Maggie O´Dell 02 - Das Grauen
erinnern, dass die Mädchen vom Pizzaservice so süß gewesen waren, damals in seiner Jugend, als er selbst beim örtlichen Pizzalieferanten gearbeitet hatte. Er konnte sich nicht erinnern, dass es überhaupt Mädchen dort gegeben hatte.
Er sah sie den Bürgersteig entlangeilen, das lange blonde Haar hinter ihr her wehend. Sie trug einen süßen Pferdeschwanz, der hinten aus der blauen Kappe der Chicago Cubs herauswippte. War sie der Fan oder vielleicht ihr Freund? Zweifellos hatte sie einen.
Es war zu dunkel, um sich auf die Straßenbeleuchtung zu verlassen. Die Augen brannten ihm schon, und sein Blick war ein wenig verschwommen. Er setzte die Nachtgläser auf und stellte die Vergrößerung richtig ein. Ja, so war es gut.
Er sah sie auf die Armbanduhr schauen, während sie auf der Veranda wartete. Diesmal öffnete ein anderer Mann die Tür. Und natürlich starrte der blöde Arsch sie verblüfft an. Dann fischte er Geldnoten aus den Taschen seiner Jeans, die ihm unter dem Bierwanst hing. Er war ein Dreckschwein, schmutzig, mit Schweißflecken unter den Achseln seines T-Shirts und einem Wust Körperhaare, die ihm aus dem Halsausschnitt ragten. Und ja, ja, da war sie wieder die anzügliche Bemerkung, wie süß sie sei und womit er sie lieber bezahlen würde. Und wieder lächelte sie höflich, obwohl ihr das Blut in die Wangen stieg.
Er wünschte sich, dass sie diesen Idioten in die Eier trat. Vielleicht war das eine Lektion, die er sie lehren konnte. Wenn alles so ablief, wie er es sich vorstellte, dann würde er jede Menge Zeit mit ihr haben.
Sie eilte den langen gewundenen Gehweg zurück zu ihrem glänzenden kleinen Dodge Dart, und der schleimige Bastard, der ihr nur einen Dollar Trinkgeld gegeben hatte, stierte die ganzeZeit auf ihren Hintern. Der Anblick allein war mehr als einen Dollar wert. Der knauserige Scheißkerl. Wie sollte sie denn das College schaffen, wenn sie immer nur einen Dollar Trinkgeld bekam?
Frauen waren eindeutig großzügiger, was die Trinkgelder bei Lieferdiensten anging. Vielleicht entsprang das einem seltsamen Schuldgefühl, weil sie die Mahlzeit nicht selbst zubereitet hatten. Wer weiß. Frauen waren komplizierte, faszinierende Wesen, und er würde das nicht ändern, selbst wenn er könnte.
Er ersetzte das Fernglas aus Gewohnheit durch die Sonnenbrille und weil ihm die entgegenkommenden Scheinwerfer in den Augen brannten.
Er wartete, bis der Dodge Dart an der Kreuzung war, dann wendete er und folgte ihm. Mit dieser Lieferung war sie fertig. Er erkannte den Rückweg zu Mama Mias Pizzadienst an der 59sten Ecke Archer Drive. Der gemütliche Laden lag an der Ecke der kleinen Einkaufspassage des Viertels. Ein „Pump-N-Go“ belegte den anderen Eingang. Dazwischen gab es ein halbes Dutzend kleinerer Geschäfte, einschließlich Mr. Magoos Videos und Sheps Spirituosenladen.
Newburgh Heights war ein so freundliches Viertel, dass es ihm übel wurde. Hier gab es keine Herausforderungen. Auch die süße kleine Pizzalieferantin war keine. Aber darum ging es nicht. Es ging darum, sich zu zeigen.
Die Kleine parkte hinter dem Gebäude neben der Tür und sammelte den Stapel roter Isolierbehälter ein. In wenigen Minuten würde sie mit einer zweiten Lieferung herauskommen.
Auf dem Neonschild von Mama Mia stand auch eine Rufnummer. Er klappte sein Handy auf, wählte die Nummer und überflog einen Immobilienprospekt. Die Beschreibung pries ein Haus im Kolonialstil mit vier Schlafzimmern, Whirlpool-Bad und Lichtkuppelan. Wie romantisch, überlegte er, als ihm eine Frauenstimme ins Ohr plärrte:
„Mama Mias Pizzadienst!“
„Ich hätte gern zwei große Peperoni-Pizzas.“
„Telefonnummer.“
„555-4545“, las er vom Prospekt ab.
„Name und Adresse.“
„Heston“, las er weiter, „5349 Archer Drive.“
„Möchten Sie ein paar Brotstangen und Cola dazu?“
„Nein, nur die Pizza.“
„Es dauert etwa zwanzig Minuten, Mr. Heston.“
„Fein.“ Er ließ das Handy zuschnappen. Zwanzig Minuten waren reichlich Zeit. Er zog die schwarzen Lederhandschuhe an und wischte das Handy mit dem Hemdsärmel ab. Im Vorbeifahren warf er es in einen Abfallcontainer.
Er fuhr südlich den Archer Drive hinunter, dachte an Pizza, ein Bad im Mondschein und das hübsche Liefermädchen mit dem höflichen Lächeln und dem süßen Hintern.
9. KAPITEL
Ihr wollten die Augen zufallen. Ihre Schultern sanken vor Erschöpfung herab. Gwen war kurz vor Mitternacht gegangen. Doch Maggie konnte nicht schlafen. Sie
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