Magical Village 1 Zimt und Zauber
Gerücht von der Gangsterfamilie bereits in Windeseile verbreitet, wie sie begriff, als mehrere Leute sie auf offener Straße anhielten, um sie angesichts von Lulus jüngsten Verfehlungen wortreich zu bemitleiden.
Das war das Problem, wenn man in einem kleinen Ort lebte, auch wenn Mitzi hoffte, dass nach einer Woche alles wieder vergessen wäre. Lulu hatte sich angesichts der Warnung von Polizeiwachtmeister Hodgkin, so etwas bloß nie wieder zu tun, bemerkenswert unerschüttert gezeigt, doch nachdem Biff und Hedley sich aufgrund unbrauchbarer Informationen
immer wieder in heikle Situationen manövrierten, war eine öffentliche Verwarnung dringend nötig gewesen. Mitzi rechnete bereits fest damit, dass Lulu eines Tages unter Zwang in ein Polizeiauto gezerrt würde, und dann hätten die Klatschbasen erst recht ihren Freudentag.
Eilig ging sie an Patsy’s Pantry vorüber. Drinnen saßen viel zu viele Pelzhüte, Paisley-Schals und Pringle-Twinsets. Zu viele gekräuselte Münder. Zu viele unverhohlen geäußerte Meinungen. Einem Ansturm von Inquisitoren beim Eisbecher fühlte sie sich nicht gewachsen.
Aufatmend stolperte sie in die tropisch überhitzte, würzige Atmosphäre von Herbie’s Healthfoods, wo ihr weiteres mitfühlendes Getue erspart blieb.
Herbie, dessen Heiligenschein aus schütterem, gekräuseltem Haar ihn wie einen siebzigjährigen Art Garfunkel aussehen ließ, strahlte sie an. »Wunderschöner Morgen heute, Mrs B.«
Mitzi nickte und suchte, erneut mit der Einkaufsliste in der Hand, die dunklen Regale mit ihren intensiv duftenden Beständen nach den fehlenden Zutaten ab. Herbie fand jeden Morgen wunderschön, selbst den allerunfreundlichsten, was vermutlich daher rührte, dass er in seiner Jugend Unmengen von Glückskräutern inhaliert hatte. Zumindest konnte man sich darauf verlassen, dass er keinen Kommentar über Lulu abgab. Der Vorfall war gar nicht in sein permanent benebeltes Gehirn vorgedrungen.
»Ah – gute Wahl«, lobte er, als sie ihre Einkäufe vor ihm auf den Verkaufstresen stellte. »Feine Sachen für den Höllenabend. Ihre alte Oma muss wirklich in engem Kontakt mit der dunklen Seite der Macht gestanden haben.«
»Das glaube ich nicht«, entgegnete Mitzi rasch. »Das sind
einfach nur traditionelle Landfrauenrezepte für Halloween. Für Partyspiele und dergleichen. Wir veranstalten keine Séance oder sonst etwas Gruseliges.«
»Das sagen sie alle.« Herbie kicherte vor sich hin, während er mehrere getrocknete Zweige und Blätter sowie kleine Pulverdöschen in seine bekannten flaschengrünen Papiertüten packte. »Aber jetzt, wo Sie im Ruhestand sind, brauchen Sie wahrscheinlich etwas, um sich die Zeit zu vertreiben. In unserem Alter gibt es nicht mehr viel, worauf man sich freuen kann, was? Nicht, dass ich empfehlen würde, als Alternative zu Handarbeiten mit schwarzer Magie zu experimentieren – also machen Sie mir bloß keine Vorwürfe, wenn Sie mit diesen Sächelchen etwas heraufbeschwören, das man besser hätte ruhen lassen …«
Mitzi wäre fast fluchtartig aus dem Laden gestürmt. Jetzt fühlte sie sich noch älter als je zuvor – und sie wollte sich wegen der Party-Gerichte auf keinen Fall von Herbie ins Bockshorn jagen lassen. Schon immer hatte sie Halloween gemocht, aber selbstverständlich nur auf ganz unhexenhafte Weise. Sie hatte es herrlich gefunden, als Lu und Doll noch klein waren und sie die beiden mit Mülltüten und schwarzer Schminke zurechtgemacht hatte, worauf sie bei Flo und den Bandings angeklopft und unter Drohungen Süßigkeiten verlangt hatten. Flo und Lob und Lav hatten so getan, als hätten sie Angst, und Limo und Brausepulver herausgerückt, und es war für alle ein unschuldiges Vergnügen gewesen.
Jetzt war dieses unschuldige Vergnügen irgendwie getrübt.
Wie konnte Herbie es wagen, ihr zu unterstellen, dass an ihren Plänen irgendetwas Ungehöriges war? Ein paar traditionelle Festgerichte alten Stils zuzubereiten war doch wohl kaum mit satanistischen Ritualen vergleichbar, oder?
Nachdem sie im Gemüseladen zwei große orangefarbene Kürbisse erstanden hatte, hatte Mitzi mit diesen und der Tragetasche von Herbie’s zu kämpfen und war weiß Gott nicht in Stimmung für den Filzhutmann in voller Aktion. Doch da sie ohnehin bereits in der Hauptstraße war, hatte sie das Gefühl, nach ihren Fitten Fünfzigern sehen zu müssen, auch wenn diese offenbar bestens ohne sie zurechtkamen. Sie hatten lediglich jemanden gebraucht, der den Ball ins Rollen
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