Magical Village 2 Sonne, Mond und Liebeszauber
Sparkonto landen konnte. Und als ihre Eltern beschlossen, in Frührente zu gehen, und, angesteckt von den zahllosen Auswanderer-Sendungen im Fernsehen, den Entschluss fassten, das Haus zu verkaufen und ins ländliche Spanien zu ziehen, blieben ihr nicht allzu viele Möglichkeiten.
Zuerst hatte sie daran gedacht, zu Jamie zu ziehen. Sie waren seit fast zwei Jahren zusammen. Der Gedanke lag nahe.
Jamie jedoch war bei diesem Vorschlag beinahe in Ohnmacht gefallen, dann hatte er lahm etwas herumgenuschelt, von wegen er sei noch viel zu jung, um sich festzulegen, und noch nicht bereit für so eine Bindung, und, nun ja, ehrlich gesagt, wenn Amber bei ihm wohnte, würde ihn das zu sehr einengen, denn – äh – sie sei genau genommen nicht die einzige Frau in seinem Leben. Er habe natürlich gehofft, sie müsse es nicht auf diese Weise erfahren, aber …
Allein etwas zu mieten kam nicht in Frage, und Wohngemeinschaften waren dünn gesät. Ihre mit sechzehn sehr viel jüngeren Zwillingsschwestern Coral und Topaz waren ganz aus dem Häuschen angesichts des Plans, etwa dreitausend Meilen
entfernt im Hinterland Andalusiens in einem baufälligen Ziegenstall zu wohnen, dort zur Schule zu gehen, Spanisch zu lernen und Kellner anflirten zu können. Amber hingegen hielt Luxusgüter wie elektrischen Strom, fließendes Wasser, Kanalanschluss und ein intaktes Dach über dem Kopf doch für ziemlich wichtig und war schlichtweg entsetzt.
Dann hatte sie den Brief von Gwyneth Wilkins erhalten, der Freundin ihrer Großmutter.
Warum kam Amber nicht und wohnte eine Weile bei ihr? Vielleicht nur den Sommer über? Bis sie sich darüber klar geworden war, wie sie ihr Leben weiter gestalten wollte?
Amber, die immer noch unter Jamies Zurückweisung und Betrug sowie der familiären Verklärung des spanischen Bauernlebens litt, hatte nicht länger als zwei Minuten lang darüber nachgedacht und dann zugesagt.
Jetzt sahen ihre Freundinnen sie alle kummervoll an. Kelly schob eine weitere Flasche über den Tisch. »Nun, aber wenn alles in die Hose geht, sag nicht, wir hätten dich nicht gewarnt.«
»Ich zieh ja nicht ans andere Ende der Welt«, erwiderte Amber. »Ihr könnt mich jederzeit besuchen kommen.«
»Na, jetzt komm aber mal wieder runter!«, meinte Bex mit ernstem Gesicht.
Jemma tätschelte liebevoll Ambers Hand. »Ja, nun – könnten wir – eines Tages vielleicht …«
Emma seufzte. »Und wie heißt dieses Dorf, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen?«
Amber schenkte sich Wein nach und lächelte.
»Fiddlesticks.«
1. Kapitel
Dark Side of the Moon
A ls Zilla im Schlafzimmer des Chrysalis Cottage gequält ihr Spiegelbild betrachtete, wusste sie, dass der Samstagabend eine Katastrophe werden würde, es sei denn, sie würde es noch schaffen, innerhalb von drei Tagen fünfundzwanzig Pfund abzunehmen.
Ach, warum entsprach ihr Abbild nur nie ihrer eigenen Vorstellung?
Immerhin stimmten die dunkelbraunen Wuschelhaare, die schwarz bewimperten dunklen Augen und die sonnengebräunte Haut. Wo es dann zunehmend auseinanderklaffte, waren die Fältchen und Grübchen und Runzeln und Zellulitis und, ja, verdammt, die altersbedingten Fettpölsterchen.
Natürlich war der Spiegel in ihrem Schlafzimmer alles andere als schmeichelhaft. Immer schon gewesen. So sah sie nicht aus, da war ein Fehler im Schliff, garantiert. Der Spiegel weigerte sich starrköpfig, sie als die schlanke und ranke Zwanzigjährige zu zeigen, die sie in ihrem Inneren war, und bestand gehässig darauf, ihr die schonungslose Wahrheit ihrer Fünfzig-plus-Erscheinung zu präsentieren.
Er beliebte außerdem, ihr ein mehrfaches Doppelkinn, lächerlich verkürzte Stummelbeine, drei Rettungsringe und einen Hintern anzudichten, der sich hervorwölbte wie das Heck eines alten Volvos.
Wie auch immer, diesmal hatte der Spiegel vielleicht sogar
recht. Vielleicht stand ihr der hautenge limonengrüne Stretchfummel wirklich nicht.
Im Grunde stand hautenger, limonengrüner Stretch doch garantiert überhaupt niemandem.
Wie viele Jahre hatte sie diesen Unfug jetzt schon mitgemacht? Wie viele Jahre hatte sie sich geschworen, nun sei es genug und nie wieder? Wie viele Jahre hatte sie sich von der allgemeinen Begeisterung im Dorf mitreißen lassen und sich gedacht, na und, was soll’s? Wie viele Jahre hatte es sie wirklich gejuckt, zu sagen, dass es vielleicht doch ein bisschen mehr als nur seltsam war, jemanden zu feiern, der vor zig Jahrhunderten gelebt haben könnte und der, selbst
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