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Magical

Magical

Titel: Magical Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Flinn
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wieder mitnahmen, dass es eine »feine Hühnersuppe« gewesen wäre.
    Doch das Wunderbarste daran war, dass der Junge, Brewster, während ich aß, noch einmal die Geschichte seiner dramatischen Rettung aus dem Ozean erzählte. Wiegut ich mich daran erinnerte! Ich wartete darauf, dass er mich erkennen würde, dass ihm wieder einfallen würde, dass ich seine Retterin gewesen war, aber er kam nicht darauf. Als er mit seiner Geschichte fertig war, sagte er: »Was für ein Flegel ich bin – ich plappere und plappere darüber, was mir passiert ist. Aber es ist so eine Erleichterung, jemandem zu begegnen, der versteht, was ich durchgemacht, was ich gesehen habe. Du verstehst das, nicht wahr? Ich irre mich doch nicht?«
    Ich nickte.
    »Und war es nicht das schrecklichste Ereignis, das du je gesehen hast, eines, das du niemals vergessen wirst?«
    Wieder nickte ich.
    »So etwas verändert einen Menschen. Ich habe das Gefühl, dass ich nie wieder der gleiche glückliche Kerl sein werde, der ich früher war, jetzt, wo ich Zeuge der Unmenschlichkeit, der Selbstsüchtigkeit geworden bin, ganz zu schweigen davon, dass ich den Tod gesehen habe. Aber wieder bin ich unhöflich. Bitte, Dorothy, erzähl mir deine eigene Geschichte. Du hast noch kein Wort gesagt.«
    Ich wollte es so gerne tun. Ich wollte so gern den Mund aufmachen und ihm sagen, dass ich dort war, dass ich diejenige war, die ihn gerettet hat. Aber das konnte ich natürlich nicht. Ich öffnete die Lippen. Kein Ton kam heraus. Ich zeigte auf meine Kehle, um zu zeigen, dass ich nicht sprechen konnte. Oh, warum hatte ich bloß meine Stimme angeboten?
    »Stumm?«, sagte er. »Von dem Trauma, nehme ich an. Weißt du, ich habe auch einen ganzen Tag lang nicht gesprochen, nachdem ich das Ufer erreicht hatte. Schon gut, Dorothy. Mr und Mrs Wilkins – das sind die Leute, die dich hierher gebracht haben – sie sind auf dem Weg zum Büro der White Star Line, um nach Informationen über deine Familie zu suchen.«
    Meine Familie! Daran hatte ich gar nicht gedacht. Dorothy Florence Sage könnte eine Familie haben, eine Familie, die nur allzu gut wusste, dass ich nicht sie war. Ich wollte von hier wegschwimmen, weglaufen, wegfliegen, bevor alles herauskommen würde. Doch wohin sollte ich gehen? Wohin konnte ich gehen?
    Als würde er meine Gedanken lesen, sagte Brewster: »Hast du einen Ort, an dem du bleiben kannst, Dorothy, erwartet dich jemand?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Nun, dann werde ich Mrs Brimm sagen, dass sie dich in einem der Gästezimmer unterbringen soll. Du kannst bleiben, so lange es nötig ist.«
    An diesem Nachmittag geschahen drei Dinge.
    Zuerst kehrte Mr Wilkins mit schlimmen Neuigkeiten aus dem Büro der White Star Line zurück: Die Familie Sage, insgesamt elf Personen, war vermutlich auf See geblieben. Meine ganze Familie war tot.
    »Ich habe mit einem Mann gesprochen«, sagte Mr Wilkins, »einem Überlebenden, der sagte, dass das älteste Sage-Mädchen, Stella, mit ihm auf dem Rettungsbootwar. Doch als sie merkte, dass niemand aus ihrer Familie mit dabei war, kletterte sie in den Tod hinaus.«
    Das war so traurig, obgleich ich die Familie Sage gar nicht kannte. Elf Menschen – Eltern und neun Kinder – alle untergegangen, und dann noch die Älteste, die ihr Leben gab, um bei ihrer Familie im Himmel zu sein. Tränen begannen meine Wangen hinab zu fließen.
    »Wie edel!«, sagte Brewster. »So etwas habe ich auf den Decks der Titanic nicht gesehen. Du solltest sehr stolz sein auf deine Schwester.« Er tätschelte mir die Schulter.
    Eine meine Tränen gelangte in meinen Mund. Sie schmeckte wie der Ozean. Ich vermisste meine eigene Familie.
    Das Zweite, was passierte, war, dass Mrs Davis, Brewsters Mutter, von wo immer sie auch gewesen war, nach Hause kam. Sie war nicht besonders glücklich darüber, mich kennenzulernen.
    »Hier wohnen? Ein unbekanntes Mädchen? Unmöglich, Brewster!«
    »Mutter, so hab doch Mitgefühl.«
    »Ich habe viel Mitgefühl. Allerdings erstreckt es sich nicht darauf, dass ich wildfremden Menschen, die womöglich Diebe und Mörder sind, erlaube, in unserem Haus zu wohnen.«
    »Sie ist ein junges Mädchen, ungefähr in meinem Alter, wenn überhaupt. Sie ist wohl kaum eine Diebin oder Mörderin.«
    »Das weiß man nie.«
    »Sie hat alles verloren, alles, ihre ganze Familie. Stell dir das mal vor. Stell dir vor, wie du dich gefühlt hättest, wenn du mich verloren hättest.«
    Das Gesicht seiner Mutter wurde blass, und obwohl sie gerade

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