Magical Village 1 Zimt und Zauber
darauf bauen, dass Clydes selbstgebraute Weine sämtliche Hemmungen lockern.«
»Was ist das denn?« Doll beäugte die Platten. »Das sieht mir aber nicht nach Ananas-Käse-Häppchen aus.«
»Äh, nein, ich glaube, das sind die Herbstlichen Liebesnüsse. Und das da sind Kürbisküsse. Und die kleinen Grünen heißen – äh – ach ja, Venussterne – die bestehen nur aus Kopfsalat, Kräutern und dergleichen, ach und ein bisschen Sellerie und noch irgendwas – Avocado und Lakritz, glaube ich. Alles schöne naturreine Snacks laut Granny und – du liebe Zeit, ich wusste gar nicht, dass Brett auch kommt. Hallo, Brett, wie – äh – schön, dich hier zu sehen.«
Brett lächelte und nickte. »Hallo, Mrs B. Sie sehen ganz verändert aus. Hübsch verändert natürlich …«
»Oh, natürlich.« Mitzi lächelte Brett freundlich an. Ihr wäre es lieber gewesen, er würde sie Mitzi oder Ma oder so ähnlich nennen. Doch seit er und Doll zusammen zur Schule gegangen waren, hieß sie für ihn nur »Mrs B«, und jetzt war es wahrscheinlich zu spät für eine Änderung. »Seid ihr zu Fuß gekommen?«
»Nein, ich bin gefahren. Und ich trinke auch nichts, weil ich morgen in aller Frühe arbeiten muss. Dann kann Doll etwas trinken.« Er umarmte Doll voller Leidenschaft und gönnte den beladenen Platten kaum einen Blick. »Ich könnte es nicht ertragen, sie aus den Augen zu lassen. Nicht einmal für ein paar Stunden. Oh, fein, Käse und Ananas.«
Mitzi sah zu, wie er sich eine Handvoll von den Kürbisküssen nahm. Egal. Nachdem er sich bereits seit dem Wünsch-dir-was-Auflauf so merkwürdig benahm, konnten ein paar Kürbisküsse auch nicht mehr schaden.
Sie sah den beiden nach, wie sie sich eng aneinandergeschmiegt den Weg ins Wohnzimmer bahnten. Waren sie jetzt wirklich glücklich? Auf jeden Fall wirkten sie so. Hatte das etwas mit Granny Westwards Rezepten zu tun? Und spielte das überhaupt eine Rolle?
Ihre Grübelei wurde durch die wilde Partyjugend unterbrochen, die nun im Verein mit ein paar Kollegen von der Bank, dem Filzhutmann und den Fitten Fünfzigern, Biff und Hedley, ein paar Nachbarn sowie Lavender als Polonaisezug aus dem Wohnzimmer getanzt kam. Die schunkelnde Schlange verschwand unter heftigen Verrenkungen in der Küche.
»Mum!«, schrie Doll, die in der Wohnzimmertür stand. »Mum, die sind ja total high ! Alle miteinander! Was in aller Welt hast du ihnen gegeben?«
»Nichts – nur die Partysnacks aus Grannys Buch … du hast die Rezepte doch gesehen. Rein pflanzliche Zutaten, feine kleine Häppchen, nichts Berauschendes.«
Doll sah immer noch entsetzt drein. »Erzähl mir keine Märchen. Ich habe in meinem Leben schon genug chemisch erzeugte Rauschzustände gesehen, und das hier ist wie der letzte Abend von Woodstock. Bist du sicher, dass du nicht etwas – na ja, irgendetwas Spezielles eben – daruntergemischt hast?«
»Nichts.« Mitzi grinste. »Nur gute altmodische Naturprodukte. Lustig, was? Ach, komm schon, Schätzchen. Mach mit. Amüsier dich. Hoppla -«
Die Polonaise kam aus der Küche zurück und schlängelte sich munter die Treppe hinauf. Lobelia hatte es inzwischen mit unversehrtem Hut, aber ohne Socken aus dem Gästeklo im Erdgeschoss heraus geschafft, sich hinten an die Schlange angehängt und begonnen, im falschen Takt mitzuhopsen.
»Raus hier!!!!!«, brüllte Lu aus ihrem Zimmer. »Verschwindet! Alle miteinander! Mum, was zum Teufel ist da unten los?«
»Genau wie ich gesagt habe«, brummte Doll. »Und warum ist Lu nicht unten?«
»Sie – ähm – macht sich noch zurecht, glaube ich. Oh, das ist eine gute Idee, Brett. Gib Doll etwas zu essen, das Clydes Kohlrabi-Kapuzinerkresse-Wein ein bisschen aufsaugt. Was? Ach, das sind die Allerheiligen-Baisers – rein biologisch und ohne Chemie. Ehrlich …«
Von oben ertönten ein Krachen und lautes Lachen. Mitzi ignorierte es und bugsierte Doll und Brett ins Wohnzimmer. Richard und Judy kamen herausgeschossen und witschten in die vergleichsweise ruhige Küche zu ihrem Wäschekorb. Als sie die Tür öffnete, konnte sie es ihnen nicht verdenken.
Der Schein des Kaminfeuers, die Kerzen und die leuchtenden Kürbisse boten die ideale Kulisse für Juicy Lucys sinnlich-gruseliges »Who Do You Love?«, das laut aus den Boxen wummerte. Alle schienen einen Partner gefunden zu haben und tanzten eng umschlungen zur Musik.
Mitzi wandte sich um und wollte etwas zu Doll sagen, doch die war verschwunden. Verblüfft musste sie blinzeln, als sie auf
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