Magical
pass bloß auf! Ich bin deine gute Fee«, begann sie in einem hohen Sopran zu trillern.
»Echt?« Lisette holte mit dem Arm aus und hielt dann inne. »Weißt du was? Nimm mit, was du willst. Aber bleib weg aus meinem Zimmer. Hier ist sowieso nur Krempel. Aber im Esszimmer gibt es Silber.«
»Sehe ich aus wie ein Einbrecher?«
»Du siehst verrückt aus. Irgendwie kommst du mir bekannt vor. Kenne ich dich von irgendwoher?«
»Ich bin deine gute Fee«, stimmte Kendra wieder an.
»Klar. Wie bist du hierhergekommen?«
»Ich bin geflogen.«
Lisette stieß einen Schwall Schimpfwörter aus.
»Du glaubst mir nicht?«
»Würdest du das glauben?«
Kendra starrte eine Sekunde lang quer durch das Zimmer, dann noch eine. Von der Decke fiel plötzlich etwas Weißes auf Lisette.
Lisette schlug danach. »Was ist das?«
»Schnee.«
»Warum …?« Sie drehte sich zu Kendra um. »Du kannst es schneien lassen?«
»Ich sagte doch schon, dass ich deine gute Fee bin.« Es schneite heftiger, dann färbte sich der Schnee rosa.
Lisette fuchtelte mit den Armen, um ihn sich vom Leib zu halten. »Kannst du dafür sorgen, dass es aufhört?«
»Du machst wohl Witze.« Kendra wackelte mit den Fingern und der rosafarbene Schnee fing an herumzuwirbeln wie ein Schneesturm. »Du sitzt in deinem Zimmer herum und heulst wegen einer Party, zu der du nicht gehen kannst – einer Party –, und eine, die so angezogen ist wie ich, kreuzt hier auf und sagt, sie sei deine gute Fee, und lässt es verdammt noch mal schneien, und alles, was du sagen kannst, ist ›Mach, dass es aufhört‹? Vielleicht hast du gar keine gute Fee verdient!«
Ich konnte kaum etwas sehen durch den Sturm. Auf der Kommode hatten sich schon Schneeverwehungen gebildet.
»Tut mir leid.« Lisette fröstelte. »Es ist nur … ich habedir anfangs nicht geglaubt und meine Stiefmutter wird wütend, wenn hier Chaos herrscht. Sie ist superfies.«
Kendra nickte. »Das habe ich schon gehört.« Mit einer Handbewegung ließ sie den Schnee verschwinden. »Besser?«
»Ja. Du meinst also, du kannst mich auf die Party bringen?«
Kendra nickte. »Wir müssen uns sputen. Sie beginnt um sieben und du siehst im Moment nicht gerade optimal aus.«
»Tut mir leid. Es ist nur so, dass ich geweint habe.«
Kendra nickte. »Selbstmitleid ist hässlich. Ich bringe dich wieder in Ordnung.«
Mit einer raschen Handbewegung von Kendra verschwanden die Flecken auf Lisettes Haut. Ihr Haar frisierte sich selbst (ich bemerkte auch, dass die dunklen Haaransätze verschwanden) und ihr Make-up wurde mit professioneller Genauigkeit aufgetragen.
Lisette starrte in den Spiegel.
»Jetzt die Kleider. Was meinst du?« Kendra wedelte wieder mit der Hand und Lisettes Jeans und T-Shirt verwandelten sich in Designerklamotten im selben hellen Grün, das Kendra trug.
»Ähm …«, sagte Lisette. »Die Farbe steht nicht jedem.«
»Wie wäre es damit?« Das Ensemble wurde rosa, dann blau, dann zu einer Reihe weißer Outfits mit Spitzen.
»Wow! Du solltest in Project Runway mitarbeiten.«
»Das ist doch nichts. Jetzt brauchst du noch Schuhe.«
»Großartig.«
»Ich brauche ein altes Paar zum Umwandeln.«
Lisette nickte und ging zum Schrank. »Sind die hier okay?« Sie zeigte Kendra ein Paar. Ich musste zweimal hinschauen. Es waren die blauen Sandalen, die Daddy uns an dem Tag gekauft hatte, als wir uns kennengelernt hatten. Hatte sie sie aus sentimentalen Gründen aufbewahrt? Meine waren schon seit Jahren abgetragen.
»Perfekt. Zieh sie an.«
Lisette zog sie an und im nächsten Moment trug sie unglaubliche, mit Edelsteinen besetzte, durchsichtige Plastiksandalen mit hohen Absätzen. Sie sahen aus wie gläserne Pantoffeln.
»Ich bin so aufgeregt!«, sagte Mutter vom Fahrersitz. »Du nicht?«
»Was?«, sagte ich. »Oh, tut mir leid. Ich habe Kopfschmerzen von all dem Haarspray, aber ich will das Fenster nicht aufmachen. Deshalb bin ich so ruhig.« Ich schaute wieder in den Spiegel.
Jetzt flitzte Kendra um Lisette herum und fügte die Details hinzu – Ohrringe, Halskette, Glitzerspray für die Haare –, bis Lisette aussah wie eine Göttin aus einer anderen Welt.
»Ich bin so aufgeregt!« Sie tanzte herum. »Werden sie mich überhaupt hineinlassen?«
»Du stehst jetzt auf der Gästeliste.«
»Oh, danke! Danke, gute Fee. Das mit dem Schuh tut mir leid. Diese Leute sind so grausam zu mir.«
»Ich weiß, ich weiß. Ich glaube, du bist jetzt fertig.«
»Wie werde ich dorthin kommen? Gibt es eine
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