Magic Cottage

erklärte sie. »Mit diesem Bild von Gramarye.«
    »Weiter«, sagte ich argwöhnisch.
    »Gleich als ich es das erste Mal sah . . . bevor . . . bevor es zerstört wurde, fiel mir etwas auf. Ich spürte, daß ich dieses Bild irgendwann schon einmal gesehen hatte . . .« Die Statik überlagerte ihre Stimme zwei oder drei Sekunden lang - »... nicht erinnern, wo. Ich habe mir gesagt, daß ich mir das nur einbilde, nach der ermüdenden Fahrt zu euch hinunter kein Wunder. Trotzdem ... Es war, als würde ich das Ganze in natura sehen, sozusagen, als ich an diesem Abend bei euch ankam. Ich nahm an, daß das, was ich für déjà vue gehalten hatte, in Wirklichkeit diese Übereinstimmung der Realität mit der Phantasie des Gemäldes war .. .«
    »Val, die Leitung kann jeden Moment zusammenbrechen . . .«
    »Schon gut, ich komme zur Sache, Mike. Es geht um ein Buch, das Midge vor Jahren illustriert hat. . .«
    Plötzlich war sie wieder weg; das Prasseln wurde stärker. Aber nach einem weiteren kräftigen Klopfen legte sich der Aufruhr wieder. Meine Handfläche rötete sich unter den Schlägen, die sie abbekam.
    »Es tut mir leid, aber ich hab's nicht mitbekommen. Von welchem Buch redest du?«
    »Es heißt Zauberers Königreich - vielleicht kennst du's?«
    »Ja, ich erinnere mich.«
    »Okay, ihr müßtet es haben. Hol's dir her und schau dir Seite siebenundzwanzig an.«
    »Was?«
    »Sieh genau hin, dann weißt du, was ich meine ...«
    Ich riß den Hörer weg; das Rauschen und Prasseln schien fast in mein Ohr hinein zu explodieren. Es hörte sich nach einem ziemlichen Volltreffer am anderen Ende der Leitung an.
    »Mike, bist du noch dran?«
    »Mit Müh und Not.. .«
    »Kannst du mich hören?«
    »Paß auf, Val«, brüllte ich, »ich ruf' dich später zurück.«
    ».. . die Illustration . . .«
    »Okay, okay!« Keine Ahnung, ob sie meine eilige Verabschiedung mitbekam, aber es war eine Erleichterung, den Hörer auf die Gabel zu knallen.
    Ich blieb einen Moment länger im Flur, um über das nachzugrübeln, was mich Val zu tun gebeten hatte: Ich marschierte geradewegs ins runde Zimmer und ans Bücherregal. Ich suchte die Titel durch - aber Zauberers Königreich war nicht dabei. Andererseits hatten wir eine Menge Bücher, und Midge hob die von ihr illustrierten nicht besonders hervor. Der unbewohnte Raum, in dem wir den größeren Teil unserer Sammlung aufbewahrten, war meine nächste Anlaufstelle. Ich suchte die überladenen Regale ab, und da war es — Zauberers Königreich.
    Es war eine kleinformatige Ausgabe, eine Erzählung von Feen und Hexen und Zauberern und Drachen, die auf Fünf- bis Elfjährige zugeschnitten war, aber auch — wie man vom Herausgeber erfuhr — von vielen Erwachsenen gerade wegen der Illustrationen gekauft wurde, die unter Kennern bereits Kultstatus hatten.
    Ich hakte einen Finger am oberen Einbandrücken fest und zog das Buch heraus. Obwohl es nicht dunkel war in dem Zimmer, trug ich meinen Fund zum Fenster hinüber.
    Der Wald draußen sah sehr still und sehr dicht aus.
    Ich blätterte das Buch durch; die kräftigen Farben der Illustrationen waren nicht mehr als vorbeiwischende kaleidoskopartige Muster.
    Siebenundzwanzig.
    Ich drückte die Seiten flach.
    Fluchtpunkt des Bildes war ein weißes Schloß mit zahlreichen Türmchen. Vage konnte ich mich noch an den Handlungsfaden erinnern: Es war ein verzaubertes Schloß und von einem Magier bewohnt, der zwar die größte Kanone war im ganzen Land, aber auch alt, und der nun immer wieder versagte und einen würdigen Nachfolger suchte, bevor die dunklen Mächte, die Wälder und Unterwelt durchstreiften, seine Gebiete vereinnahmen konnten.
    Ich verzog das Gesicht; unfähig, eine Parallele zu Midges jüngstem Gemälde abzuleiten. Das heißt — bis ich genauer hinsah.
    Im Vordergrund des Bildes war ein Elfendorf, rotbehaubte Pilze dienten als Häuser, die Straße bestand aus mosaikartig zusammengefügten, leuchtend-bunten Steinen. Auch die Elfen selbst waren ein ziemlich vergnügtes Völkchen. Weiter hinten begann der Wald. Und wie der echte Wald draußen vor dem Fenster war er sehr still und sehr dicht.
    Dahinter erhoben sich in helleren Schattierungen die Hügel, eine Straße schlängelte sich aus dem Wald heraus und darauf zu, und auf einem dieser Hügel erhob sich das verzauberte Schloß; der alte Zauberer stand auf dem höchsten Turm — winzig klein, aber deutlich zu erkennen.
    Im Wald gab es eine kleine Lichtung, und auf dieser Lichtung stand ein ebenfalls