Magical Village 1 Zimt und Zauber
schräg, hier das Liebesleben meiner Mutter zu diskutieren. Aber ich bin keineswegs so egoistisch, dass ich der Meinung wäre, sie hätte keines verdient.«
»Mit mir?« Joel schuf Platz auf dem Tisch, als Mrs Elkins mit seiner Bestellung kam.
»Natürlich mit dir. Es mag verrückt klingen, aber du weißt ja, dass ihr meiner Ansicht nach wie füreinander geschaffen
seid, auch wenn Mum das nicht erkennen kann.« Doll schob mit einem Seufzer ihren Teller von sich. »Hör mal, wenn Knutschen und öffentliche Bekanntmachungen nichts nützen, wirst du eben einen anderen Weg finden müssen, um sie zu überzeugen.«
Mitzi parkte den Wagen hinter der Bank und angelte ihre Handtasche vom Rücksitz. Die kurze Fahrt von Hazy Hassocks nach Winterbrook war in dem immer dichter werdenden Nebel ganz schön unheimlich gewesen. Sie hoffte wirklich, dass es an Heiligabend bei der Hochzeit nicht auch so neblig wäre. Sie hatte sich Dolls großen Tag immer als klar, kalt und sonnig mit blauem Himmel vorgestellt. Nebel würde allen die Haare kräuseln und sämtliche Fotos ruinieren.
Die Heirat war einer der Hauptgründe, warum sie hier in Winterbrook war. In den wenigen Tagen seit dem unverhofften Erfolg der Grünen Gewänder im Gemeindesaal hatte sie das Menü für die Hochzeitsfeier fertiggestellt. Von den etwas exotischeren Speisen im Angebot gab es nun eine gemäßigte Version der Grünen Gewänder – weniger Safran und sehr viel weniger Chlorophyll -, um für ein gewisses Prickeln zu sorgen, ohne dass gleich eine Orgie ausbrach, und auf diese Weise müsste auch jedermann seine natürliche Hautfarbe behalten. Die Schäumenden Träume waren stromlinienförmig schlank gelungen, nur die Mistelzweig-Meringen befanden sich, na ja, okay, noch im Prototyp-Stadium. Die restlichen Speisen waren anhand von Grannys eher einfachen Rezepten leicht zubereitet, und Otto und Boris vom Faery Glen hatten auch noch einen richtigen Hochzeitskuchen als Geschenk für das glückliche Brautpaar gestiftet.
Nach Tarnias unerwarteter Belobigung ihrer Kochkünste
war es ihr außerdem gelungen, einige ganz hübsche kleine Speisekarten und Preislisten für »Großmütters Genüsse« auf ihrem Laptop zu erstellen. Nachdem sie die Faltblätter überall in Hazy Hassocks verteilt hatte, plante sie nun, sie in Winterbrook an öffentlichen Orten auszulegen. Mal sehen, was dann passierte. Doch vorher hatte sie noch eine ganz persönliche Mission zu erledigen.
Die Bank, spukschlossartig wie immer, ragte aus dem gelblichen Nebel wie eine Burg in Transsilvanien. Die Lichter waren kaum sichtbar. Mitzi schauderte und eilte hinein.
Sie sah sich im Foyer um, stuckverzierte Wände, geschnitztes Holz und Kronleuchter. Was für Neuerungen Troy und Tyler im Verwaltungssystem der Bank auch immer eingeführt haben mochten, äußerlich hatte sich nichts verändert. Als sie sich in die Warteschlange für einen freien Platz am Schalter einreihte, war Mitzi ziemlich unbehaglich zumute. Es hatte ihr sehr widerstrebt, die Bank zu verlassen, aber jetzt … ihr Leben hatte sich in so vieler Hinsicht verändert. Sie fühlte sich befreit, erfüllt und glücklicher als je zuvor. Troy Haley hatte ihr, ohne es zu ahnen, einen riesigen Gefallen getan.
Sie hoffte, dass sie ihm diesen Gefallen vergelten könnte.
Als sie endlich zum Schalter kam, saß eine wildfremde Mitarbeiterin hinter dem Sicherheitsglas, die zudem kaum älter als zwölfeinhalb Jahre alt aussah. Ihrem Namensschild zufolge nannte sie sich Kelly-Jo.
»Ich möchte meine Konten auflösen«, sagte Mitzi vergnügt. »Beide. Girokonto und Sparbuch. Ich wechsle zur Bausparkasse in Hazy Hassocks, weil die jetzt auch Bankdienstleistungen anbieten.«
»Null problemo«, antwortete Kelly-Jo fröhlich. »Aber Sie
hätten dafür nicht extra herkommen müssen. Die Bausparkasse könnte das online abwickeln. Läuft sowieso alles übers Internet heutzutage.«
»Das ist mir schon klar. Ich bin ja nicht senil«, antwortete Mitzi gereizt. »Mir ging es nur um die Befriedigung, meine Konten persönlich zu kündigen, um meine letzten Bande zu diesem Ort zu kappen.«
»Was wollten Sie bitte?«
»Ich habe hier gearbeitet«, sagte Mitzi. »Mein ganzes Berufsleben lang habe ich hier gearbeitet. Ganz plötzlich hat man beschlossen, dass ich nicht länger gebraucht würde. Nun bin ich in der glücklichen Lage, dass auch ich diese Bank nicht länger brauche. Könnten Sie also bitte veranlassen, dass diese Guthaben auf meine neuen Konten
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