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Magical

Magical

Titel: Magical Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Flinn
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über das Haar zu streichen. »Es ist nicht weniger, als eine Mutter tun würde.«
    »Das ist wundervoll.«
    »Liebst du mich so sehr, wie du einst deine richtige Mutter geliebt hast?«
    Ich zögerte. Ich erinnerte mich an Mutter, wie sie mir Kleider genäht, meine Haarbänder zurechtgerückt und mich gelehrt hatte, nicht zu lügen. Doch ich glaubte, dass sie in diesem Fall eine Ausnahme gestatten würde. »Natürlich liebe ich Euch.«
    »Dann nenn mich Mutter.«
    »M…« Das Wort blieb mir in der Kehle stecken wie verdorbenes Fleisch einer lange verendeten Kuh. Ich hustete es heraus. »Mutter! Aber eine Sache, die Ihr mir noch nicht erklärt habt, ist das mit den Lebkuchenverzierungen, die dieses Haus schmücken. Wie kamen sie dorthin? Und warum?«
    Die Hexe verzog das Gesicht, als sie versuchte, sich zu entscheiden, ob sie mir davon erzählen sollte oder nicht. »Das Warum ist einfach. Ich war einsam und wollte Gesellschaft. Deshalb habe ich mein Haus aus Lebkuchen gebaut. Schon bald kamen Kinder, die Bälger von Reisenden, und knabberten an den Wänden. Ich wollte nur mit ihnen spielen, sie auf dem Arm halten, weil ich meine eigenen Kinder nicht mehr halten konnte. Doch die Kinder wollten das nicht. Ob du es glaubst oder nicht, sie wollten meiner liebevollen Umarmung entfliehen, obwohl ich ihnen Lebkuchen versprochen hatte.«
    »Sie wollten ihre eigenen Eltern.«
    »Genau! Oh, jetzt wirst du vielleicht sagen, dass dies allzu verständlich ist, aber was sollte ich tun – noch mehr Kinder gebären, nur um sie sterben zu sehen? Um zu erleben, wie sie alterten und zugrunde gingen, während ich Jahrhunderte lebte? Außerdem hätten die Kinder, wenn sie entkommen wären, ihre Eltern alarmiert und diese dann die Obrigkeit. Schon bald hätten mich die Leute des Städtchens mit einem Galgenstrick heimgesucht oder, wenn ich Pech gehabt hätte, mit Fackeln.«
    »Ist dies schon geschehen?«
    »Ja. Mehr als ein Mal. Mein erstes Lebkuchenhaus hatte ich in Deutschland. Als ich aus diesem Land fortgejagtwurde, habe ich hier mein nächstes gebaut. Doch dieses Mal war ich schlauer.«
    Ich nickte. Ich begriff, was sie getan hatte.
    »Wenn ich jetzt ein Kind fing, buk ich es zu Lebkuchen, um es besser hier behalten zu können. Ich habe vielleicht nicht meine Adelaide oder meinen Karl, aber ich habe Maggie und Henry, Oliver und Em um das Haus herum. Sie sind für immer mein.«
    Ich fröstelte. Die Luft war plötzlich frisch geworden. Mir fiel wieder ein, dass der Pfarrer gesagt hatte, bei kälterem Wetter ließe die Pest nach. Zu spät für uns.
    »Aber sie sind tot«, sagte ich.
    »Nicht tot. Erstarrt. Sicher. Sicher vor der Welt, meine Lieblinge.«
    Sie lächelte und ich wusste, dass ich nicht widersprechen durfte, dass ich – wie Mutter immer sagte – den Älteren keine Widerworte geben durfte. Ein guter Rat, wie Mütter ihn oft geben. Es würde nichts nutzen, der Hexe zu sagen, dass mir ihre Taten zuwider waren. Ich musste so tun, als würde ich ihr zustimmen.
    Deshalb klatschte ich in die Hände und lächelte wie eines dieser charakterlosen Mädchen, die ich so hasste. »Ich nehme an, wenn Ihr Urlaub macht, nehmt Ihr sie als Begleitung mit.«
    »Ja. Auch wenn ich nicht oft weg war. Ich bin eine alte Frau, sowohl im Geist als auch was meinen Körper angeht. Ich ziehe es vor, hier zu bleiben, bei meinen Kindern.«
    Sie schaute zum Fenster, zu ihren Lebkuchenkindern.Eines davon konnte ich sehen, einen Jungen, der kleiner war als Charlie. Sein Haar klebte ihm am Kopf und ich dachte daran, wie er sich gewehrt haben musste, als er in den Ofen gesteckt wurde. Doch jetzt wirkte sein Gesicht friedlich, als würde er sein Schicksal annehmen. Seine Zuckergusslippen waren sogar zu einem Lächeln nach oben gezogen.
    »Sie scheinen so glücklich zu sein«, sagte ich.
    »Oh, das sind sie. Auf diese Weise können auch sie ewig leben.«
    Ich versuchte es noch einmal. »Wirst du mir beibringen, wie man das macht?«
    Die Augenbrauen der Hexe zogen sich zusammen. »Warum möchtest du das, meine Liebe?«
    Ich streckte die Hand aus und berührte sie an der Schulter. »Weil ich mich Euch sehr nah fühle, M-mutter, seit Ihr mich aufgenommen habt. Wie alle Töchter, will ich genau wie Ihr werden. Aber vielleicht …« Ich wich zurück. »Ich nehme mir zu viel heraus. Vielleicht empfindet Ihr mir gegenüber nicht dasselbe. Vergebt mir.«
    Die Hexe nahm mein Handgelenk zwischen ihre Finger. »Nein, nein, ich liebe dich wie mein eigenes Kind und würde

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