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Magazine of Fantasy and Science Fiction 23 - Am Tag vor der Ewigkeit

Magazine of Fantasy and Science Fiction 23 - Am Tag vor der Ewigkeit

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 23 - Am Tag vor der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.A.
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können wir Sie vielleicht in die Kategorie mit voller Kostenerstattung einreihen«, stellte ich fest. »Davon haben Sie zwar nichts, aber wir bekommen mehr Geld.«
    »Ich bin nicht krank«, wiederholte er. »Nur deprimiert. Aber das macht Ihnen natürlich nichts aus.« Das Ihnen war deutlich betont. Wenn man sich immer auf etwas verlassen kann, dann ist es diese hartnäckige Feindseligkeit. Wäre sie etwas erfreulicher, müßte man sie unter die Vorteile unseres Berufs einreihen. Ich zähle sie jedenfalls dazu. Es gibt keinen Haß ohne Angst und Respekt – und ich lege großen Wert darauf, diese Gefühle hervorzurufen und in meinem Sinn auszuwerten.
    Er zog sich einen alten Sessel heran. Mottenzerfressener Samt, vermutlich Flöhe oder Wanzen im Innern und so weiter. Er zündete sich eine Zigarette an und warf das Streichholz aus dem Fenster.
    »Nein«, sagte ich scharf. »Keine Zigarette.«
    »Was soll das heißen?«
    »Ich kann keinen Rauch leiden«, erklärte ich ihm. »In meiner Gegenwart wird nicht geraucht. Jedenfalls raucht niemand, der einen Antrag gestellt hat. Machen Sie die Zigarette aus.«
    »Nein.«
    »Werfen Sie das Ding weg«, verlangte ich.
    »Kommt nicht in Frage. Ich rauche gern.« Seine Stimme klang bereits etwas weinerlich jammernd.
    »Auch recht«, sagte ich, »dann gehe ich eben. Sie sind doch damit einverstanden, daß ich Antrag zurückgezogen auf Ihrem Fragebogen vermerke?«
    Er starrte mich einige Sekunden lang an. Er sah, daß meine Drohung ernst gemeint war. Er gab sich einen Ruck und warf die Zigarette aus dem Fenster.
    »Schon besser«, stellte ich fest.
    »Das macht Ihnen wirklich Spaß, was?«
    »Was soll mir Spaß machen?«
    »Dieses Machtgefühl. Die Entscheidungsgewalt in Ihren Händen. Ihr Job liefert Ihnen die beste Ausrede für Ihre ganze ...«
    »Genug«, wehrte ich ab. »Ich brauche keine Persönlichkeitsanalyse. Wir sind von einer Sekunde zur anderen fertig, wenn Sie nicht endlich die Klappe halten.«
    Da er die erste Auseinandersetzung verloren hatte, war seine Reaktion vorauszusehen gewesen. Er senkte den Kopf und schwieg.
    »Berufsausbildung?« fragte ich.
    »Soziologe.« Natürlich. »Das habe ich gestern schon alles angegeben, als der Fragebogen ausgefüllt wurde.«
    »Ich habe Ihnen doch schon vorhin gesagt, daß ich Ihnen selbst einige Fragen stellen muß. Für die Annahme und die Bearbeitung eines Antrags sind verschiedene Stellen zuständig; für mich existieren Sie nicht einmal, bis Sie mir Ihre Existenz beweisen. Warum haben Sie Ihren Antrag jetzt gestellt?«
    »Was glauben Sie? Ich bin arbeitslos.«
    »Wovon haben Sie Ihren Lebensunterhalt bestritten, bevor der Antrag gestellt wurde?«
    Er warf mir einen fast bittenden Blick zu. »Das habe ich alles bereits angegeben«, sagte er. »Sie brauchen nur nachzusehen.«
    »›Der Sozialhelfer entscheidet selbständig, ob ein Antragsteller als bedürftig im Sinn der Wohlfahrts- und Sozialhilfegesetze anzusehen ist. Der bei der Antragstellung ausgefüllte Fragebogen wird dem Sozialhelfer zur weiteren Untersuchung und Bewertung des Falles übergeben.‹ Soll ich noch mehr zitieren?«
    »Nein«, murmelte er. In diesem Augenblick gab er sich endgültig geschlagen. Er schien in seinem Sessel zusammenzusinken, starrte blicklos vor sich hin und achtete nicht einmal auf die große Wanze, die über sein Handgelenk krabbelte. Er war leichter unterzukriegen gewesen als die meisten anderen; das war eigentlich überraschend, wenn man seine Ausbildung berücksichtigte. Aber andererseits war seine Ausbildung fast eine Erklärung dafür.
    »Ich habe an dem Projekt Blauvelt mitgearbeitet«, sagte er leise. »Seit über fünfzehn Jahren – schon als ich noch Assistent war. Das Projekt wurde letzte Woche überraschend beendet. Natürlich war schon vorher die Rede davon gewesen, daß es nicht weitergeführt werden sollte, aber das Ende kam für viele von uns doch überraschend. Seitdem kann ich mir meinen Lebensunterhalt nicht mehr selbst verdienen.«
    Das Projekt Blauvelt war eines dieser unsinnigen Regierungsprogramme gewesen, von denen ganze Horden von Wissenschaftlern lebten; in diesem Fall besonders die Psychologen und Soziologen. Selbst ich hatte schon davon gehört. Das Projekt Blauvelt diente der Erforschung genealogischer Probleme, und die beteiligten Wissenschaftler waren hauptsächlich damit beschäftigt, alte Aufzeichnungen durchzuarbeiten und Statistiken aufzustellen. Letztes Jahr hatte der Kongreß jedoch entschieden, es sei

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