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Magical Mystery

Magical Mystery

Titel: Magical Mystery Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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raus, lass uns noch kurz warten, sonst kotzt er euch den ganzen Weg voll!«
    »Gleich kommt die Security, der muss schnell raus.«
    »Nun warte doch mal kurz!«
    Jetzt kamen zwei Frauen in Kittelschürzen dazu, die hatten Eimer, Wischlappen, Gummihandschuhe, das ganze Programm. »Können wir da mal ran bitte?!«, rief eine von ihnen.
    »Moment noch!«, rief ich. Basti schwankte hin und her. Die Blaskapelle machte gerade eine Pause und es war ganz still im Hofbräuhaus und wir hatten alle nur Augen für Basti und warteten gespannt, was er wohl als nächstes tat.
    Basti tat erst einmal gar nichts. Er schloss den Mund, atmete tief und zischend durch die Nase ein, hielt die Luft an und schaute sich um.
    Dann fing er wieder an zu singen. Ein Lied, das nur er verstand, aber ganz eindeutig ein Lied.
    »Gleich kommt die Security!«, sagte der Kellner.
    Ich legte Bastis linken Arm um meine Schulter und schleifte ihn raus, während er immer weiter sang. Die Blaskapelle blieb stumm, er hatte das ganze Publikum für sich. Zu Ferdi rief ich: »Ich bringe ihn ins Fluxi, dann komme ich wieder!« Ferdi nickte und hob beide Daumen. Die Frauen fingen an, den Tisch sauberzumachen. Die Blaskapelle spielte ein neues Lied. Basti sang sein altes weiter.

50. Die Zombie-Armee
    Die frische Luft tat Basti ganz gut, er ließ sich zwar weiter von mir mitschleifen statt selbst zu laufen, aber sein Gesang wurde kräftiger und auch verständlicher, es ging in seinem Lied um einen jungen Mann, der seine Braut und seinen Sohn sehen wollte und die dann aber auf der Totenbahr fand, wobei er an der Zeile »Lieschen lag mit ihrem Söhnchen auf der Totenbahr« irgendwie hängenblieb wie eine Schallplatte, die einen dicken Kratzer hat, und das nervte dann doch ziemlich, deshalb sagte ich ihm, dass ich ihn, wenn er nicht die Schnauze hielte, in den Rinnstein werfen würde, und dass er sich schämen solle, so einen Scheiß zu singen und wo er das überhaupt herhabe, was ich aber nicht etwa aus Interesse fragte, sondern in der Hoffnung, dass er über den Versuch, mir darauf zu antworten, das Singen vergessen würde, und so war es auch, er stotterte sich irgendwas zusammen, das darlegen sollte, warum es gerade für die Hosti Bros als elektronische Musiker, die auch ein DJ-Team waren, wichtig war, »sich mit Liedern, sich mit Liedern, sich mit Liedern, also jedenfalls mit Liedern …«, und dann schlief er ein, was das Mitschleifen erschwerte. Gottseidank war er eher mager und klein, also das genaue Gegenteil von mir, und ich nahm ihn mühelos und legte ihn mir über die Schulter, und zwar so, wie es mir Frankie mal gezeigt hatte, das war jetzt aber ewig her, zehn, fünfzehn Jahre, Frankie, die alte Socke, wir hätten ihn nicht dauernd Herr Lehmann nennen sollen, dachte ich, als ich Basti im Gamstragegriff, so hatte Frankie das genannt, er hatte das in der Armee gelernt, als ich also Basti im Gamstragegriff quer über den Viktualienmarkt trug, was hier irgendwie nicht weiter auffiel, schon der singende Basti war kein großer Eyecatcher gewesen, als Garns auf der Schulter war er praktisch unsichtbar, das imponierte mir, die waren wohl einiges gewohnt, die Münchner.
    Ich legte ihn auf die Rückbank und da schnarchte er dann vor sich hin, während ich uns zum Fluxi fuhr, das zwar Fluxi Maxx Munich 2 hieß, deshalb aber noch lange nicht in München lag, sondern in Unterschleißheim, das war oben im Norden, und der Weg dahin war weit, ich brauchte über eine halbe Stunde. Als wir endlich angekommen waren, legte ich mir einen Arm von ihm um die Schulter und zerrte ihn so aufrecht es ging ins Hotel und lehnte ihn gegen den Tresen und haute auf die Klingel und schon kam jemand herbei.
    »Ich bin Karl Schmidt, da muss für mich ein Zimmer gebucht sein, auf BummBumm Records oder Kratzbombe.«
    »Moment, Moment …« Es war ein junger Typ, er sah ein bisschen wie ein Student aus, er hatte auch ein Buch in der Hand und als er es aufgeklappt hinlegte, um in seinen Computer hineinzutippen, konnte ich den Titel erkennen, es war Golo Manns »Deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts«, eindeutig ein Sonderling, der Fluxi-Mann, wahrscheinlich Geschichtsstudent, »… so, hier, das stimmt, Sie wurden von Herrn Müller, Ferdinand, eingecheckt auf Zimmer Nr. 105, das ist ein Einzelzimmer«, bla, bla, der Mann kramte und kramte in seinem Computer herum und währenddessen rutschte Basti mir langsam zu Boden, was würde Golo Mann dazu sagen? Als ich endlich meine

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