Magie der Schatten 1 - Barshim und Cashi
Pfeife von links nach rechts, als wollte er eine Fliege verscheuchen.
Barshim griff nach dem Glas und nahm einen Schluck. Der Wein war so anders wie das, was er bisher probiert hatte. Ein schwerer süßer Geschmack, der seine Kehle wie Nebel hinunter rann und sich in seinem Bauch als Wärme ausbreitete. »Wow, das ist gut«, entfuhr es ihm.
»Ich weiß.« Savinama lehnte sich wieder zurück. »Es hat seine Vorzüge, Kreisführer zu sein, aber das ist sicher nicht der Grund, warum du hier bist.« Die Worte klangen so vertraut und freundlich. Einige Sekunden herrschte Stille im Raum und nur das Knistern des Feuers war zu hören, während sein Licht den Raum berührte. Barshim hob den Kopf und was er dann sah, verschlug ihm die Sprache. Er setze das Glas an und trank den Wein mit einem Zug leer, ehe er sich erhob. »Meine Güte, Liyfaniell?« Seine Augen waren auf einen Stab gerichtet, der über dem Sims an der Wand hing. Er war weiß, mit einem goldfarbenem Band umflochten, das den Eindruck einer Schlange machte.
An dessen Kopf befand sich etwas, das er mit Worten hätte nicht beschreiben können. Eine Art Licht glomm dort. Darin bewegten sich schleierartige Nebel.
»Darf ich?« Barshim streckte die Hand aus. Savinama leerte sein Glas ebenfalls, erhob sich, zog den Mantel wieder über die Schultern und schritt zu seinem Schreibtisch. »Naé, mein Freund. Der Stab ist, wo er ist und wird dort bleiben.«
Der junge Mann starrte den magischen Stab weiterhin an. Seine Finger zuckten, als hätten sie ein eigenes Leben. In den Büchern wurde von dem Stab erzählt, dass er so alt wie das Universum sei, niemand seine wirkliche Macht kannte und es auch kaum jemanden gab, der genügend Kraft besaß, um ihn zu aktivieren. Eine Aura umgab ihn, die Barshim Verzückung verspüren ließ. So fiel es ihm besonders schwer, den Arm sinken zu lassen.
»Macht ist nicht alles, Barshim. Macht bedeutet Verantwortung«, erklangen die Worte des Kreisführers, als habe er Barshims Gedanken lesen können, während er sich hinter der großen Platte nieder ließ. Der junge Mann wandte sich um und seine Augen leuchteten. »Aber Wissen! Könnte der Stab nicht alle Geheimnisse offen legen? All das Schweigen, die Rätsel, die wir nicht einmal im Ansatz begreifen?« Barshims Stimme klang voller jugendlichem Übermut.
Savinama faltete die Hände auf dem Tisch und musterte ihn. Doch der Magier fand keinen Spott in diesen bernsteinfarbenen Augen, auch keine Herablassung, die ihn in seinem bisherigen Leben schon so oft verfolgt hatte. Es lag etwas Nachdenkliches und Verständnisvolles darin. »Aber was wäre, wenn es keine Geheimnisse mehr gäbe? Was, wenn du alles wüsstest und das Leben nichts Neues mehr für dich bereit hielte? Würdest du diesem Dasein nicht überdrüssig werden?« Barshim wollte immens widersprechen, aber etwas hielt ihn zurück und so klang seine Antwort wie eine Frage. »Glaubt ihr nicht, dass es danach noch mehr gibt?«
Savinama schloss leise ein Buch zu seiner linken Seite und legte es auf einen anderen Stapel. »Wenn wir die Zeit schon darin betrügen, dass wir selber bestimmen, wann wir sterben, warum sollte sie noch etwas für uns bereithalten? Wäre das nicht sehr anmaßend?« Mit diesen Worten strich die Handfläche des Circanprefectes über das raue Holz der Tischplatte und kurz schien er mit seinen Gedanken weit fort, ehe er seine Aufmerksamkeit wieder auf Barshim richtete. »Wer rennen möchte, sollte erst lernen zu gehen. Wer in den Kreis möchte, sollte alle Bereiche kennen, denn mit jedem Weitergang übernimmt man eine hohe Verantwortung.« Er legte eine kleine Pause ein. »Du wirst verzeihen, es war ein langer Tag und ich muss noch etwas arbeiten, wir können diese Unterhaltung gerne an einem anderen Tag weiter führen.«
Barshim schien überrascht, doch ohne Widerwort drehte er sich zum Gehen um. Dieser Mann verursachte etwas in ihm. Das Raubtier, das sonst danach hungerte, alles zu erfahren, schnurrte wie ein Kätzchen in seiner Höhle. Seine Augen streiften erneut den Stab und plötzlich überkam Barshim ein unbehagliches Gefühl. Wie hatte er auch nur daran denken können, diesen Stab besitzen zu wollen?
»Aé, deshpari.« Damit schlich er hinaus.
»Deshpari, Barshim.«
Kapitel 15
Cashimaé lag auf ihrem Strohsack unter dem Dach und wurde durch das Poltern von schweren Schuhen aus den Gedanken gerissen. Schnell schob sie das Buch unter das Kissen und lief zur Treppe. »Wo bist du, du faules Stück, ich
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