Magie der Liebe
und um sie nicht aufmerksam zu machen, nickte Lily nur stumm mit dem Kopf. Als Knight kurz darauf in brütendem Schweigen versank, wußte sie genau, daß seine Gedanken bei Monk und Boy waren.
Gegen Ende der Mahlzeit sagte Knight plötzlich: »Lily, komm bitte in zehn Minuten ins Wohnzimmer. Ich habe etwas für dich.«
»Was denn?« erkundigte sich Laura Beth auf der Stelle.
»Das geht dich nichts an, Flöhchen«, entgegnete Knight. »Iß lieber fertig!«
»Wie bitte?«
»Du sollst den Mund halten. Sonst mußt du wieder ins Kinderzimmer!«
»Kein schlechter Vorschlag, Theo!« bemerkte Knight. »Dort oben ist es scheußlich kalt, Flöhchen, und möglicherweise wird sich Czarina Catherine die Zehen abfrieren!«
Doch Laura Beth lachte nur.
Genau zehn Minuten später schloß Lily die Tür des Wohnzimmers hinter sich. »Hier bin ich.«
Wortlos holte Knight eine große flache Schachtel hinter seinem Rücken hervor, was Lily äußerst mißtrauisch verfolgte. »Was ist das?«
»Mach die Schachtel doch einfach auf und sieh nach!«
Zögernd ging Lily auf ihn zu.
»Wenn es dir gefällt, bekomme ich ja vielleicht sogar einen Kuß.«
»Meinen Sie?« fragte Lily skeptisch. Dann trug sie die Schachtel zu einem kleinen Tischchen hinüber. Nachdem sie den Deckel abgenommen und das silberfarbene Seidenpapier beiseitegeschoben hatte, schnappte sie nach Luft. »Knight!«
Er sagte kein Wort, sondern beobachtete nur, wie sie das zauberhafte, weiße Seidenkleid aus der Schachtel nahm. Der runde Halsausschnitt war mit kostbaren Spitzen aus Valenciennes eingefaßt und ebenso die langen, schmalen Ärmel und der Saum. Es war wie für Lily gemacht!
»Dein Hochzeitskleid«, bemerkte Knight nach einer langen Pause.
Lily war wie vor den Kopf geschlagen. »Es ist unglaublich schön, aber...«
»Kein Aber bitte! Nach meinem Besuch bei Bischof Morley habe ich es besorgt. Die Assistentin der Schneiderin hat in etwa deine Figur und mußte es anprobieren.« Er unterbrach sich, als er sah, daß Lily den Kopf gesenkt hatte.
»Lily?«
Sie schüttelte nur den Kopf und wandte sich ab. Knight runzelte die Stirn. »Gefällt es dir nicht?«
»Aber natürlich gefällt es mir!
»Ich habe schon gedacht, du hättest geweint. Ich weiß, daß es eigentlich nicht üblich ist, daß der Bräutigam seine Braut vor der Hochzeit in ihrem Kleid sieht, aber...«
»Nein.« Lily wandte sich ihm zu, doch zu seiner größten Überraschung wirkte sie sehr gefaßt. »Ich danke Ihnen, Knight.«
Eindringlich sah er sie an. »Auch wenn du es vielleicht nicht wahrhaben willst, Lily, aber morgen um diese Zeit wirst du meine Frau sein und wir alle werden eine Familie sein! Diese Vorstellung ist doch gar nicht so schrecklich, oder?«
Lily schüttelte den Kopf. »Den Schmuck konnten wir ja leider nicht finden.«
Am liebsten hätte er ihr den Hals umgedreht. »Aha!« bemerkte er statt dessen mit beißendem Sarkasmus. »Wenn wir die Dinger gefunden hätten, wärst du also heute beim ersten Morgengrauen aus diesem - diesem Gefängnis ausgebrochen, wie du damals aus Damson Farm verschwunden bist?«
»Genau«, antwortete Lily wahrheitsgemäß, worauf Knight impulsiv einen Schritt auf sie zutrat. Der Wunsch, sie zu erwürgen, wurde immer heftiger.
Ängstlich drückte Lily das Kleid an sich und wich eingeschüchtert zurück. »Eine Vernunftehe wäre mir am liebsten.«
Wie vom Blitz getroffen, verharrte Knight. »Wie bitte?«
»Ja, eine richtige Vernunftehe. Wenigstens für drei Tage!«
»Und nach drei Tagen wirst du dann entscheiden, ob du das Bett mit mir teilen willst?«
»Bitte, Knight, nur diese drei Tage! Es ist doch wirklich keine lange Zeit!«
»Jetzt dämmert es mir langsam! Du hoffst immer noch darauf, den Schmuck zu finden!« Wütend entriß er ihr das Kleid, knüllte es zusammen und warf es wie einen Ball in die Luft. »Ich werde dir drei, nein, dreißig Jahre bewilligen! Es ist mir völlig gleichgültig! Ich gebe dir auch noch obendrein fünfzigtausend Pfund, wenn du nur verschwindest! Aber meine Kinder bekommst du nicht! Hast du begriffen?« Wütend packte er Lily an den Armen und schüttelte sie heftig. »Meine Kinder wirst du nicht mitnehmen! Das erlaube ich nicht.«
Lily verzichtete auf jede Gegenwehr, sondern hörte ihm nur mit großer Aufmerksamkeit zu. »Aber Sie kennen die Kinder doch erst seit einigen Wochen! In der kurzen Zeit können sie Ihnen doch unmöglich so sehr ans Herz gewachsen sein!«
Mittlerweile war Knight völlig außer sich.
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