Maggie O´Dell 01 - Das Boese
sagte sie nur, ohne Rücksicht darauf, wie flehentlich das klang.
Er öffnete die Tür, und da stand Timmy wie eine Erscheinung. Christine rieb sich die Augen. Halluzinierte sie wieder? Timmy humpelte auf sie zu. Sie sah die Kratzer und Schnitte auf seiner Wange und eine blutunterlaufene, geschwollene Lippe. Gesicht und Haare waren jedoch frisch gewaschen, und er trug saubere Kleidung. Er hatte sogar neue Tennisschuhe. War alles nur ein schrecklicher Albtraum gewesen?
„Hallo, Mom“ , sagte er, als sei es ein ganz gewöhnlicher Morgen. Er kletterte auf den Stuhl, den seine Großmutter ihm hinschob, und kniete sich hin, um auf das Bett sehen zu können. Christine ließ ihren Tränen freien Lauf. Sie hätte ohnehin keine Chance gehabt, sie zu unterdrücken. War er wirklich hier? Sie berührte ihn an der Schulter, glättete seinen Wirbel und streichelte ihm die Wange.
„Ach Mom, alle können das sehen“ , mäkelte er. Da wusste sie, dass er kein Traumbild war.
95. KAPITEL
Nick flüchtete, ehe es zu rührselig wurde und seine Augen in Tränen schwammen. Er bog um die Flurecke und stieß fast mit seinem Vater zusammen, der aus Sorge um den überschwappenden Kaffee in seiner Hand zurücktrat.
„Vorsicht, mein Sohn. Du versäumst das Beste, wenn du es so eilig hast.“
Nick bemerkte sofort die sarkastische Kritik im väterlichen Mienenspiel, wollte sich die gute Laune jedoch nicht verderben lassen. Also wich er ihm lächelnd aus.
„Es ist nicht Eddie, weißt du?“ rief Antonio ihm nach.
„Nein?“ Nick blieb stehen und drehte sich um. „Nun, diesmal wird das ein Gericht entscheiden und nicht Antonio Morrelli.“
„Was zum Teufel soll das heißen?“
Nick kam näher, bis er seinem Vater Auge in Auge gegenüber stand. „Hast du geholfen, falsche Beweise gegen Jeffreys zu platzieren?“
„Hüte deine Zunge, Junge. Ich habe nichts platziert.“
„Wie erklärst du dann die Diskrepanzen?“
„Soweit ich weiß, gab es da keine Diskrepanzen. Ich habe getan, was nötig war, um diesen Scheißkerl zu verurteilen.“
„Du hast Beweise ignoriert.“
„Ich wusste, dass Jeffreys den kleinen Wilson ermordet hat. Du hast das Opfer nicht gesehen. Du hast nicht gesehen, was er diesem Jungen angetan hat! Jeffreys verdiente den Tod.“
„Wage nicht zu behaupten, du hättest Entsetzlicheres erlebt als ich!“ schimpfte Nick und ballte die Hände. „Ich habe in dieser Woche genug Grausamkeiten für ein ganzes Leben gesehen. Vielleicht verdiente Jeffreys den Tod. Aber indem du ihm zwei weitere Morde angehängt hast, hast du den wahren Täter laufen lassen. Du hast die Ermittlungen abgeschlossen und die Stadt in falscher Sicherheit gewiegt!“
„Ich habe getan, was ich für richtig hielt.“
„Sag das nicht mir. Sag das Laura Alverez und Michelle Tanner. Sag ihnen, dass du getan hast, was richtig war!“
Nick ging erregt davon. Antonio Morrelli zu sagen, dass er sich geirrt hatte, war kein großer Sieg, und er empfand keinen Triumph. Doch als er mit energischen Schritten den langen Flur hinunterschritt, ging er ein wenig aufrechter.
Er blieb an der Schwesternstation stehen und war erstaunt, die Sekretärin in einem schwarzen Cape mit Hexenhut zu sehen. Er brauchte einen Moment, das orangerote und schwarze Krepppapier und die ausgeschnittenen Kürbisse zu deuten. Natürlich, heute war Halloween! Sogar die Sonne war rechtzeitig herausgekommen und hatte angefangen, den Schnee zu schmelzen.
Er wartete geduldig, solange die Sekretärin Zutaten für ein Rezept in den Hörer diktierte. Ihr Blick sagte ihm, es dauere nur einen Moment. Trotzdem beeilte sie sich nicht besonders.
„Hallo, Nick.“ Sandy Kennedy tauchte hinter ihm auf, schob sich an der Sekretärin vorbei und nahm sich eine Klemmkladde.
„Sandy, du hast es endlich zur Tagesschicht geschafft.“ Was für eine blöde Bemerkung, dachte er und lächelte die kurvige Brünette an. „Wie geht es dir? Ist lange her.“ Plötzlich fragte er sich, ob es einen Ort in der Stadt gab, wo er nicht auf eine Ex-Freundin oder Geliebte traf.
„Sieht aus, als ginge es Christine besser“ , stellte sie fest, ohne auf seine Bemerkung einzugehen.
Er versuchte sich zu erinnern, warum er keine Beziehung mit Sandy eingegangen war. Sie war klug und hübsch. Aber das waren alle Frauen gewesen, mit denen er im Bett war. Allerdings hielt keine den Vergleich mit Maggie O‘Dell aus.
„Nick, alles okay mit dir? Können wir etwas für dich tun?“
„Können Sie mir Agentin
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