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Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt

Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt

Titel: Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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sein. Aber wer soll sonst das Sagen haben? Du?«
    »Raimund!«,
sagte Dave.
    Nun
schauten alle zu Raimund. Raimund nahm, wie um Bedenkzeit herauszuschinden,
einen langen Schluck aus seiner Bierflasche. Dann sagte er: »Wir machen das,
was Ferdi sagt, weil Ferdi und ich sind die Chefs und Ferdi hat recht.«
    »Aber du
hast doch …«, begann Dave.
    »Ja, aber
ich hatte Unrecht«, sagte Raimund. »Wenn man Magical Mystery macht, dann kann
man nicht einfach nur dahin fahren, wo eh alles easy ist.«
    »Ist es
doch gar nicht!«
    »Ist es
doch. Bis jetzt hat noch niemand gesagt: ›Was soll der Scheiß?‹« Raimund
blickte sich triumphierend um und es war klar, dass ihm diese Erkenntnis gerade
erst gekommen war. »Niemand hat bis jetzt gesagt: ›Das habe ich mir aber
anders vorgestellt‹. Oder ›scheiß Tekkkno‹ oder so. Hat noch keiner
gesagt. Und keiner hat mit Bierflaschen geworfen.«
    »Verstehe
ich nicht«, sagte Dave.
    »Das ist
mir schon klar, dass du das nicht verstehst, Dave«, sagte Raimund. »Deshalb
machen wir ja auch das, was Ferdi sagt, und nicht das, was du sagst!«
    Er hob
seine Bierflasche und prostete Ferdi zu! Ferdi sagte, wie um abzuwiegeln: »Auf
keinen Fall dürfen wir da aber zu früh auftauchen. Schrankenhusen-Borstel
heißt: Schnell rein, schnell raus. Und okay, wegen Übernachtung: Ich schlage
vor, wir buchen einfach das Fluxi hier in Hamburg weiter, dann müssen wir da
nicht pennen. Das sollten wir noch eben klären. Und dann noch ein bisschen in
Hamburg bleiben, da haben wir jetzt noch jede Menge Zeit.«
    »Und was
machen wir in Hamburg?«, fragte Rosa.
    »Mal
Charlie fragen«, sagte Ferdi. »Du hast doch hier gewohnt, Charlie! Was kann man
machen, wenn man hier noch ein paar Stunden totschlagen will?«
    »Das ist
einfach«, sagte ich. »Hafenrundfahrt!«

61. Marcel Marceau
    Natürlich hätte ich auch Hagenbeck sagen
können oder auf den Turm vom Michel gehen oder Teufelsbrück oder Stadtpark
oder was weiß ich für einen Scheiß, es war ganz gutes Wetter, vielleicht hätte
man auch ein paar Ruderboote an der Außenalster mieten können oder es war
gerade Dom in Hamburg, es war ja irgendwie immer Dom, so war es mir jedenfalls
in den letzten fünf Jahren in dieser Stadt vorgekommen, aber das waren alles
Sachen, die ich mit den anderen von Clean Cut 1 schon tausendmal an den sinnlosen
Sonntagen bei Sonnenschein und Regen, bei Wind und Wetter, sommers wie winters gemacht
hatte, das hätte mich deprimiert, den gleichen Kram mit den kleinen Rave-Strolchen
noch einmal zu machen und ich dabei der Werner, der die Leute in die
Ruderboote verteilt oder an den Tieren vorbeischeucht, das war eine schlimme
Vorstellung, deshalb Hafenrundfahrt, denn Hafenrundfahrt war etwas, was Werner
immer abgelehnt hatte, »da können wir auch gleich einen Partybus mit Schnapsbar
mieten«, hatte er immer gesagt, und es reizte mich natürlich, das jetzt gleich
mal auszutesten, das als eine von diesen Wernerwarnungen zu nehmen, denen man
sich stellen musste, ich hatte das Hofbräuhaus und die Äppelwoi-Kneipe und
sogar den München-Gig mit Holger überlebt, ohne was genommen zu haben,
vom Eiscafé »La Romantica« ganz zu schweigen, da brauchte ich vor einer
Hafenrundfahrt keine Angst zu haben, dachte ich, im Gegenteil, es war ein
bisschen wie ein Spiel, ein Psychofernschach, das ich mit Werner spielte,
obwohl, Fernschach, das klingt nach Nachdenken und Kontrolle und Intelligenz,
dabei war es wohl doch eher ein Hindernisparcoursquatsch wie früher in Spiel
ohne Grenzen, wo die Vollidioten auf Stelzen durch Schlamm waten und dabei
wassergefüllten, aus Kanonen abgeschossenen Ballons ausweichen mussten, Karl
Schmidt gegen die Drogenwelt der Normalos und der Raver, ein Sperrfeuer der
alkoholischen und kokainistischen Verlockungen, so sah ich das, als ich die
Hafenrundfahrt vorschlug, und ich kam mir ziemlich heldenhaft dabei vor, das
war ein bisschen hochmütig und auch voreilig, das muss ich zugeben und die
kleinen Sünden straft der Liebe Gott sofort, wie Klaus-Dieter, der alte
Spruchweisheitenautomat, gesagt hätte, denn als wir schließlich und endlich,
nach einem längeren telefonischen Hin und Her mit dem Fluxi Budget Harbor
Nobistor Hamburg, in dessen Verlauf wir erreichten, dass wir unsere gerade
verlassenen Zimmer für einen weiteren Tag behielten und wir also jederzeit
wiederkommen konnten, als wir also nach alldem schließlich und endlich,
dirigiert von einem der Anreißer auf den Landungsbrücken, den

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