite glitt, verließ er die Bar, ohne seinen Umhang oder den Körperschild aus dem Fach zu nehmen. Die Tonbandstimme des Monitors erinnerte ihn krächzend daran; sie verstummte jedoch, weil die Tür sich lautlos schloß.
    Und dann war Philip Tawn allein auf der Welt – wehrlos.
    Er zitterte leicht und redete sich ein, daran sei die Morgenkälte schuld. Die riesigen Häuserblocks hoben sich wie Scherenschnitte vom bleigrauen Himmel ab. Er kehrte ihnen den Rücken zu und ging auf die Wildnis zu, die vor ihm begann.
    Er war allein auf der Straße, die plötzlich an einem Trümmerhaufen endete. Er kletterte darüber und wußte, daß er sein Ziel erreicht hatte. Hier sah es schlimmer als in den Slums aus, die er aus alten Filmen kannte. Laternenmasten waren abgesägt oder umgestürzt

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