Magical Village 2 Sonne, Mond und Liebeszauber
als sie nach Fiddlesticks kam. Nicht heute. Nicht, wo gerade alles so gut lief.
Sie stand rasch auf. »Es wird Zeit, dass ich mich für die Arbeit fertig mache. Wird wieder ein heißer Tag heute. Schade, dass ich stundenlang im Pub festhänge.«
»Ab mit dir!« Gwyneth rollte die Zeitung um die Erbsenschoten und langte nach dem Sieb. »Du liebst deine Arbeit. Und dein Chef liebt dich.«
Zilla zog eine Grimasse. »Oh bitte, fang nicht wieder damit an.«
»Du könntest es weitaus schlechter treffen als mit Timmy Pluckrose. Er hat einer Frau viel zu bieten. Einen netten kleinen Pub, einen Haufen Geld auf der Bank und noch alle eigenen Zähne.«
»Und Letzteres ist mehr, als man von den meisten anderen Männern in Fiddlesticks behaupten kann. Wir laufen ernstlich Gefahr, wie Eastbourne zu einer Art Altersheim zu werden.«
»Darum brauchen wir junge Leute wie Lewis und dich, die sich hier niederlassen und für frisches Blut im Dorf sorgen«, antwortete Gwyneth lachend. »Was er, nach allem, was du sagst, ja auch angeht.«
»Danke, dass du mich daran erinnerst.« Zilla, die sich wie immer darüber amüsierte, dass sie in den Augen von Gwyneth noch als junge Frau galt, obwohl sie schon in den Fünfzigern war, raffte ihre Röcke und stieg über den niedrigen, wackeligen Zaun zwischen ihrem Cottage und dem von Gwyneth. »Na schön, dann geh ich mal das Bardamen-Gesicht aufsetzen und eins von meinen offenherzigeren Oberteilen raussuchen – das heißt, sofern Ida noch irgendwelche enthüllenswerte Haut an mir gelassen hat. Ich, äh, werd später mal nachsehen, ob Amber gut angekommen ist, okay?«
»Du meinst, um sie dir mal anzuschauen? Oder vielmehr, um dich zu vergewissern, dass Lewis sie zwischen Reading und hier nicht entführt oder seinem Harem einverleibt hat?«
»So in der Art«, antwortete Zilla seufzend.
»Zil, Liebes, du solltest dir keine Sorgen machen …« Gwyneth hielt inne und reckte den Kopf zum dunklen Flur des Cottage hin. »Ach, ist das mein Telefon?«
Beide lauschten dem schrillen Klingeln, das aus Moth Cottage erklang.
»Ah ja.« Gwyneth zog die Augenbrauen hoch. »So ist es.
Mannomann, Zil, das wird sie wohl sein, was? Die kleine Amber? Um anzukündigen, dass sie bald da ist. Ich muss Lewis anrufen und ihm Bescheid sagen, dass er sich auf den Weg nach Reading macht. Oooh, aus dem Weg da, Pike, mein Guter, ich bin ganz aus dem Häuschen!«
Zilla sah Gwyneth und Pike aufgeregt ins Haus laufen, um ans Telefon zu gehen, dann begab sie sich mit sehr schwerem Herzen in das kühle und dunkle Innere von Chrysalis Cottage .
4. Kapitel
Good Morning Starshine
N achdem sie endlich schwitzend aus dem Zug getaumelt war und mithilfe eines untersetzten Mädchens mit zahlreichen Nasenpiercings und einem tätowierten Bizeps wie Arnold Schwarzenegger die Aufzüge, Treppen, Rampen und Drehkreuze des Bahnhofs von Reading bewältigt hatte, blinzelte Amber in den blendenden Sonnenschein.
Nicht zum ersten Mal an diesem Tag wünschte sie, sie hätte ihre todschicke Designersonnenbrille nicht unerreichbar irgendwo hinter einem der vielen Reißverschlüsse ihrer Reisetaschen verstaut.
Ihr Berg von Gepäck war neben einem kleinen Zeitungskiosk abgestellt worden, und nun hockte sie gemäß Gwyneths Anweisung auf dem nächststehenden Koffer, um im Gedränge am Bahnhofseingang gut sichtbar zu warten.
Irgendein hiesiger Taxifahrer würde sie in Kürze abholen, hatte Gwyneth gesagt. Nun, sie hatte zwar nicht direkt gesagt, dass es ein Taxifahrer war, aber das musste sie wohl gemeint haben. Und sie hatte ihn Lewis genannt.
Hier unten sagt man wohl zu jedem du und nennt alle Leute beim Vornamen, dachte Amber. Ob er wohl so wäre wie sein Namensvetter, der Assistent des beliebten Fernsehinspektors Morse? So stellte sie ihn sich vor, irgend so ein rotbäckiger mittelalter Bauer, der die örtliche Autowerkstatt samt Taxiservice betrieb und gleichzeitig noch als Bestattungsunternehmer
fungierte. Typ Tweedjackett mit Lederflicken an den Ellbogen, dazu womöglich noch Schirmmütze und Pfeife – oh ja – ganz sicher rauchte er Pfeife.
Nun ja, vielleicht kam er doch nicht in Jackett und Schirmmütze, korrigierte sich Amber, als der Schweiß auf ihrer Kopfhaut zu prickeln begann. Es waren bestimmt schon über dreißig Grad. Selbst wenn er im Rentenalter war und dünnes Blut hatte, käme Lewis bei diesen Temperaturen wahrscheinlich eher im schweißfleckigen Unterhemd und würde nach Schaf und anderen fremdartigen ländlichen
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