Magermilch
daran gelegen sein, dass Willi Chef der Firma Stolzer blieb. Kam er mit ihm nicht weitaus besser zurecht als mit dir?«
Toni nickte kurz.
»Viertens wurde kurz nach Willis Tod ein Anschlag auf ihn verübt, woraus man eigentlich schließen müsste, dass es der Täter nicht nur auf Willi abgesehen hatte.«
»Donnerwetter«, sagte Toni beeindruckt. »Du hast ja richtig Denkarbeit geleistet. Und gar keine schlechte. Und du hast natürlich völlig recht, wenn du es für abwegig hältst, dass Fritz ausgerechnet denjenigen beseitigt hätte, der ihm die Stange gehalten hat.«
»Während du ihn ja unbedingt weghaben wolltest«, sagte Fanni.
»Ja«, gab Toni offen zu.
Das wäre jetzt der richtige Zeitpunkt, Toni zu fragen, ob er vielleicht vergeblich, aber womöglich desto intensiver ein Auge auf Fritz Maurer geworfen hatte, was der Zusammenarbeit in der Firma recht abträglich war und bei Gisela den Topf zum Überlaufen brachte!
Das geht nicht, dachte Fanni missgestimmt, ich kann ihn nicht fragen, ob er Fritz erfolglos den Hof gemacht hat und deswegen sauer auf ihn war.
Schließlich sagte sie nur: »Warum?«
»Weil ich das Gefühl nicht loswerde«, erwiderte Toni, »dass Fritz ein ganz ausgekochter Gauner ist.«
»Ein Gauner«, wiederholte Fanni. »Denkst du an Unterschlagung?«
Toni zuckte die Schultern. »So sehr ich ihm auch auf die Finger geschaut habe, ich konnte ihm nie was nachweisen.«
»Dann gab es wohl auch nichts nachzuweisen«, entgegnete Fanni.
»Günther meint auch, dass ich mir alles nur einbilde«, sagte Toni.
»Günther?«
Toni sah sie an und seufzte tief. »Warum soll ich noch hinterm Berg halten damit? Gisela lässt sich von mir scheiden, und Willi ist tot. Allen anderen kann es egal sein, dass ich seit vielen Jahren mit Günther liiert bin.«
Da hat sich Hannes Gruber wohl getäuscht, was Tonis Promiskuität angeht!
»Willi wusste das nicht?«, fragte Fanni.
»Er wusste es ganz genau«, antwortete Toni. »Und er hat es mir ständig vorgeworfen. Als Gisela dann sagte, sie wolle die Scheidung mit allen Konsequenzen, da ist Willi schier ausgerastet. ›Du hast diese Ehe auf dem Gewissen‹, hat er mir vorgeworfen, ›und womöglich sogar die Firma, falls sich Gisela einen rigorosen Anwalt nimmt.‹«
»Ist Gisela wegen Günther …?«, begann Fanni.
Toni schüttelte den Kopf. »Günther und ich – diese Beziehung hat sie doch überhaupt nicht interessiert. Unsere Ehe war ein Geschäft, Fanni. Wohlstand und ein Podium für ihre Auftritte gegen den Beweis für meine Heterosexualität.«
Der Grund für den Streit zwischen den Brüdern ist jetzt endgültig klar, aber die Ursache für Giselas Fortgehen will sich nicht recht zeigen!
»Toni«, sagte Fanni nach längerem Schweigen, »ist dir eigentlich bewusst, dass du – Entlastungsindizien hin oder her – ein erstklassiges Motiv dafür hattest, deinen Bruder zu ermorden? Als Gisela weg war, stand nur noch er zwischen dir und Günther und der Möglichkeit, eure Beziehung öffentlich zu leben.«
Toni lachte freudlos. »Beziehung öffentlich zu leben! Das hat Willi mit allen Mitteln verhindert, stimmt. Und außer Martha hatte niemand bessere Möglichkeiten als ich, seinen Gurt zu präparieren. Wer also hat meinen Bruder um die Ecke gebracht?« Er klopfte sich auf die Brust. »Ich, Toni Stolzer. Toni, die Schwuchtel. Auf mich treffen sämtliche Voraussetzungen zu. Schade nur, dass eine winzige Kleinigkeit dagegen spricht.«
Fanni schluckte und schwieg.
Als es an der Tür klopfte, stand Toni auf und öffnete.
Martha kam herein. »Ich hab deinen Wagen gesehen, Fanni. Aber wie es aussieht, hat Toni dich mit Beschlag belegt.«
»Ich übergebe sie dir bereitwillig«, entgegnete Toni. »Unser Gespräch fing nämlich gerade an, heikel zu werden.« Gedämpft fügte er hinzu: »Außerdem wäre es ungehörig, einen Kunden mit aufgequollenen Paneelen in der Küche warten zu lassen.«
»Worüber habt ihr euch denn unterhalten, du und Toni?«, fragte Martha, als sie sich in ihrem Wohnzimmer bei einer Kanne Tee gegenübersaßen. »Über den Mord an Willi, über den feigen Anschlag auf Fritz in der Lagerhalle oder über das Debakel am vergangenen Wochenende?«
Bevor Fanni antworten konnte, fügte sie hinzu: »Je mehr passiert, desto verdächtiger erscheint mir Hannes. Jedes Mal gerät er einem mitten ins Visier.« Martha rieb sich mit beiden Händen übers Gesicht. »Meine noch vor Kurzem so heile Welt ist völlig aus den Fugen geraten, Fanni. Der
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