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Magical

Magical

Titel: Magical Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Flinn
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schrie die Herrin und klang dabei wie eine Möwe. Sie wandte sich an Brewster. »Ich bin mir der Tragödie, die wir erlebt haben, durchaus bewusst. Glaubst du etwa, ich könnte die schrecklichen Stunden vergessen, in denen ich glaubte, ich hätte dich verloren?«
    »Hast du nicht gesagt, dass du heute Abend um sieben zum Treffen der Töchter der Amerikanischen Revolution gehst?«, fragte Brewster. »Ist es nicht schon fast so weit?«
    Mrs Davis schaute auf ihr Handgelenk. »Oh, du hast recht. In einer Stunde muss ich fertig angezogen sein. Mädchen! Mädchen!« Sie schnalzte mit den Fingern nach mir. »Sag Celia, dass wir das Dessert jetzt gleich einnehmen.«
    Ich nickte.
    Brewsters Blick traf meinen und er formte »in einer Stunde« mit den Lippen.
    Als das Geschirr abgewaschen war, zog ich mein hübsches blaues Kleid an. Celia kämmte mir die Haare und borgte mir ihr Haarband.
    »In diesen Sachen«, sagte sie, »wird er dich hübscher finden als jedes andere Mädchen, das er je gesehen hat oder je sehen wird, und das wird seine Mutter fast umbringen.«
    Als ich das Zimmer betrat, setzte sich Brewster auf. »Junge, Junge, du siehst heute Abend aber schick aus, Dorothy. Vergiss die Skyline – ich könnte den ganzen Abend nur dich anschauen!«
    Wieder spürte ich, wie meine Wangen warm wurden, aber ich neigte den Kopf, um ihn wissen zu lassen, dass es mir überhaupt nichts ausmachte, wenn er mich ansah.
    »Meine Güte, wenn du errötest, bist du ja noch schöner.« Er klopfte auf das Kissen neben sich. »Tut mir leid, dass Mutter nach dem Abendessen so grob zu dir war. Sie macht mich schrecklich wütend, wenn sie über Eheanbahnung und all so was redet. Selbst als wir in Europa waren, was eigentlich eine Bildungsreise hätte sein sollen, konnte ich kaum einen Blick auf die Weltklassemuseen oder jahrhundertealte Ruinen werfen, ohne durch ihr Geplapper gestört zu werden. Erst auf See hatte ich mal eine Minute Ruhe. In diesen Nächten wartete ich immer, bis sie – gestärkt durch üppiges Essen und zu viele Martinis – zu Bett ging. Dann stahl ich mich hinaus an Deck und starrte zu den Sternen hinauf oder hinunter auf den Ozean. Es war so friedlich, weil niemand gesprochen oder irgendein Geräusch gemacht hat, dass ich mir fast wünschte, ich wäre in ein anderes Leben hineingeboren worden, wäre Seemann oder gar Wassermann.« Er lachte. »Du glaubst jetzt wohl, ich sei verrückt, weil ich an das Meeresvolk glaube, oder?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Oh, lüg doch nicht. Du glaubst, ich sei nicht ganz richtig im Kopf. Aber als ich noch klein war, erzählte mir mein Lehrer immer fantastische Geschichten über Menschen, die in Schlössern am Meeresgrund lebten. Mutter warf ihm vor, dass er mir Flausen in den Kopf setzt, deshalb hörte er auf damit. Aber ich glaube nicht, dass es Flausen sind. Du etwa?«
    Als ich den Kopf schüttelte, sagte er: »Weißt du, die Hälfte der Erde ist mit Wasser bedeckt. Für mich ergibt es nur Sinn, dass dort – außer Fischen – jemand lebt. Es gibt Seeleute, die sagen, dass sie sie gesehen haben, und Barnum, der große Schausteller, hatte einen der Meeresbewohner in seinem Museum. Eliot hat dieses Gedicht geschrieben: ›Ich hörte die Meermädchen singen, hin und her. Ich glaube nicht, dass ihr Gesang mir gilt.‹ * Manchmal fühle ich mich so.«
    Ich wollte, oh, wie sehr ich ihm sagen wollte, dass das alles stimmte, und wie gern ich ihm von meinem Leben erzählt hätte und von dem, was ich gesehen hatte. Ich suchte nach einer Art und Weise, wie ich es ihm mitteilen, es ihm zeigen oder demonstrieren konnte. Mein Blick fiel auf ein Stück Papier, das viel größer war als das, auf das Köchin mir ihre Einkaufsliste geschrieben hatte. Daneben lagen viele Stöckchen in unterschiedlichen Farben. Ich fragte mich, ob ich damit schreiben konnte, so wie es Köchin mit ihrem Stöckchen, das sie Bleistift genannt hatte, getan hatte.
    »Was ist los, Dorothy?« Brewsters Augen folgten meinen und er entdeckte das Blatt Papier, das ich anstarrte. »Möchtest du mir vielleicht etwas aufschreiben?«
    Als ich nickte, sagte er: »Nun, natürlich. Wie dummvon mir. Das sind Mutters Zeichensachen. Sie benutzt sie nie. Sie geht lieber einkaufen oder mischt sich in mein Leben ein. Sie wird es nicht merken. Benutze sie ruhig.«
    Das Papier ruhte auf einer Art Ständer, sodass es aufrecht stand. Ich ergriff eines der farbigen Stöckchen, dasjenige, das am ehesten der rötlichen Koralle ähnelte, die wir

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