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Magermilch

Magermilch

Titel: Magermilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Mehler
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laufenden Geschäfte kümmert. Willi und Toni sind viel zu viel unterwegs – bei Kunden, auf Baustellen, bei Sägewerken, auf Messen.«
    Fanni warf neuerlich einen Blick auf den Verletzten. Er hatte die Augen geöffnet und das Gesicht zu einer schmerzvollen Grimasse verzogen. Dr. Berger werkelte mit einem gelblich getränkten Mullbausch an seiner Blutverkrustung herum.
    Nach Fannis Einschätzung musste Fritz Maurer ungefähr Willis Alter haben, wirkte aber jünger, weil er schlanker und schmächtiger war als Marthas Mann.
    Ein drahtiger Kerl, nichts als Sehnen, Adern, Flechsen und leichenblasse Haut!
    Martha war neben dem Sofa in die Hocke gegangen und hielt Fritz Maurers Hand. »Wie konntest du denn bloß einen Schlag auf den Kopf bekommen?«
    »Hat etwa jemand zugehauen?«, fragte Dr. Berger. Es klang wie ein Scherz, doch Fritz versuchte ein Nicken.
    »Jemand hat mir von hinten eins übergezogen. Mit einer starken Latte vermutlich. Ich hab es noch zischen hören und hab mich weggeduckt. Aber wohl nicht schnell genug.«
    »Wer sollte denn …«, begann Martha und verstummte.
    Fritz Maurer versuchte ein Schmunzeln. Dabei bildeten sich kleine Fältchen um seine Augenwinkel. Die rauchgrauen Iris veränderten den Farbton. Sie wirkten plötzlich durchscheinend wie blau schimmerndes Glas.
    Ein sympathischer Geschäftsführer, den Martha da hat, dachte Fanni.
    Das scheint Martha Stolzer auch zu finden, so wie sie sich an seine Hand klammert!
    »Er hat sich mir nicht vorgestellt. Und als ich so weit war, mich umzudrehen, ist er verschwunden gewesen – durch die kleine Seitentür vermutlich.«
    Martha starrte ihren Geschäftsführer eine Weile ungläubig an. Plötzlich riss sie sich zusammen und wandte sich an den Doktor.
    »Muss Fritz ins Krankenhaus?«
    Dr. Berger verneinte. »Die Wunde braucht nicht genäht zu werden. Aber er sollte sich für den Rest des Tages hinlegen, weil wir es womöglich mit einer leichten Gehirnerschütterung zu tun haben.« Er lächelte dem Verletzten zu. »Das Wegducken hat dir Schlimmeres erspart. Der Angreifer musste die Richtung ändern, und das hat dem Schlag die Wucht genommen.«
    »Ich hole eine Decke«, sagte Martha.
    Fritz Maurer schüttelte den Kopf – langsam und vorsichtig. »Nein. Ich gehe in meine Wohnung hinüber. Da kann ich herumliegen, ohne jemanden zu stören. Das kurze Stück wird meinem Hirn, erschüttert oder nicht, bestimmt nichts schaden.«
    »Nur in Begleitung«, verlangte Dr. Berger. »Ich komme selbst mit – liegt ja direkt auf meinem Heimweg.«
    Fanni merkte, dass Martha zu einem Widerspruch ansetzen wollte, sich es dann aber anders überlegte. Sie ließ Maurers Hand los und stand auf.
    Während Fritz Maurer seine Füße auf den Boden setzte und sich langsam erhob, wandte sich Dr. Berger an Martha: »Keine Sorge. Ein paar Stunden Ruhe, und dein Geschäftführer ist wieder voll einsatzfähig. Aber an eurer Stelle würde ich Anzeige erstatten.«
    »Natürlich«, rief Martha und griff wieder zum Telefon.
    Doch Fritz Maurers Stimme hielt sie zurück. »Warte, warte, bis ich mich ein wenig erholt habe. Ich benachrichtige die Polizei später selbst.«
    »Wohl besser so«, gab ihm Dr. Berger recht. Dann nickte er Fanni zu und folgte Maurer, der bereits über den Flur auf die Haustür zusteuerte.
    Martha ließ sich aufs Sofa fallen.
    »Wenn ich deine Küche benutzen darf, koche ich dir einen Tee«, bot Fanni an.
    Martha nickte kraftlos.
    Als Fanni mit einer bauchigen Kanne und zwei Tassen zurückkam, hatte sich Martha seitlich in die Polster geschmiegt und ihr Gesicht fast völlig darin vergraben.
    Ist sie eingeschlafen?
    Fanni schenkte Tee ein, dann setzte sie sich neben sie. Nach kurzem Zögern legte sie Martha die Hand auf den Arm.
    »Zuerst Willi und jetzt Fritz«, stöhnte Martha.
    Fanni reichte ihr die Tasse. »Dein Geschäftsführer ist nur leicht verletzt«, sagte sie beschwichtigend.
    »Aber jemand hat ihm in der Lagerhalle aufgelauert, wollte ihn erschlagen!«, rief Martha.
    »Und wer käme da in Frage?«, erkundigte sich Fanni. »Hat Fritz Maurer Feinde? Hier im Betrieb vielleicht?«
    Martha begann nervös im Polster hin- und herzurutschen.
    »Wer?«, verlangte Fanni zu wissen.
    »Toni«, flüsterte Martha. In normaler Tonlage sprach sie weiter: »Toni war von Anfang an dagegen, Fritz als Geschäftsführer einzustellen. Er kann ihn nicht leiden.«
    »Seit wann attackiert Toni Leute, nur weil er sie nicht leiden kann?«, entgegnete Fanni. »Solange ich ihn

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