Magie der Schatten 1 - Barshim und Cashi
Barshims Augen aufleuchten.
»Das ist nicht…«, versuchte es Ilias.
»Fallen lassen!«, wiederholte sie ruhig und mit einem unverkennbaren Lächeln auf ihren Lippen.
Mariella wusste, dass Cashimaé ihrem Freund niemals schaden würde. So wie die letzten Tage konnte es wirklich nicht weiter gehen, dachte sie, und ließ seinen linken Arm los.
»Mariella, bist du verrückt?«, rief Ilias. »Du könntest ihn in diesem Zustand als Nadelkissen missbrauchen und er würde es nicht bemerken.«
»Eben drum«, sprach sie. »Ich vertraue Cashimaé.«
Nach kurzer Zwiesprache mit sich selbst ließ Ilias endlich los. Barshim blieb schwankend auf den Füßen stehen. Man konnte beobachten wie seine Augen die Tiefe unter sich zur Kenntnis nahmen, er den Kopf etwas zur Seite drehte und Cashimaé anstarrte. Der Ausdruck hatte etwas von einem Betrunkenen, der gerade noch Herr seiner Sinne war, dass er zwar sehr langsam reagierte, aber immerhin noch verstand, was gerade um ihn geschah. Unglaube war es, den Cashimaé in seinen Augen las, als sie seine Hand ergriff. Tonlos formten seine Lippen die Worte:
- Das tust du nicht -
Sie beugte sich vor, küsste ihn zärtlich auf den Mund, festigte den Griff um seine Hand und … sprang.
Das Wasser schlug über ihren Köpfen zusammen. Die Luftblasen wirbelten um die Körper und zogen zur Oberfläche hinauf. Es sprudelte und rauschte in Cashimaés Ohren. Doch sie klammerte sich an Barshim und ließ sich in die Tiefe ziehen. Das Licht der Sonne tauchte die Welt in Unwirklichkeit.
Cashimaé spürte Druck auf ihren Ohren und Lungen, aber das war nebensächlich. Sie umfasste Barshims Hände fester und suchte die Strömungen. Egal zu welchem Preis. Der Mensch war zu schwach für die Energien der Magie. Es konnte sie zwar innerlich verbrennen, aber das war jetzt nicht relevant für Cashimaé. Grenzen waren da, um sie neu zu beschreiben. Wenn man keinen Mut hatte, auch kraftlos in diese Welt zu gehen, würde man nie die Kraft aufbringen, auch Wunder geschehen zu lassen.
- Lass es mich noch einmal schaffen -
Ihre Sinne griffen in diese kühle Weite.
- Spüre die Wellen -
Barshim versuchte, sich loszureißen, doch sie hielt ihn mit eisernem Griff.
- Du kannst nicht Zuflucht in einem Ort suchen, der nicht existiert -
Trotz des trüben Lichtes bemerkte sie, dass er sie ansah. Verzweifelt. Cashimaé sammelte weiter seine Strömungen, verband sich mit dem Element des Wassers und holte die Stimmen zurück. Eine leichte Benommenheit überkam sie. Ihre Lungen besaßen kaum noch Sauerstoff. Endlich spürte sie die Energie und Macht des Urelements. Es war so schwer und es zerriss Cashimaé fast, doch sie schaffte es, ihm ein Lächeln zu schenken in dieser Welt, abseits jeder Realität.
- Finde zurück –
Mit einem Schlag übertrug sie ihre Energie, riss den Kopf zurück und schrie den eigenen Schmerz in das trübe Licht des Wassers hinaus. Bilder jagten durch ihren Kopf. Das laufende Kind auf der Anhöhe. Eine Träne, die die Wange hinunterlief und wie ein Diamant zu Boden fiel. In ihm spiegelte sich die Hand, die sie geschlagen hatte, ehe der Stein am Boden auseinanderbrach. Wie ihr Geist. Gedankensplitter, die funkelnd zu allen Seiten davon stoben. Cashimaé ließ ihn los und begann mit letzter Kraft, an die Oberfläche zurückzukehren. Ihr Kopf durchbrach das Wasser. Das Sonnenlicht traf ihre Haut. Sie hatte Mühe, das Ufer zu erreichen. Dort zog sie sich an Land und ließ sich auf den Rücken fallen.
Jetzt musste Barshim allein bestehen. Sie hoffte, ihm die Kraft dafür gegeben zu haben und ihr Gefühl sagte ihr, dass er spürte, dass sie ihn nicht verlassen hatte.
Mariella und Ilias kletterten die Böschung hinunter und rannten zu ihr. Ilias suchte die Wasseroberfläche ab. »Wo ist er?« Panik klang aus seinen Worten. Er war drauf und dran, ins Wasser zu springen, doch Cashimaé hielt ihn an der Hand zurück. Sie holte tief Luft. »Nein, Ilias. Sicher weiß er deine Freundschaft zu schätzen, doch dies muss er alleine bewältigen.« In ihrer Stimme schwang ein sorgenvoller Unterton mit. Auch sie suchte die Oberfläche ab, während sie sich mit dem Arm auf dem Boden abstützte. Sie hoffte, ihn zu sehen.
Die Sekunden zogen sich wie Minuten. Und gerade als Cashimaé glaubte, zu weit gegangen zu sein, konnte sie das Vibrieren des Erdbodens fühlen. Vögel erhoben sich laut krakeelend um sie herum in die Luft und dann schoss sein Kopf aus dem Wasser. Barshim ruderte mit den Armen, versuchte oben
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