Maggie O'Dell 03 - Schwarze Seele
gekommen.
Er ging auf sie zu, leicht aufgeregt, und glaubte tatsächlich wieder an Wunder.
73. KAPITEL
Tully versuchte sich unter die Menge zu mischen. Er brauchte einen Moment, die im Park verteilten Agenten in Zivil vom Büro in Cleveland ausfindig zu machen. Falls Everett eine Horde von Männern in Schwarz erwartete, würde er Mühe haben, sie zu erkennen. Alle waren auf Position und bereit. Tully kannte zwar die meisten, doch in ihrer gewöhnlichen Alltagskleidung waren sie auch für ihn nicht leicht auszumachen. Vor seinem Wechsel nach Washington D.C. hatte er mit dieser Gruppe an vielen Fällen zusammengearbeitet. Es war ein schönes Gefühl, wieder zu Hause zu sein.
Er sah sich nach Racine um und entdeckte sie in der Nähe der Toiletten am hinteren Ausgang des Parks. Er musste zugeben, dass sie in der abgetragenen Jeans, dem geborgten Cleveland Indians T-Shirt und der ledernen Bomberjacke völlig unauffällig war. Eine junge Frau, die sich für die Auftritte im Pavillon interessierte. Vermutlich bemerkte niemand, dass sie in ihr Jackenrevers murmelte oder die Jacke am hinteren Hosenbund eine Wölbung verbarg. Gleichgültig, welche Vorbehalte O’Dell gegen sie hatte, Racine machte ihren Job verteufelt gut. Vielleicht auch nur aufgrund der drohenden Suspendierung. Chief Henderson verlangte immer noch eine disziplinarische Überprüfung der Vorgänge. Vielleicht versuchte Racine, frühere Fehler auszubügeln. Ihm war es egal, Hauptsache sie versaute diesen Einsatz nicht.
Die Gebetsversammlung hatte ohne Reverend Everett begonnen. Aber laut Stephen Caldwell würde der gute Reverend jeden Moment erscheinen. Obwohl keiner von ihnen bisher Everett oder auch Caldwell gesehen hatte. Zwischenzeitlich brachte eine schöne junge Farbige in purpurner Chorrobe die Menge zum Trampeln, Klatschen und Singen aus voller Kehle. Tully konnte kaum hören, wie sich die anderen Agenten meldeten. Er pochte auf seinen Ohrempfänger, um sich zu vergewissern, dass er richtig funktionierte.
„Tully“, hörte er Racine in sein rechtes Ohr flüstern, „irgendeine Spur von ihm?“
„Nein, noch nicht.“ Er sah sich um, ob jemand merkte, dass er mit sich selbst sprach. „Aber es ist noch früh. Keine Spur von Garrison?“
Ein Brummen, dann: „Ich dachte, ich hätte ihn gesehen, als wir ankamen. Ich bin mir aber nicht sicher.“
„Halten Sie Ausschau nach ihm. Er führt uns wahrscheinlich dorthin, wo was los ist.“
In dem Moment entdeckte er den Jungen, den großen Rotschopf, der auf der anderen Seite den Hügel hinaufging. Er hatte ein Mädchen mit langen blonden Haaren bei sich, und sofort wurde Tully an Emma erinnert.
„Es geht los“, sprach er in das Mikro in seiner Manschette. „Südöstliches Ende des Pavillons, er geht auf die Bäume am Hügel zu. Ich folge ihm, warte auf Unterstützung.“
Er blickte zu Racine, die abgelenkt schien und in die entgegengesetzte Richtung zu den Toiletten schaute.
„Jeder auf seinem Posten?“ flüsterte Tully ins Mikro, meinte aber vor allem Racine.
Sie meldete sich als Einzige nicht zurück. Und jetzt konnte er sie nicht mehr sehen. Verdammt! Was hatte sie vor? Er hatte keine Zeit, sie zu zügeln. Der Junge, dieser Brandon, führte sein nächstes Opfer in ein Wäldchen. Tully drängte sich durch die Menge, ohne das Paar aus den Augen zu lassen. Er war so konzentriert, dass er eine attraktive blonde Frau anrempelte. Erst als sie ihn am Ellbogen festhielt, drehte er sich um.
„R. J.! Was in aller Welt tust du denn hier?“
„Caroline?“
Dann sah er Emma, und vor Sorge verkrampfte sich sein Magen.
„Was machst du in Cleveland?“ wollte seine Ex-Frau wissen.
„Ich bin beruflich hier“, erwiderte er ruhig, um kein Aufsehen zu erregen. Carolines Gesicht zeigte bereits Zornesfalten, doch er dachte nur daran, seine Tochter so schnell wie möglich aus der Gefahrenzone zu bringen.
„Ich kann einfach nicht glauben, dass du zu solchen Tricks greifst“, beschwerte sich Caroline, sah jedoch Emma an und nicht ihn. „Ist das der Grund, warum du unbedingt heute Abend hierher wolltest? Wusstest du, dass dein Vater hier ist?“
Tully sah Emma an, und die wurde rot. Vielleicht war er ja manchmal schwer von Begriff, aber offenbar durchschaute er seine Tochter besser, als ihre Mutter das konnte. Er wusste, dass Emma wegen des athletischen jungen Mannes neben ihr hier war. Der Junge, dessen Blick umhergeschweift war, als wäre er äußerst ungern hier.
„Bitte, Caroline“,
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