Magermilch
helfe dir tragen«, erbot er sich.
5
Als Fanni am nächsten Morgen um zehn Uhr in den Feldweg am Ortsrand von Birkenweiler einbog, wartete Sprudel bereits an der Weggabelung, von der aus der Wirtschaftsweg in seinen Windungen zu Fannis Hütte verlief. Wenige Meter dahinter zweigte der Trampelpfad ab, der über den Steilhang direkt hinaufführte.
Sprudel öffnete den Kofferraum von Fannis Wagen. Perplex blickte er auf drei mit Tüchern bedeckte Körbe, zwei große Taschen und einen Flaschenträger. Dann sah er Fanni flehentlich an.
»Genehmigt, wir fahren mit dem Wagen über den Wirtschaftsweg hinauf«, sagte sie lachend.
»Und überwintern da oben?«, fragte Sprudel.
»Ich bin froh, wenn der Proviant fürs Wochenende reicht«, entgegnete Fanni. »Und falls Leni und Marco den ganzen Abend und die Nacht hier verbringen wollen, sollte wenigstens eine Flasche Wein da sein, ein paar Kerzen, Servietten, eine frische Tischdecke …«
Sichtlich erheitert setzte sich Sprudel in Fannis Wagen hinters Steuer und schaltete die Zündung ein. Er wusste ganz genau, wie ungern sie selbst fuhr.
Fanni war ihm dankbar dafür, dass er sie nicht darum bitten ließ, ihr die Fahrt abzunehmen.
Sprudel parkte vor jener Kurve, die den Wirtschaftsweg am nächsten ans Hütterl heranführte, in einer Ausbuchtung der Fahrtrasse neben der großen Föhre. Von da aus verlief das Gelände flach, aber ziemlich unwegsam bis zur ungefähr fünfzig Meter entfernten Hütte. Um alles dorthin zu tragen, auszupacken und unterzubringen, brauchten die beiden fast eine Stunde.
Als sie endlich unter der Buche saßen, wo Sprudel den Campingtisch und die Stühle aufgestellt hatte, weil am Morgen wieder ein strahlend blauer, warmer Julitag angebrochen war, ging es schon auf Mittag zu.
Fanni erzählte von ihrem Besuch bei Martha.
»Wie man es auch dreht und wendet«, sagte Sprudel, nachdem Fanni ihren Bericht beendet hatte, »Martha Stolzer bleibt verdächtig.«
»Martha war’s nicht«, sagte Fanni bockig.
»Toni Stolzer käme allerdings genauso gut in Frage«, lenkte Sprudel ein, »und ebenso dessen Frau Gisela.«
Doch auch damit gab sich Fanni nicht zufrieden. »Zugegeben, sie sind diejenigen, die problemlos an Willis Klettergurt herankamen. Denn verliehen hat er ihn ganz bestimmt nicht. Aber falls irgendein Bekannter von Willi im Sinn gehabt hatte, den Gurt zu präparieren, hätte er da nicht vielleicht eine Möglichkeit dazu finden können?«
Sprudel nickte. »Allerdings hätte er auch wissen müssen, dass Willi Stolzer plante, im Klettergarten zu fotografieren, wobei er sich mit vollem Gewicht ins Seil hängen würde. Hätte Willi mit dem präparierten Gurt nur ganz normale Klettertouren gemacht, ohne zufällig abzurutschen und dadurch den Gurt zu belasten, dann wäre er womöglich nie abgestürzt.«
»Martha war’s jedenfalls nicht«, wiederholte Fanni.
Sprudel zog die Augenbrauen hoch. »Gibt es Argumente dafür?«
Fanni bog mit ihrem linken Zeigefinger den rechten Daumen rückwärts. »Erstens war Martha – im Gegensatz zu Gisela – nie eine gute Schauspielerin. Ich würde es gemerkt haben, wenn sie wegen Willis Tod bloß Krokodilstränen vergossen hätte.« Fanni gesellte zu dem Daumen den rechten Zeigefinger dazu. »Zweitens hat Willi allen möglichen Leuten erzählt, dass er wieder an einer Reportage über den Deggenauer Klettersteig arbeitet. Martha sagt, sie war selbst dabei, als Willi einem Kunden, den er gut kannte, vorgemacht hat, wie man im Quergang die Hände zum Fotografieren freibekommt. Willi hat sich den Haken vom Minikran in seinen Hosengürtel gehängt, sich mit den Füßen am Gestänge abgestützt und mit den Armen gefuchtelt.«
»Und dabei ist Martha klar geworden, was sie tun konnte«, murmelte Sprudel.
Fanni gab ein leises Zischen von sich. »Wie kannst du dich nur derart auf Martha versteifen?«
»Mach ich gar nicht«, verteidigte sich Sprudel. »Ich sammle nur Fakten.«
Fanni sah ihn missbilligend an.
»Drittens«, sagte Sprudel trocken, »der Mittelfinger ist dran.«
Fanni streckte ihm die Zunge heraus und bog den Mittelfinger zurück. »Drittens wurde ein Anschlag auf Fritz Maurer verübt. Gibt es da einen Zusammenhang? Haben wir es mit ein und demselben Täter zu tun? Wenn ja, dann ist es nicht Martha. Sie war im Haus, als Maurer verletzt wurde.«
Während Fanni sprach, hatte Sprudel seine linke Wangenfalte mit Daumen und Zeigefinger bis zum Ohr gezogen.
Er denkt nach! Und gleich wird er dir mitteilen,
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