Magdalenas Garten
Erzeugers gepflastert, selbst Portoferraio hatten sie heute Morgen noch geschafft, aber bis auf den perversen Anrufer neulich hatte sich niemand gemeldet, und auch der Abwasch türmte sich zuverlässig wie jeden Tag.
Ganz in Gedanken öffnete Magdalena den Schrank über dem Spülstein, der ihr vorher noch nie aufgefallen war. Zwei leere Abtropfgitter. Weshalb war keiner ihrer drei, nein, jetzt mit Evelina vier Mitbewohner auf die Idee gekommen, ihr zu sagen, die gespülten Teller in diesen fantastischen Schrank einzuordnen? Sie hatte immer alles auf einen rutschenden Haufen neben dem Spülstein geschichtet. Und heute, an ihrem letzten
Tag, entdeckte sie dieses Hänge-Abtropf-Ding. Magdalena lieà Wasser einlaufen, streifte die Handschuhe über und tauchte gerade ihre gelben Gummihände in den wachsenden Schaumberg, da schob sich ihr Handy vibrierend über den Küchentisch und gab drei einzelne Töne von sich.
Jetzt fing Florian tatsächlich an, sie mit Nachrichten zu bombardieren, genau wie Nina es vorausgesagt hatte. Wahrscheinlich langweilte er sich in seinen Semesterferien, oder ihr Schweigen stachelte ihn an. »Bleibe noch ein paar Tage auf Elba. Melde mich, Magdalena«. Sechs Tage lang war ihm ihre einzige SMS gleichgültig gewesen, doch seit gestern trafen vermehrt Nachrichten von ihm ein. »Hase, wann kommst Du?« »Vermisse Dich!« »Babylein, was ist los? Warum meldest Du Dich nicht? Ich kann nicht schlafen und denke an Dich!«
Sie blies verächtlich die Wangen auf. Hase. Babylein. Wie ein total überzuckertes Stück Kuchen, das sie nicht essen mochte, hatte sie seine Nachrichten unbeantwortet beiseitegelegt. Hatte sie sich nicht immer mehr Gefühl von ihm gewünscht? Aber doch nicht Babylein. Magdalena seufzte und stellte einen Teller nach dem anderen in das Hängebord. Wie schön sie dort in einer Reihe standen. Sie musste an die Zitronenbäume denken, durch deren Laubwerk das Wasser in Strömen geflossen war, als Matteo und sie die Bäume abwechselnd mit dem Schlauch besprüht hatten. Den Duft der staubigen Erde, auf der die Wassertropfen zerplatzten, hatte sie jetzt noch in der Nase. Er hätte sie ja wenigstens ein bisschen nass spritzen können, aber die noch nicht ganz abgeheilten Wunden an ihrem Bein hatten ihn anscheinend davon abgehalten. Dabei war es nur noch teilweise mit dunklem Schorf bedeckt, an manchen Stellen kam schon hellrosa die neue Haut hervor. Manchmal war Matteo echt zu vernünftig. Sie wäre gern dabeigeblieben, um zu sehen, wie er die Bäume mit seiner Giftsprühpumpe behandelte, die er sich
hinten auf den Rücken geschnallt hatte, aber er hatte sie weggeschickt. Schlecht für ihre Gesundheit. »Und du!?«, hatte sie protestiert, doch Matteo hatte sie aus dem Garten verscheucht wie eine lästige kleine Ziege.
Magdalena stapelte Teller und Gläser über die Spüle auf die Abtropfgitter. Um so viel Geschirr wie möglich dort oben unterzubringen, brauchte man statisches Geschick.
Auf Zehenspitzen stehend, legte sie den letzten Topfdeckel mit Schwung auf die Tassenpyramide, die sich mittlerweile über Tellern und Untertassen im Trockengestell gebildet hatte.
Es krachte leise in der Wand, dann knarrte es verdächtig. Magdalena schaute hoch, Mist verdammter, der Schrank kam auf sie zu, ächzend brach er aus seiner Verankerung. Sie stützte ihn mit beiden Händen von unten, Putz rieselte die Wand herunter, sie spannte ihre Armmuskeln an, aber das Ding war zu schwer, schräg kippte es zur Seite.
»Hilfe!«, rief sie, dann lauter: »O ScheiÃe, hallo, kann mir mal einer helfen!« Keine Ahnung, was das jetzt auf Italienisch hieÃ, es war sowieso niemand da, der sie hören konnte. Klirrend zerschmetterte die erste Tasse auf dem Steinboden, die Untertassen folgten, dann rutschten ihr die Teller entgegen, Magdalena zog den Kopf ein und sah machtlos zu, wie einer nach dem anderen hinausfiel. »Matteo!«, schrie sie und stemmte sich mit aller Macht von unten gegen den Schrank, ihre nackten FüÃe rutschten auf den nassen Fliesen langsam nach hinten weg.
»Matteooo!« Er war nicht da, was schrie sie hier herum. Nina war am Strand, und mit Mikki konnte sie auch nicht rechnen, nach dem von Nina verhängten Rauchverbot in der Wohnung hockte er vermutlich unten in einer dunklen Ecke der Orangerie und baute sich den nächsten Joint. Mit zusammengebissenen
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