Magical Village 1 Zimt und Zauber
verfingen sich in ihren Haaren, und die bis dahin zurückgehaltenen Tränen liefen ihr über die Wangen. »Bitte, Joel …«
»Nicht weinen.« Er rappelte sich auf und schlüpfte in seine Schuhe. »Bitte nicht weinen. Wir hatten eine tolle Zeit – haben einander glücklich gemacht. Es wäre Unsinn, das jetzt in Tränen enden zu lassen. Tut mir leid, wenn ich die Botschaft falsch verstanden oder die falschen Signale ausgesandt habe.«
»Hast du nicht. Es liegt an mir. Ich habe alles verdorben. Bitte lass mich dir sagen -«
Er hatte sein Jackett von der Stuhllehne gerissen, sodass der Christbaum gefährlich ins Schaukeln geriet und eine Kaskade Fichtennadeln zu Boden rieselte.
»Geh nicht. Du kannst doch nicht. Du weißt schon – Alkohol und Auto fahren …«
»Ich komm schon klar.« Sein Blick war ebenso diamanthart wie sein Ohrstecker. »Zumindest wissen wir jetzt, wo wir stehen. Wie gut, dass ich mich nicht noch mehr zum
Narren gemacht habe. Bemüh dich nicht, ich finde selbst hinaus.«
Und Mitzi hatte ihn gehen sehen, mit einem Kloß im Hals vor lauter Elend, und die Einsamkeit umfing sie schon, noch ehe er die Haustür zugeknallt hatte.
Nun, über zwölf Stunden später, waren ihre Gefühle noch genau dieselben.
Es war alles ihre Schuld. Sie war so aus der Übung mit den Spielregeln der Liebe. Warum, oh warum nur hatte sie nicht aufrichtig sein können und ihm einfach erzählt, was sie sich wünschte? Was sie sich erträumt hatte? Er hätte sie nicht ausgelacht. Joel war nicht so gemein. Er hätte es verstanden, vielleicht sogar ihre romantischen Träume geteilt oder zumindest so getan als ob. Aber jetzt nicht mehr. Jetzt war es viel, viel zu spät. Wegen ihrer dummen Träume und ihrer lächerlichen Unerfahrenheit hatte sie etwas in den Augen eines Mannes Unverzeihliches getan – auf dem Gipfel der Leidenschaft ihre Meinung geändert. Sie hatte ihn verletzt und gekränkt. Eine zweite Chance würde es nicht geben.
Mitzi starrte auf ihr Spiegelbild im Küchenfenster. Sie sah genauso alt aus, wie sie war, und noch gut hundert Jahre älter. Das Make-up von gestern Abend hatte sich in den Hautfalten festgesetzt, sie hatte Tränensäcke und dunkle Ringe unter den Augen, Klümpchen getrockneter Wimperntusche hingen an ihren verklebten Wimpern wie bei der Karikatur einer Lebedame, und ihr Haar war matt und struppig. Ihre Haut schien in Falten zu hängen, die fast bis auf den Kragen ihres angeschmuddelten Frotteebademantels lappten – der, den sie zum Herumgammeln anzog, nicht der elegante aus cremefarbener Seide, mit dem sie in Joels Gegenwart lässig ihre Blöße hatte bedecken wollen.
»Herr im Himmel …«
Richard und Judy tauchten sich reckend aus dem Wäschekorb auf, in der Hoffnung auf ein zweites Mittagessen, und schauten sie mit bedingungsloser Liebe an. Sie streichelte die beiden, und das doppelmotorige vibrierende Schnurren beruhigte sie ein wenig.
»Zumindest ihr beide liebt mich – ach Mist!« Sie sah hoch, als die Küchentür aufging. »Hoffentlich ist das nicht Flo, die auf eine Tasse Kaffee und ein Schwätzchen rüberkommen will – nicht jetzt. Ach du Schande …«
»Freut mich auch, dich zu sehen!« Lance strahlte sie an. »Liebe Güte, Mitzi! Bist du krank? Du siehst wirklich schlimm aus. Entschuldige, wenn es gerade nicht passt – hast du meine Nachricht nicht gehört? Ich hatte dir gestern Abend auf den Anrufbeantworter gesprochen.«
Mitzi hätte sich am liebsten in die hinterste Ecke verkrochen und funkelte ihn zornig an. Natürlich hatte sie seine verdammte Nachricht nicht gehört. Sie hatte den ganzen verdammten Anrufbeantworter nicht angesehen. Gestern Abend hatte sie schließlich andere Dinge im Kopf gehabt!
»Geh wieder, Lance. Es passt wirklich gerade nicht.«
»Dann hättest du doch auf meine Nachricht reagieren können. Ich hatte gesagt, wir kommen in der Mittagszeit vorbei, um ein paar Punkte wegen Dolls und Bretts Hochzeit zu besprechen.«
Wir? Wir?
»Ich habe einen Parkplatz gefunden«, gurrte Jennifer und erschien neben Lance im Türrahmen. »Das ist wirklich ein komisches enges Gässchen – ach du meine Güte, Mitzi – hast du die Grippe? Du siehst ja furchtbar aus!«
Mitzi versuchte sich noch tiefer in die dunkelste Ecke zu
verziehen. Es war einfach nicht fair. Jennifer, in helles Wildleder gekleidet, einen lila Kaschmirschal kunstvoll um den Hals geschlungen, in hohen hellen Stiefeln, glänzte von Kopf bis Fuß als elegante, gepflegte Erscheinung.
»Sie hat
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