Magic Cottage
waren? Oder hatte sich seine Halluzination, seine Hysterie, in meinen Verstand eingeschlichen? Ich konnte mir nicht mehr sonderlich vieler Dinge sicher sein in diesem Haus.
»Du kannst nicht mitten in der Nacht aufbrechen«, sagte ich mit einer Milde zu ihm, die ich kaum empfand. »In deinem Zustand kannst du nicht fahren, du mußt dich beruhigen und ausschlafen.«
»Schlafen? Du bist verdammt übergeschnappt, wenn du glaubst, daß ich hier schlafen werde!« Und er schaute sich wieder wie gehetzt um.
»Es ist fast drei Uhr morgens«, warf Val ein, die über uns alle aufragte. »Viel zu spät für jede Reise. Wir werden uns zu dir setzen, bis es hell ist, und wenn du dann immer noch möchtest, kannst du fahren.«
Wir prallten alle zurück, als Bob loskreischte.
»Jetzt! Verdammt, ich will jetzt hier raus!«
Er drosch auf das Bett ein wie ein verwöhntes Kind, das sei-. nen Willen nicht durchsetzen konnte. Er machte Anstalten, aufzustehen, und ich packte ihn an den Schultern und drückte ihn zurück - und brauchte meine ganze Kraft dazu. Geschockt sah ich, daß Speichel in seinen Mundwinkeln glitzerte.
»Laßt ihn in Ruhe«, rief Kiwi und zerrte an meinem Arm. »Ich werde fahren, ich bringe ihn nach Hause!«
»Er ist in einem katastrophalen Zustand —«
»Ich glaube, so ist es am besten, Mike.«
Überrascht schaute ich über die Schulter zu Midge. »Es ist für beide zu gefährlich, solange er in diesem Zustand ist.«
»Er wird sich beruhigen, sobald er von hier wegkommt«, antwortete sie.
»Das wissen wir aber nicht sicher.«
»Es ist gefährlicher für ihn, wenn er bleibt.«
Verwundert wandte ich mich wieder Bob zu; Tränen strömten über sein Gesicht und auf das Kissen darunter.
»Vielleicht hat sie recht«, meinte Val. »Ich würde ihn gehen lassen, Mike.«
Verunsichert lockerte ich meinen Griff, aber ich ließ ihn nicht los. »Bob, hör mir jetzt genau zu.« Ich hielt ihn am Kinn fest, damit er mich ansehen mußte. »Du kannst dich anziehen, und dann bringen wir dich zu deinem Wagen. Kiwi wird fahren, okay? Hast du mich verstanden?
»Klar hab ich dich verstanden, zum Teufel. Laß mich los; laß mich aufstehen. Oh Gott, ich habe . ..« Wieder konnte er den Satz nicht zu Ende führen.
Ich ließ ihn los und stand auf. Er setzte sich hin, und Kiwi schob sich an mir vorbei und nahm ihn in die Arme.
»Hilf ihm beim Anziehen«, bat ich sie. »Wir warten unten.«
Trotzdem blieben wir noch, bis wir sahen, daß sich Bob einigermaßen gefangen hatte. Seine Bewegungen waren nach wie vor unstet, und er zitterte wie im Fieber, aber er schien wirklich wieder zur Vernunft zu kommen. Allerdings sahen wir auch, daß er noch immer verängstigt war.
»Ich mache Kaffee«, sagte Midge ruhig, und sie und Val gingen zur Treppe. Ich nahm mir die Zeit, in unser Schlafzimmer hinüberzugehen und Jeans und Turnschuhe anzuziehen; den Morgenmantel ließ ich an. Bevor ich nach unten ging, schaute ich noch einmal zu Bob hinein; Kiwi war bereits angezogen und stopfte Reservekleider und Toilettenartikel in ihre Reisetasche. Bob knöpfte sehr bedachtsam sein Hemd zu und behielt die Wände im Auge, als könnten sie jeden Moment wieder in Bewegung geraten.
Er tat mir leid, und ich war wütend auf ihn. Und natürlich machte ich mir Sorgen um ihn. Aber plötzlich bekam ich auch Angst um Midge und mich; und zwar sehr.
Kiwi war Bob mit seiner Jacke behilflich, und ich war bereit, hinzuzuspringen und ihn festzuhalten, falls seine Panik wieder übersprudeln sollte; ich sah, daß die Hysterie dicht unter der Oberfläche saß — kaum in Zaum gehalten.
»Bob«, sagte ich. »Mir wäre wohler, wenn du nicht fahren würdest. . .«
Er starrte mich an, als sei ich derjenige, der in ärztliche Behandlung gehörte, und die Wildheit seines Gesichtsausdrucks war absolut unüblich für jemanden, der unter Heroin stand: Okay, da war eine gewisse Verträumtheit, aber eine von der Alptraumsorte.
Plötzlich packte er mich an beiden Armen; seine Worte kamen gepreßt und verzerrt. »Was ist das . . . was ist das für ein Ort?« Und das war alles, was er sagte.
Er ließ mich genauso abrupt wieder los und packte Kiwi und zog sie zur Tür. Aber bereits im Flur draußen schwankte er, und seine Freundin mußte ihn stützen, er wackelte noch immer mit dem Kopf, und einen Moment lang glaubte ich, er würde ohnmächtig werden.
»Er will nicht da hinuntergehen«, rief Kiwi über die Schulter zu mir zurück. »Laß uns gleich hier hinaus, Mike, bitte —
Weitere Kostenlose Bücher