Magic Cleaning
etwas wie die Essenz des Gelernten, und es fällt ganz sicher schwer, sie wegzuwerfen. Doch genau diese Seminarunterlagen nehmen viel Platz weg. Und so herrscht in den Räumlichkeiten mancher meiner wissbegierigen Klienten eine geradezu bedrückende Atmosphäre.
Als ich das Zimmer der bei einer Werbeagentur angestellten Frau M. ( 30 Jahre alt) betrat, glaubte ich fast, ich sei in ein steriles Büro geraten. Sofort sprangen mir die Rücken der sauber aufgereihten Ordner ins Auge. «Das sind alles Unterlagen, die ich auf Seminaren bekommen habe», sagte Frau M. Die «Seminarverrückte», wie sie sich selbst und andere sie schon nannten, hatte die Unterlagen sämtlicher im Laufe der Jahre besuchten Fortbildungsveranstaltungen abgeheftet und aufbewahrt. Auch in diesem Fall hörte ich den Standardsatz: «Das möchte ich mir irgendwann noch einmal genau durchlesen.» Aber hat Frau M. das jemals getan? Haben
Sie
das jemals getan? Genau, eben nicht!
Es gibt ein weiteres Seminar-Phänomen, das ich oft in den Häusern meiner Klienten vorfinde: Viele Bildungswütige besitzen Unterlagen zu nahezu identischen Seminaren, die sich sogar vom Titel her nur minimal unterscheiden: «Kräuter aus dem eigenen Garten», «Meine Kräuter», «Selbstgezogene Kräuter», «Mehr Freude am eigenen Kräutergarten» und so weiter und so fort. Woran das liegen mag? Haben die Teilnehmer den Inhalt nicht verstanden, sodass sie eine weitere Veranstaltung zu diesem Thema besuchen? Und noch eine? Und noch eine? Das ist ja an sich nicht schlecht, aber es zeigt, dass die Unterlagen der bisher absolvierten Seminare nie wieder zur Hand genommen wurden und man sich nie darum bemüht hat, das Thema mit Hilfe der Handouts nachzubereiten und zu vertiefen.
Seminarunterlagen erfüllen ihre Aufgabe in dem Augenblick, in dem wir sie erhalten. Der Schlüssel zum Umgang mit diesen Papieren liegt in der Frage, ob wir nach dem Besuch der Veranstaltung das Gelernte umsetzen können. Warum bezahlen wir so viel Geld für die Teilnahme, wenn wir uns das dort vermittelte Wissen auch aus Büchern hätten aneignen können? Doch oft ziehen wir das Seminar der trockenen Lektüre vor. Wir wollen die Atmosphäre erleben, uns mit Gleichgesinnten austauschen oder uns vom Enthusiasmus des Dozenten anstecken lassen. Das heißt, das wirkliche Arbeitsmaterial ist das Seminar selbst, und nicht die Blättersammlung aus Texten, Tabellen und ausgedruckten Overhead-Folien. Wir sollten mit einer solchen Aufmerksamkeit am Seminar teilnehmen, dass wir anschließend die verteilten Unterlagen getrost zum Altpapier geben können. Falls wir es später bereuen, besuchen wir dasselbe Seminar noch einmal … und passen besser auf! Ich persönlich glaube, dass das Horten der Unterlagen uns eher träge macht. Wir merken uns die Inhalte nicht so gut und setzen sie auch nicht so konsequent um. Schließlich hat man ja die beruhigende Gewissheit, dass man notfalls immer wieder in den entsprechenden Ordner hineinschauen kann. Was niemand tut.
Raten Sie, bei wie vielen Seminarmappen, die ich jemals antraf, der Rekord liegt! 30 ? Nein. 70 ? Nein. Es waren sage und schreibe 190 . Ich brauche nicht extra zu erwähnen, dass ich die Klientin alle wegwerfen ließ.
Kreditkartenabrechnungen
Auch Kreditkartenabrechnungen gehören zügig entsorgt. Was ist denn eigentlich der Zweck dieser Kontoauszüge? Für die meisten von uns ist es doch nur eine Mitteilung, wie viel Geld wir für welche Dinge im vergangenen Monat ausgegeben haben. Wir überprüfen sie kurz, übertragen die Posten ins Haushaltsbuch (falls wir eins führen) und werfen das Papier weg. Sie meinen, «vielleicht brauche ich die Abrechnungen als Beweismittel in einem Gerichtsfall wegen einer ungerechtfertigten Abbuchung», doch das wird kaum der Fall sein. Es ist nicht nötig, für so ein unwahrscheinliches Szenario Berge von Papier aufzubewahren. Das gilt auch für die Mitteilungen über den Lastschrifteinzug der Gebühren für öffentliche Versorgungsunternehmen. Werfen Sie das alles einfach weg.
Vor einiger Zeit hatte ich Klienten, die sich extrem schwer damit taten, Unterlagen, Schriftstücke und Ähnliches zu entsorgen. Es handelte sich um ein Rechtsanwaltsehepaar. «Wenn wir das mal vor Gericht brauchen, was sollen wir dann tun?», lautete ihre Sorge, während die Papiermassen aus sämtlichen Ordnern quollen. Doch es gelang mir schließlich, sogar die beiden Juristen dazu zu bewegen, fast alle Unterlagen wegzuwerfen. Und wenn die
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