Magdalenas Garten
Magdalena. Wie schön, sie lächelt wieder, dachte Magdalena, es ist fürchterlich, wenn sie eingefroren oder sauer auf mich ist. Dankbar ging sie ins Bad, um sich umzuziehen.
Das hier ist wie Karneval, sagte sie stumm zu ihrem Spiegelbild über dem Waschbecken, ich verkleide mich in eine geflügelte Partymaus, vielen Dank für die Leihgabe, Evelina.
Sie überprüfte ihr Gesicht genauer. Hatten die vergangenen Tage auf Elba sie verändert, war sie auf der Suche nach ihrem italienischen Vater italienischer geworden? Der Spiegel gab ihr eine eindeutige Antwort: Die Suche ist, wie wir alle wissen, erfolglos geblieben, und du siehst aus wie immer!
Magdalena zog das Gummiband aus ihrem Pferdeschwanz, nahm Evelinas Haarbürste und strich sich damit die dunkelbraunen Haare ins Gesicht. Auch nicht besser, schnell band Magdalena sie wieder zusammen. Im Zahnbürstenglas steckte ein einzelner brauner Kajalstift von Nina. Er musste von Nina sein, denn Evelinas Schminkzeug lagerte in einem riesigen, silbrig lackierten Ufo und bestand, wie sie von einem heimlichen Blick hinter abgeschlossener Klotür wusste, nur aus schwarz, schwarz, schwarz. Mit irgendwas musste sie ihren Pandabärlook ja jeden Morgen hinbekommen. Zaghaft führte Magdalena den Stift über ihre blassen Brauen, strichelte ein wenig Braun darauf und umrahmte ihre Augen, bis sie tränten. Sie war den Blödsinn nicht gewohnt, es sah komisch aus. Um es noch deutlicher zu machen, holte sie Wimperntusche aus Evelinas Schönheitskasten und tuschte sich dicke, starre Fliegenbeine an die Augen. Jetzt ähnelte sie Hildegard Knef auf diesem Plattencover mit dem Hut, das Oma Witta zwischen all ihren Opernplatten versteckt hatte. Zufrieden tupfte sie klebriges Lipgloss mit Kaugummigeschmack auf ihren Mund. Es sah aus, als hätte sie gerade einen Paradiesapfel vom Jahrmarkt geküsst.
»Ja, meine lieben Herrschaften, sehen Sie mal genau hin«, wisperte sie in den Spiegel, das hätte Reiseleiterin Susanne in diesem Fall gesagt. Sie wischte sich die Farbe mit einem nassen Kleenex so gut es ging wieder ab, öffnete den ReiÃverschluss und stieg in den Anzug, den Evelina ihr gegeben hatte. Der Stoff war angenehm dünn, ein leichter SchweiÃgeruch nach Evelina, vermischt mit ihrem Parfüm, stieg unter den Achseln auf, als sie den Verschluss von ihrem Nabel aufwärtszog.
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»Ich gehe nicht mit, das passt nicht, ich sehe aus wie eine Fledermaus!« Magdalena trat auf die Terrasse und schlenkerte abwehrend mit den Ãrmeln, die ihr weit über die Hände fielen.
Nina machte immer noch ein bekümmertes Gesicht, doch ihr Blick wanderte plötzlich lebhaft an Magdalena herauf und herunter, dann sagte sie: »Das mit den Ãrmeln gehört so, und ich finde, es steht dir ganz hervorragend! Hast du dich geschminkt?«
Magdalena winkte ab, sie wusste nicht, ob sie Ninas Geschmack trauen sollte. Sie kombinierte die unterschiedlichsten Kleidungsstücke, doch was bei Nina passend angezogen aussah, würde bei ihr katastrophal wirken: Heute Abend trug sie eine rot-weià karierte Bluse mit Puffärmeln, die gerade ihren Bauch bedeckte, ihre braunen, glatten Beine steckten in sehr kurzen abgeschnittenen Jeans und derben Bergsteigerschuhen.
»Ich gebe dir noch eine Jacke, die ziehst du drüber, dann sieht es cool aus, wirklich!«
Evelina kam auf Magdalena zu, zog den ReiÃverschluss unerbittlich ein ganzes Stück hinunter und zupfte an ihrem Ausschnitt herum, Magdalenas Brüste waren nun halb entblöÃt.
»Okeee?! Wir brauchen noch einen BH, der diese Sachen mehr ans Licht bringt«, verstand sie von Evelinas Nuschelitalienisch, die ihre Schultern nach hinten drückte, bis ihr Busen ganz freilag und sie ihn mit beiden Händen bedecken musste. »Hast du etwas an deinen Augen gemacht? Sie sehen viel ausdrucksvoller aus, du solltest deine Wimpern färben, Augenbrauen, Haare, alles färben. Und alzati , alzati , halte dich aufrecht, du musst aufrechter stehen!« Gott sei Dank ist Matteo nicht in der Nähe, dachte Magdalena zum zweiten Mal an diesem Abend. »Ja, vielleicht die Wimpern, aber doch nicht die Haare«, jetzt mischte Nina sich endlich ein, »die sind wunderschön dunkel, wie Walnussholz, die muss und darf sie nicht färben!«
»Schuhe. Frisur. Schminken. Machst du das, Nina?« Statt einer Antwort erhob Nina sich und brachte Magdalena ein Paar spitze
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