Magical Village 2 Sonne, Mond und Liebeszauber
wenn man ihn heiliggesprochen hätte (höchst zweifelhaft!), eindeutig vollkommen durchgeknallt gewesen war?
Ach, verflucht sei Gwyneth, dass sie das Stretchdings vorgeschlagen hatte. Verflucht sei Fiddlesticks dafür, dass es so verdammt hinterwäldlerisch war. Und vor allem, verflucht sei der verrückte alte St. Bedric dafür, dass sein Feiertag ausgerechnet in den Juni fiel.
Und jetzt musste sie irgendwie wieder aus diesem verdammten Teil raus – ooooh! Na toll. Die Druckknöpfe im Schritt waren offen und einen Arm hatte sie frei. Jetzt den anderen – autsch – keine Chance.
Mitten während ihrer Verrenkungen fiel Zillas Blick auf den Wecker auf ihrem Nachttisch. Mist! Wo in aller Welt war die Zeit geblieben? Jetzt hatte sie nur noch eine Stunde, bis sie zur Arbeit musste, dabei hatte sie vorher noch unheimlich viel zu erledigen und – uff! – sie musste einfach aus diesem blöden Kleidungsstück rauskommen und -
Mit wachsendem Entsetzen kam Zilla zu der Erkenntnis, dass hautenges Elasthan und der heißeste Vormittag des Jahres keine sonderlich gute Kombination ergaben. Ganz egal, wie sehr sie auch zerrte und sich wand, das blöde Ding rührte sich
einfach nicht. Stattdessen schien es nur noch fester an ihr zu kleben, rutschte in verschwitzte Falten und Winkel, die sie vorher noch nie bemerkt hatte. Je mehr sie sich abmühte, desto mehr verklemmte und verschnürte sich das verdammte Ding.
Nach weiteren zehn Minuten wurde die Lage allmählich ernsthaft beängstigend. Erschöpft und mit Schmerzen in jedem Quadratzentimeter ihres Körpers war sie allein in ihrem Schlafzimmer, eingezwängt in einen glänzenden knielangen Body, für den der einzige Schwule des Dorfes über Leichen ginge, und würde höchstwahrscheinlich demnächst infolge von Flüssigkeitsmangel ihr Leben aushauchen.
Vielleicht könnte sie zum Fenster hopsen und über den Dorfanger nach Hilfe rufen.
Stolper, taumel, hüpf – verdammt. Hüpf und hüpf und – halleluja!
Hilfe kam auf halber Strecke.
»Zil! Huhu! Bist du oben?«
Freude, oh Freude! Big Ida aus dem Butterfly Cottage nebenan. Am Fuße der Treppe.
Zilla beendete ihre Schlangenmenschengymnastik. Big Ida wäre okay. Big Ida mit einer Schar Freundinnen allerdings nicht.
Das war noch so ein Problem, wenn man in Fiddlesticks wohnte. Niemand schloss seine Haustür ab, und jeder kam einfach so hereinspaziert. Jetzt stand wahrscheinlich das halbe Dorf unten in der Diele, und sie müsste zum Treppenabsatz rauswatscheln und die Leute begrüßen, während sie aussah wie ein Restposten von der Runzel-Fetisch-Messe.
Blöder, blöder, blöder St. Bedric!
»Ja – umpf – ich bin hier oben, Ida.« Obwohl sie schon viele Jahre in Berkshire lebte, kam Zillas leichter Cornwall-Akzent in Stresssituationen noch immer zum Vorschein. »Aaah … dauert nicht mehr… oooh – lange … Ich versuch nur gerade – aaah …«
»Alles in Ordnung, Liebes? Du klingst etwas außer Atem – hör mal, ist da etwa gerade jemand bei dir, da oben?«
»Schön wär’s … Nein, ich bin ganz allein. Uuumpf … ürgs … Und du?«
»Was? Ob ich allein bin? Ja – Zil, ist wirklich alles in Ordnung?«
»Ich – ärg – jörp.«
Der Vorteil war, dachte Zilla, dass Big Ida wenigstens keine Horde Fiddlesticker im Schlepptau hatte. Der Nachteil bei Big Ida als Retterin war, dass Zilla am Ende wahrscheinlich so gut wie enthäutet dastünde, aber was zum Teufel – sie konnte eben nur hoffen, dass Big Ida sanft mit ihr umgehen würde.
Big Ida, knapp eins achtzig groß und gebaut wie John Wayne, hatte in ihrer Jugend anscheinend Bodybuilding gemacht, was ihr in Grundzügen auch sechs Jahrzehnte später noch anzumerken war.
Ida klang, als wäre sie ohnehin schon auf halber Höhe der Treppe. »Ich wollt’ nur vorbeischauen, um zu sagen, dass wir für den Elf-Uhr-Tee bei Gwyneth das Wasser aufsetzen. Wir dachten, vielleicht magst du ein Tässchen, bevor du zur Arbeit gehst – und außerdem ist Gwyneth aus dem Häuschen wie eine aufgescheuchte Glucke, weil diese Amber heute ankommt, und du kannst doch immer so beruhigend auf sie einwirken.«
Zilla zog eine Grimasse, die allerdings mit der Schraubstockumklammerung des Elasthans nichts zu tun hatte. Gwyneth Wilkins, ihre zweite über achtzigjährige Nachbarin, hatte schon seit Tagen von nichts anderem mehr gesprochen als von dieser Amber. Doch aus sehr persönlichen Gründen wollte Zilla nun wirklich ganz und gar nichts mehr von Ambers bevorstehender Ankunft im
Weitere Kostenlose Bücher