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Magical

Magical

Titel: Magical Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Flinn
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gehört, dass die Menschen manchmal Fische fingen und sie in ihren Häusern in Glasschüsseln schwimmen ließen. Das erschien mir grausam, doch jetzt merkte ich, dass die Menschen selbst in Glasschüsseln leben. Ich zog das, was man Vorhang nannte, zur Seite und blickte hinaus.
    Es war erstaunlich! In meiner Welt des Meeres war das Licht bei Tag und bei Nacht gleich. Die Welt der Menschen war tagsüber grau, blau und weiß, doch bei Nacht wurde sie von Oktopussen in Tinte getaucht. Ich war daran gewöhnt, dass der tintenschwarze Hintergrund von Hunderten, Tausenden winziger Sterne durchbrochen war. Doch hier in New York waren diese Lichter tausendfachvergrößert und tanzten heller und in vielen Farben vor unseren Augen.
    Ich wäre vor Überraschung über das Wunder vor mir fast gestolpert. Deshalb fing mich Brewster am Arm auf.
    »Du bist wohl zum ersten Mal in New York?«
    Ich nickte.
    »Es dauert eine Weile, bis man sich daran gewöhnt hat.«
    Ich lächelte und machte eine ausladende Bewegung mit meiner Hand, um ihm zu zeigen, dass ich es schön fand.
    »Es gefällt dir also? Na ja, den Leuten gefällt es. Aber manchmal scheint alles ein bisschen … überfüllt. Und verrückt. Und hektisch. Siehst du das Gebäude dort?« Er deutete auf das höchste Schloss, einen spitzen Turm, das vorne einen leuchtenden Kreis hatte. »Das ist das höchste Gebäude der Welt. Als ich jünger war, waren hier nur halb so viele Gebäude, und wenn ich ein alter Mann bin, werden es doppelt so viele sein.« Er verstummte. »Ein alter Mann. Ich war immer davon ausgegangen, dass ich irgendwann ein alter Mann sein würde. Doch vor einer Woche sah es so aus, als würde dies nicht eintreffen. Dann zog mich jemand aus dem Wasser – erstaunlich!«
    Jetzt zog er selbst am Vorhang und nahm mit großen Augen die Aussicht in sich auf. »Weißt du, Dorothy, du hast recht. Es ist schön. Die ganze Welt ist schön.«
    Er hielt inne und sah mich an.
    Dann sagte er: »Oh, es tut mir leid. Für dich ist die Welt nicht schön, oder? Du hast deine Familie verloren.«
    Ich schüttelte leicht den Kopf, damit er wusste, dass er sich nicht zu entschuldigen brauchte.
    »Du bist sehr freundlich. Aber ich hätte es nicht vergessen dürfen.«
    Wieder schwieg er und wir standen da und starrten auf die Millionen glänzender Sterne, die wie versunkene Schätze vor der dunklen Woge der Nacht aussahen.
    Schließlich sagte er: »Hier, das habe ich heute bekommen. Vielleicht gefällt es dir.«
    Er ging zu einem seltsamen Gegenstand hinüber, einem Kasten, der wie eine Piratenkiste aussah, aus dem so etwas wie eine riesige Meeresschnecke herausragte. Er legte eine runde, flache Scheibe darauf und drehte an einem Knopf.
    Musik ertönte! Musik, obwohl niemand im Zimmer sang oder spielte! Wie war das möglich? Ich sah auf Brewsters Lippen. Nein, sie bewegten sich nicht. Und doch war es eine Männerstimme, die da sang.
    Come to me, my melancholy baby . . .
    »Das ist ein neues Lied«, sagte Brewster. »Es gefällt mir, weil ich selbst ein wenig melancholisch bin, weißt du, traurig eben. Es war wirklich traurig, all diese Leute zu sehen …« Er hielt inne. »Oh, jetzt bin ich schon wieder ins Fettnäpfchen getreten.«
    Die seltsame Stimme sang:
    Every cloud must have a silver lining
    Wait until the sun shines through
    Smile my honey dear, while I kiss away each tear
    Or else I shall be melancholy too!
    Das Lied endete. Ich fand es erstaunlich, dass er so traurig war wegen dieser Menschen, wo sie doch eigentlich glücklicher waren denn je. Sie waren jetzt Engel.
    Ich deutete auf den wunderbaren Kasten.
    »Kennst du so etwas? Es ist eine Victrola.«
    Ich zeigte auf meine Ohren, damit er merkte, dass ich es noch einmal hören wollte.
    »Noch einmal?« Er ging zu dem Kasten hinüber. »Natürlich. Tanzt du? Kannst du tanzen? Ich habe zwei linke Füße, aber ich werde es versuchen.«
    Ich wusste nicht, was tanzen war, aber um ehrlich zu sein, war ich glücklich über alles, was er vorschlug, solange es nichts mit Sprechen zu tun hatte.
    Doch es war besser, als ich es mir vorgestellt hatte, denn er fasst mich am Arm und zog mich zu sich. Dann wirbelten wir herum, drehten uns und gingen umeinander herum, und jedes Mal, wenn unsere Füße den Boden berührten, brachte mich das näher zu ihm oder weiter von ihm weg, dann wieder näher, dann weiter weg, bis wir uns wie die Wellen des Ozeans bewegten, als wären wir eins.
    Wir hörten das Lied noch einmal, dann andere, und

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