Magie der Liebe
Theo aufstöhnte und Sam sie in die Seite knuffte.
»Guten Morgen, Mylord!« grüßte Lily fröhlich. »Wie ich sehe, wollen Sie ebenfalls ausgehen. Ich möchte mit den Kindern einige Kleinigkeiten besorgen.«
Beim Klang von Laura Beths Stimme war Knight herumgefahren. Hübsch soll ich sein, dachte er und mußte grinsen, obwohl ihn tiefer Schrecken erfaßt hatte, als er eine Frau und drei Kinder in
seiner
eigenen Halle erblickt hatte. Theo wirkte ein wenig unsicher, doch Sam machte den Eindruck, als gehörte ihm die Welt. Alle waren warm verpackt. Lily trug einen blaßblauen Samtmantel, der mit kostbarem Hermelin eingefaßt war, und einen passenden Muff aus dem gleichen Pelz. Sie sah aus wie eine Königin, obwohl die beiden Kleidungsstücke nicht gerade neu waren. Wann hatte Tris ihr diese Sachen wohl gekauft?
Schließlich riß er sich zusammen und grüßte lächelnd zurück. »Guten Morgen! Kann ich Sie irgendwo absetzen, Lily?«
»Oh, nein. Danke, aber ich möchte nicht lästig fallen«, erwiderte sie rasch. »Ich habe bereits mit Duckett gesprochen, und er hat uns empfohlen, wohin wir gehen sollen.«
»Und das wäre?«
»Zum Pantheon Bazar.«
Insgeheim zuckte Knight zusammen, denn er traute Ugly Arnold nicht über den Weg. Vielleicht überwachte er das Haus in der Hoffnung, irgendwann Lily und die Kinder allein zu erwischen? Ob er ihre Entführung plante? Knight fluchte leise vor sich hin, doch dann hob er den Kopf und lächelte. Er würde seinen Butler zu Raymond schicken und das Treffen des Four Horse Clubs absagen. »Ich würde Sie sehr gern begleiten«, erklärte er tapfer. »Schließlich müssen wir einander auch ein wenig kennenlernen.«
»Aber Sie haben doch bestimmt andere Pläne, Sir.«
»Unwichtig«, versuchte er zu beschwichtigen, und Lily fügte sich, obwohl sie wußte, daß er gelogen hatte. »Ich stehe ganz zu Ihrer Verfügung!« Dann wandte er sich an die Kinder. »Den ›Sir‹ lassen wir jetzt aber endgültig weg! Schließlich sind wir verwandt. Für euch bin ich Vetter Knight!«
Zwei Stunden später war Knight am Rand seiner Kräfte. Der lebhafte Sam hatte in jedem Laden und an jedem Stand irgendetwas außergewöhnlich Interessantes entdeckt und entsprechend gejubelt. Theo hatte zwar versucht, seinen Bruder zu mäßigen, doch höchstens das Gegenteil erreicht, und wenn Laura Beth nicht am Daumen lutschte, quengelte sie in einem fort.
Der Pantheon Bazar war mit Käufern überfüllt. Knight erinnerte sich, daß er in Theos Alter häufig dort gewesen war, doch seitdem hatte er keine Sehnsucht mehr nach diesem überlaufenen Ort verspürt. Während Theo hingebungsvoll jeden Bücherstand bewunderte, ohne sich um Sams verachtungsvolle Bemerkungen zu kümmern, beobachtete Lily, wie Knight zusehends müder wurde. Sie konnte ihm keinen Vorwurf machen, denn schließlich war er nicht an den Umgang mit Kindern gewöhnt.
Als sie gerade ankündigen wollte, daß sie nur noch ein Geschenk für Laura Beth aussuchen müßten und dann gehen könnten, riß sich die Kleine den Daumen aus dem Mund und zappelte aufgeregt mit ihrer Puppe durch die Luft.
»Dort ist er!« rief sie, so laut sie konnte. »Dort ist er Ugly Arnold!«
Lily erstarrte. Als Knights Blick dem ausgestreckten Ärmchen folgte, entdeckte er tatsächlich Ugly Arnold, der mit einem zwielichtigen Gesellen hinter einem Stand mit bunten Bändern in Deckung gegangen war.
»O nein!« stöhnte Lily und zog Laura Beth an sich. »Sam! Theo! Kommt beide her!«
Theo gehorchte auf der Stelle, doch Sam war so sehr in den Anblick eines Spielzeugs vertieft, daß er sie nicht hörte.
»Sam!« rief Knight in seinem schärfsten Ton. »Wirst du wohl gehorchen!«
Sam schrak hoch und flitzte zu ihnen herüber. »Was ist los?« fragte er atemlos.
»Wir haben Gesellschaft bekommen«, verkündete Knight. »Ihr haltet euch bei eurer Mutter, verstanden?«
»Ugly Arnold ist scheußlich«, bemerkte Laura Beth.
»Ja, mein Liebes, das stimmt«, bekräftigte Lily. »Aber habe Vertrauen! Euer Vetter Knight wird schon mit ihm fertigwerden!«
Werde ich das? fragte sich Knight und wunderte sich über Lilys bedingungslose Zuversicht. »Los«, forderte er alle auf, »wir wollen Ugly Arnold begrüßen!«
Lily sah ihn skeptisch an, doch sie akzeptierte seine Entscheidung.
Als Arnold sie auf sich zukommen sah, geriet er in Panik. Darauf war er nicht gefaßt gewesen, genausowenig, wie er angenommen hatte, daß dieser dämliche Viscount sie und die Kinder begleitete.
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