Magic Girls 05 - Die grosse Prüfung
im
Hexen-Kurier
, vor sich eine große Tasse Tee, in dem winzige aufgebrühte Krokodil-Eier schwammen. Theobaldus Magnus schwor auf dieses Stärkungsmittel, er behauptete, nichts sei besser für seine Zauberkraft. Eusebius wurde schon allein beim Gedanken an Krokodil-Tee schlecht.
»Auch schon wach?«, fragte Theobaldus spitz und sah von seiner Zeitung auf.
»Ja, ich war einfach ungeheuer müde«, log Eusebius und warf einen verstohlenen Blick zur Wanduhr. Sie bestand aus einer Schädeldecke, auf der goldene Ziffern angebracht waren. Es war fast Mittagszeit. »Entschuldige bitte, dass es so spät geworden ist.« Er nahm sich eine Tasse und füllte sie mit Wasser und einem Löffel Pulverkaffee. Mit einer Bewegung des Zeigefingers brachte er das Wasser zum Kochen, während er sich an den Tisch setzte.
»WO BIST DU GEWESEN?«, schrie Theobaldus seinen Neffen an und knallte die Zeitung auf den Tisch. »Glaubst du, ich habe nicht gemerkt, dass du weg warst? Und du riechst nach
Besserwisserischem Wasser
– das stinkt meilenweit gegen den Wind, obwohl du geduscht hast.«
Eusebius wurde rot und suchte fieberhaft nach einer Antwort. »Ich … ich war in der
Magischen Universität
und habe das
Wasser-Orakel
befragt, was ich tun soll. Du weißt, dass ich mir schon lange wünsche, an der Universität Zauberei zu studieren.« Huh, er hatte Glück, dass ihm so schnell eine einigermaßen überzeugende Antwort einfiel.
»Genügt dir der Unterricht bei mir nicht mehr?«, fragte Theobaldus. Seine Stimme hatte einen drohenden Unterton.
»Doch … das heißt, ich war mir nicht sicher«, log Eusebius. »Ich dachte, dass ich an der Universität vielleicht noch mehr erfahren kann. Aber … aber das
Wasser-Orakel
sagte mir, dass ich … äh … meinen Meister zu Hause finde.« Er fand, dass seine Worte ziemlich gut klangen, und wurde etwas ruhiger.
Theobaldus lächelte plötzlich. »Da hat das Orakel die Wahrheit gesagt«, meinte er. »Den Meister findest du zu Hause, ganz richtig. Keiner kann dir mehr beibringen als er. Am besten fangen wir gleich damit an, dein Wissensdurst scheint ja ungeheuer zu sein.« Er trank den letzten Schluck Tee und stand auf. »Komm mit.«
Eusebius stellte seine Kaffeetasse auf den Tisch zurück und folgte seinem Onkel. Insgeheim schämte er sich dafür, dass er gelogen und Theobaldus als »Meister« bezeichnet hatte. Was für eine plumpe Schmeichelei! Ganz klar, dass Theobaldus jetzt nichts Eiligeres zu tun hatte, als mit dem Unterricht zu beginnen.
Ich bin selbst dran schuld!
, dachte Eusebius verdrossen, während er mit knurrendem Magen hinter seinem Onkel herging.
T heobaldus Magnus führte seinen Neffen nicht in sein Arbeitszimmer, in dem normalerweise die Übungsstunden stattfanden, sondern betrat mit ihm den Keller. Eusebius war überrascht und wenig erfreut darüber, ihm stand jetzt nicht der Sinn nach Dämonen oder Geisterbeschwörung. Wollte sein Onkel jetzt damit anfangen, ihn in die Kunst der Geisterbefragung einzuweisen? Er hätte sich viel lieber ins Bett gelegt und von Miranda geträumt. Doch er ließ sich nichts anmerken, um seinen Onkel nicht zu reizen.
Wieder ging es durch endlose Gänge, bis die beiden Männer die Familiengruft erreichten. Dort war die Luft so schlecht, dass es Eusebius fast übel wurde und er sich an einem steinernen Sarkophag festhalten musste. Warum war er auf einmal so empfindlich? Lag es vielleicht daran, dass er zu wenig Schlaf bekommen hatte? Oder hatte ihn das
Wasser-Orakel
besonders sensibel gemacht?
Theobaldus lächelte Eusebius zu.
»Es erwartet dich eine Überraschung ganz besonderer Art. Und auch nur, weil ich dich bei den
Schwarzen Zauberkutten
als meinen Nachfolger einführen möchte und dir vertraue wie meinem Sohn, sollst du das Geheimnis kennenlernen, das sich in unserer Familiengruft verbirgt.« Er klopfte mit seinen Fingerknöcheln auf den steinernen Sarg, der ganz links in der Gruft stand.
Eusebius runzelte skeptisch die Stirn. Musste man wirklich nur auf einen Sarg klopfen, um die Ahnen zu befragen? Er hatte immer gedacht, dass Geisterbeschwörung eine komplizierte und nicht ganz ungefährliche Angelegenheit war …
Auf einmal ertönte ein Knirschen. Eusebius sah, wie sich der Sargdeckel bewegte. Zentimeter um Zentimeter wurde er beiseitegeschoben. In dem Spalt erschien eine Hand, die mit ungeheurer Kraft den Deckel weiter aufdrückte. Eusebius erstarrte und spürte, wie sich seine Nackenhaare aufstellten. Wer lag in diesem Sarkophag?
Der
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