Maggie O´Dell 01 - Das Boese
und Lloyd Benjamin neben ihr knieten, konnte sie nur sagen: „Eddie weiß, wo Timmy ist.“
92. KAPITEL
Nick versuchte Maggie zu überzeugen, sich in den Jeep zu setzen und dort zu bleiben. Vorläufig hatten sie die Blutung gestoppt, doch es war schwer zu sagen, wie viel Blut sie bereits verloren hatte. Sie konnte kaum stehen, war leichenblass, und vielleicht fantasierte sie sogar.
„Du verstehst nicht, Nick!“ bedrängte sie ihn.
Er war drauf und dran, sie aufzuheben und in den Jeep zu werfen. Schlimm genug, dass sie nicht ins Krankenhaus gebracht werden wollte.
„Ich gehe und sehe nach, was in dieser blöden Kiste ist“ , entschied er. „Du bleibst hier.“
„Nick, warte!“ Sie grub ihm die Finger in den Arm und zuckte vor Schmerz. „Es könnte Timmy sein.“
„Was?“
„In der Kiste.“
Die Erkenntnis traf ihn wie ein Faustschlag. Erschüttert lehnte er sich an den Jeep. „Warum sollte er das tun?“ presste er hervor, und die Kehle war ihm so eng, dass er kaum sprechen konnte. Er wollte sich nicht vorstellen, wie jemand Timmy in eine Kiste stopfte. Timmy tot? Aber hatte er nicht längst mit dieser Möglichkeit gerechnet? „Das ist nicht sein Stil.“
„Was immer in der Kiste ist, war vielleicht für mich bestimmt.“
„Das verstehe ich nicht.“
„Erinnerst du dich an seine letzte Botschaft? Wenn er von Stucky weiß, hat er vielleicht Stuckys Gewohnheiten angenommen. Nick, in der Kiste könnte Timmy liegen. Und wenn das so ist, solltest du es nicht sehen.“
Er betrachtete sie. Ihr Gesicht war mit Blut und Schmutz verschmiert, das Haar voller Erde und Spinnweben. Die schönen vollen Lippen waren vor Schmerzen zusammengepresst, die zarten Schultern gesenkt von der Anstrengung, sich aufrecht zu halten. Und trotzdem versuchte sie noch, ihn zu beschützen. Er machte auf dem Absatz kehrt und stapfte zurück.
„Nick, warte!“
Er ignorierte ihr Rufen. Ohne Hilfe konnte sie ihm sowieso nicht folgen. An den Stufen, die Maggie entdeckt hatte, zögerte er kurz und zwang sich, in die Höhle hinabzusteigen. Es stank zum Ersticken. Er fand die Metallstange und Maggies Revolver, den er einsteckte. Taschenlampe und Stange unter den Arm geklemmt, hob er die Kiste an und zog sie langsam die Stufen hinauf. Seine Muskeln protestierten, doch er ließ nicht locker, bis er aus dem Höllenloch heraus war und frische Luft atmen konnte.
Maggie war da und wartete gegen einen Grabstein gelehnt. Sie war noch blasser geworden.
„Lass mich das machen!“ beharrte sie und langte nach der Metallstange.
„Ich mache das.“ Die Stange unter den Deckel geschoben, begann er zu hebeln. Das Quietschen der Nägel hallte durch die stille Nacht. Trotz Wind und Kälte betäubte der Geruch des Todes alle Sinne. Als der Deckel gelöst war, zögerte Nick noch einmal. Maggie trat neben ihn, griff um ihn herum und öffnete den Deckel.
Beide wichen einen Schritt zurück, aber nicht wegen des Gestanks.
Sorgfältig in ein weißes Tuch gewickelt, lag dort der kleine Körper von Matthew Tanner.
93. KAPITEL
Timmy konnte nicht weglaufen und sich nicht verstecken. Er schlitterte das Ufer hinunter zum Wasser. Konnte er den Fluss überqueren oder sich flussabwärts treiben lassen? Er prüfte das Wasser, das gurgelnd an ihm vorbeiraste. Die Strömung war zu stark und reißend, das Wasser viel zu kalt.
Der Fremde war über ihm stehen geblieben, um seine Zigarette zu rauchen, hatte sich jedoch abgewandt. In der Stille hörte Timmy ihn vor sich hin murmeln, ohne die Worte zu verstehen. Dann und wann stieß der Mann mit dem Fuß Erde und Steine ins Wasser, so nah, dass die Spritzer ihn trafen.
Er würde zurücklaufen müssen in den Wald. Da konnte er sich wenigstens verstecken. Durchs Wasser würde er die Flucht nicht schaffen. Er fror schon jetzt wie ein Schneider, im Wasser würde er erfrieren.
Timmy spähte über den Uferrand. Der Fremde zündete sich eine zweite Zigarette an. Jetzt! Er musste sofort loslaufen. Er kletterte das Ufer hinauf, stieß Erde und Steine ins Wasser - und das Platschen verriet ihn. Ehe er den Weg erreichte, knickte sein Knöchel weg. Timmy fiel auf Knie und Ellbogen, rappelte sich wieder auf und wurde plötzlich vom Boden gehoben. Er trat und strampelte und zerkratzte den Arm, der um seine Taille lag. Ein zweiter Arm legte sich um seinen Hals.
„Beruhige dich, du kleiner Scheißer.“
Timmy begann zu schreien und zu brüllen. Der Arm würgte ihn und nahm ihm den Atem.
Als der Wagen die gewundene
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